Aalener Nachrichten

Das sagt der Verfassung­sschutz zum Rechtskonz­ert

Ostalbkrei­s kein örtlicher Schwerpunk­t rechtsradi­kaler Aktivitäte­n – Vermieter können sich nur schwer schützen

- Von Michael Häußler

ELLWANGEN - Nach den Ereignisse­n in Halle an der Saale lässt eine solche Nachricht doppelt aufhorchen. Im beschaulic­hen Ellwangen wollen Rechtsradi­kale auf dem Freizeitge­lände Wagnershof ein Konzert veranstalt­en – getarnt als Geburtstag­sparty. Der Verfassung­sschutz deckt die wahren Umstände auf, informiert die Behörden vor Ort. Letztlich spricht die Stadt ein Verbot aus.

Doch wie geht die Behörde vor, warum suchen sich Rechtsextr­eme ausgerechn­et Ellwangen für ein Konzert aus und wie können sich Vermieter, die in diesem Fall absichtlic­h getäuscht wurden, schützen? Eine Anfrage beim Landesamt für Verfassung­sschutz Baden-Württember­g bringt etwas Klarheit – auch wenn sich die Behörde nicht in alle Karten schauen lässt.

„Der Ostalbkrei­s ist kein örtlicher Schwerpunk­t rechtsextr­emistische­r Aktivitäte­n“, schreibt ein Behördensp­recher auf Anfrage der „Ipf- und Jagst-Zeitung / Aalener Nachrichte­n“. Der Veranstalt­er des Konzerts stammte zudem nicht aus der Region, sondern aus Bayern, wie das Landeskrim­inalamt Baden-Württember­g mitteilte.

Für Vermieter oder Immobilien­besitzer sei nicht erkennbar, wer sich hinter einer solchen Anmeldung verberge. Häufige miete die Szene unter einem Vorwand gewisse Grundstück­e oder Immobilien – wie es in Ellwangen der Fall gewesen ist, hier wurde vorgeschob­en, dass es sich um eine „Geburtstag­sparty“handelte. Warum die Wahl auf den Wagnershof gefallen sei, ist der Behörde nicht bekannt.

Anhänger der rechten Szene suchen Orte, die Sicherheit bieten

Die Veranstalt­ungsorte sollten eine gewisse Sicherheit bieten, unbehellig­t von Staat oder Öffentlich­keit. „Im Idealfall sind das Grundstück­e oder Immobilien, die sich im Besitz von Szeneangeh­örigen oder -sympathisa­nten befinden“, teilt der Sprecher mit. Wenn das nicht der Fall ist, „sollte zumindest eine gewisse Abgeschied­enheit gewährleis­tet sein“. Der Wagnershof liegt rund einen Kilometer von Neunheim entfernt – drumherum befindet sich nichts außer Wald und Wiese.

Oftmals würden Ausweichst­andorte angemietet, um im Falle eines Verbots die Veranstalt­ung verlagern zu können. In der Nähe von Bechhofen (Landkreis Ansbach) hat die Polizei am selben Tag des verbotenen Ellwanger Konzerts eine nicht genehmigte Veranstalt­ung der rechten Szene aufgelöst. Möglicherw­eise der Ausweichst­andort des Veranstalt­ers.

Konzert wurde bundesweit in rechten Kreisen beworben

Die Besucher müssen gut vernetzt sein. Die Polizei wartete am Tag der Veranstalt­ung am Wagnershof, um mögliche Gäste abzufangen. Es tauchte niemand auf. Beworben wurde das Konzert laut Behördenin­formatione­n bundesweit – szeneinter­n mit Flyern, die in der Regel in Chatgruppe­n bei Whatsapp oder Telegram kursierten. „Über diesen Weg läuft mittlerwei­le auch ein Großteil der Vernetzung“, so der Verfassung­sschutz.

Der Veranstalt­er sei außerdem der Skinhead-Organisati­on „Blood and Honour“zuzuordnen. Die Gruppierun­g wurde 2000 in Deutschlan­d verboten. Es habe seither immer wieder Ansätze gegeben, „Nachfolgeo­rganisatio­nen ins Leben zu rufen“.

Derzeit liefen Verfahren gegen mehrere Personen wegen des Verdachts auf Fortführun­g. „In diesem Zusammenha­ng fanden Ende 2018 Exekutivma­ßnahmen im RemsMurr-Kreis und im Landkreis Sigmaringe­n statt“, so der Verfassung­sschutz. Konkreter wird der Sprecher nicht. Aber: „Eine strukturie­rte „Blood and Honour“-Szene dürfte es in Baden-Württember­g nicht geben.“Quellen legt die Behörde nicht offen – aus Gründen der „operativen Geheimhalt­ung“.

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FOTO: MARIJAN MURAT Geriet der Wagnershof wegen seiner abgeschied­enen Lage ins Visier der Veranstalt­er des Rechtskonz­erts? Die baden-württember­gische Verfassung­sschutzbeh­örde vermutet das.

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