Das sagt der Verfassungsschutz zum Rechtskonzert
Ostalbkreis kein örtlicher Schwerpunkt rechtsradikaler Aktivitäten – Vermieter können sich nur schwer schützen
ELLWANGEN - Nach den Ereignissen in Halle an der Saale lässt eine solche Nachricht doppelt aufhorchen. Im beschaulichen Ellwangen wollen Rechtsradikale auf dem Freizeitgelände Wagnershof ein Konzert veranstalten – getarnt als Geburtstagsparty. Der Verfassungsschutz deckt die wahren Umstände auf, informiert die Behörden vor Ort. Letztlich spricht die Stadt ein Verbot aus.
Doch wie geht die Behörde vor, warum suchen sich Rechtsextreme ausgerechnet Ellwangen für ein Konzert aus und wie können sich Vermieter, die in diesem Fall absichtlich getäuscht wurden, schützen? Eine Anfrage beim Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg bringt etwas Klarheit – auch wenn sich die Behörde nicht in alle Karten schauen lässt.
„Der Ostalbkreis ist kein örtlicher Schwerpunkt rechtsextremistischer Aktivitäten“, schreibt ein Behördensprecher auf Anfrage der „Ipf- und Jagst-Zeitung / Aalener Nachrichten“. Der Veranstalter des Konzerts stammte zudem nicht aus der Region, sondern aus Bayern, wie das Landeskriminalamt Baden-Württemberg mitteilte.
Für Vermieter oder Immobilienbesitzer sei nicht erkennbar, wer sich hinter einer solchen Anmeldung verberge. Häufige miete die Szene unter einem Vorwand gewisse Grundstücke oder Immobilien – wie es in Ellwangen der Fall gewesen ist, hier wurde vorgeschoben, dass es sich um eine „Geburtstagsparty“handelte. Warum die Wahl auf den Wagnershof gefallen sei, ist der Behörde nicht bekannt.
Anhänger der rechten Szene suchen Orte, die Sicherheit bieten
Die Veranstaltungsorte sollten eine gewisse Sicherheit bieten, unbehelligt von Staat oder Öffentlichkeit. „Im Idealfall sind das Grundstücke oder Immobilien, die sich im Besitz von Szeneangehörigen oder -sympathisanten befinden“, teilt der Sprecher mit. Wenn das nicht der Fall ist, „sollte zumindest eine gewisse Abgeschiedenheit gewährleistet sein“. Der Wagnershof liegt rund einen Kilometer von Neunheim entfernt – drumherum befindet sich nichts außer Wald und Wiese.
Oftmals würden Ausweichstandorte angemietet, um im Falle eines Verbots die Veranstaltung verlagern zu können. In der Nähe von Bechhofen (Landkreis Ansbach) hat die Polizei am selben Tag des verbotenen Ellwanger Konzerts eine nicht genehmigte Veranstaltung der rechten Szene aufgelöst. Möglicherweise der Ausweichstandort des Veranstalters.
Konzert wurde bundesweit in rechten Kreisen beworben
Die Besucher müssen gut vernetzt sein. Die Polizei wartete am Tag der Veranstaltung am Wagnershof, um mögliche Gäste abzufangen. Es tauchte niemand auf. Beworben wurde das Konzert laut Behördeninformationen bundesweit – szeneintern mit Flyern, die in der Regel in Chatgruppen bei Whatsapp oder Telegram kursierten. „Über diesen Weg läuft mittlerweile auch ein Großteil der Vernetzung“, so der Verfassungsschutz.
Der Veranstalter sei außerdem der Skinhead-Organisation „Blood and Honour“zuzuordnen. Die Gruppierung wurde 2000 in Deutschland verboten. Es habe seither immer wieder Ansätze gegeben, „Nachfolgeorganisationen ins Leben zu rufen“.
Derzeit liefen Verfahren gegen mehrere Personen wegen des Verdachts auf Fortführung. „In diesem Zusammenhang fanden Ende 2018 Exekutivmaßnahmen im RemsMurr-Kreis und im Landkreis Sigmaringen statt“, so der Verfassungsschutz. Konkreter wird der Sprecher nicht. Aber: „Eine strukturierte „Blood and Honour“-Szene dürfte es in Baden-Württemberg nicht geben.“Quellen legt die Behörde nicht offen – aus Gründen der „operativen Geheimhaltung“.