Aalener Nachrichten

40? – „Das ist nicht mein Thema“

Kimi Räikkönen, in der Formel 1 längst Kult (und immer noch recht schnell), feiert runden Geburtstag

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BAAR (SID/dpa/sz) - Der Dauerbrenn­er der Formel 1 ist in die Jahre gekommen, das merkt Kimi Räikkönen vor allem abseits der Rennstreck­en. „Mittlerwei­le dauert es schon lange, bis ich mich vom Feiern erholt habe“, sagte der Finne nach seinem bislang letzten Grand-Prix-Sieg im Oktober 2018. Die Zeit geht auch am „Iceman“nicht spurlos vorbei, diesen Donnerstag feiert der Senior der Motorsport­Königsklas­se seinen 40. Geburtstag.

Auch wenn er das Lenkrad immer noch fest in Händen hält, kann der Weltmeiste­r von 2007 schon jetzt auf ein bewegtes Leben zurückblic­ken. Die schillernd­ste Episode wird in seiner Biografie „Der unbekannte Kimi Räikkönen“auf neun Seiten ausgebreit­et. „16 Tage“heißt das Kapitel; es handelt von einem ziemlich heftigen Alkoholmar­athon. In den Hauptrolle­n unter anderem: der Privatjet eines Scheichs, Diego Maradona, ein im Suff gestauchte­r Knöchel und ein abgesagter Lotus-Test. An einem Montag hört Räikkönen auf zu trinken, am folgenden Sonntag wird er Dritter beim Großen Preis von Spanien.

Es war einer von 103 Podiumsplä­tzen in bislang 309 Rennen – was eine überaus ordentlich­e Quote ist. Keine schlechte Ausbeute sind auch Kimi Räikkönens 21 Grand-Prix-Siege oder die stolze Zahl von 46 schnellste­n Rennrunden. Eine Marke, die allein von Rekordwelt­meister Michael Schumacher übertroffe­n wird. Den Kerpener beerbte Räikkönen 2007 bei Ferrari – er wurde gleich im ersten Jahr bei den Roten Weltmeiste­r. Seither wartet die Scuderia auf den nächsten Fahrertite­l.

Doch Kimi Räikkönens Karriere muss letztlich zweigeteil­t betrachtet werden. 2001 holte Peter Sauber das Milchgesic­ht aus dem finnischen Espoo in seinen Formel-1-Rennstall, der Schweizer hatte den 21-jährigen Räikkönen als „Weltmeiste­r von morgen“gesehen. Denn: „Kimi bleibt sogar noch auf dem Gas, wenn das Heck seines Wagens ausbricht. Das ist sehr, sehr außergewöh­nlich.“McLaren kaufte den wortkargen Schnellen nur ein Jahr später aus seinem Vertrag heraus, 2003 und 2005 verpasste Räikkönen bei den Briten den Titel knapp, zwei Jahre später dann die Krönung bei Ferrari – in deren Folge der pfeilschne­lle Finne allerdings spürbar an Motivation einbüßte.

Ende 2009 kehrte er Ferrari ein Jahr vor Vertragsen­de zum ersten Mal den Rücken und ließ sich seinen vorzeitige­n Abgang fürstlich dotieren. Nach zwei Jahren in der Rallye-Weltmeiste­rschaft und der Nascar-Serie kehrte Kimi Räikkönen zurück in die Formel 1. Nicht mehr als der Beste, aber er war immer noch gut genug, um für Lotus zu siegen und für Ferrari in seinem zweiten Engagement bis Ende 2018 vordere Plätze zu holen.

In dieser Phase seiner Karriere wurde der Sohn eines Dampfwalze­nfahrers und einer Pensionska­ssenangest­ellten auch endgültig zur Kultfigur. Sparsame Mimik und pointierte, meist trotzig vorgetrage­ne Aussagen wurden zu seinem Markenzeic­hen. Seine beständig wachsende Fangemeind­e johlt, wenn ihr Liebling seine Standard-Antworten à la „It’s not my Business“(„Das ist nicht mein Thema“) abspult oder mal wieder auf die Entwicklun­g des Sports schimpft. Politik und Intrigen sind dem Mann aus Espoo genauso verhasst wie Simulatorf­ahrten, das Herumreise­n und PRTermine.

Und so ist es Kimi Räikkönen nach eigener Aussage auch reichlich egal, dass er bei Erfüllen seines bis 2020 laufenden Vertrags bei Alfa Romeo der Fahrer mit den meisten Grand-Prix-Starts wäre. 14 Rennen fehlen ihm noch zu den 323 des Brasiliane­rs Rubens Barrichell­o, im Idealfall wird er diese Marke im kommenden Juli beim Großen Preis von Österreich übertreffe­n. Dies sei für ihn „kein Ziel“, sagte er im Frühjahr anlässlich

„Ich bin nicht hier, um zu lächeln, ich bin hier, um Rennen zu gewinnen.“Kimi Räikkönen in jungen Jahren „Das Fahren ist das Einzige, was ich in der Formel 1 liebe.“Kimi Räikkönen in mittleren Jahren

seines 300. Grand Prix. Und doch wird er es wohl erreichen.

Danach aber? In der Schweiz, in Baar am Zugersee, hat Kimi Räikkönen mittlerwei­le die Heimat für sich, Frau Minttu sowie die Kinder Robin und Rianna gefunden. „Ich kann mir nicht mehr vorstellen, ständig in Finnland zu leben. Wenn ich in der Formel 1 aufhöre, werde ich mit der Familie in der Schweiz bleiben“, sagte er der „Neuen Zürcher Zeitung“. Baar sei sein Zuhause, „hier fühle ich mich wohl. In Finnland dagegen bin ich nur zwei-, dreimal pro Jahr.“

Noch etwas gab Kimi Räikkönen, 40 jetzt, unlängst von sich preis: „Das Fahren von Rennen beanspruch­t zwar am meisten Zeit in meinem Leben, aber es ist nicht das Wichtigste – und das war es noch nie. Das alltäglich­e Leben ist mir viel mehr wert, jenseits von Siegen oder siebten Plätzen.“

Ad multos annos, Iceman.

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FOTO: DPA Ein Blick sagt mehr als tausend Worte: Kimi Räikkönen, Schweiger mitunter mit trockenem Humor – und ziemlich guter Formel-1-Fahrer. Auch noch mit 40.

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