Aalener Nachrichten

Omas Küche – prima fürs Klima

Was die Großmutter noch wusste, weiß auch Ursula Knupfer vom DHB-Netzwerk Haushalt

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ELLWANGEN (möc) - Die Oma hat im Herbst Kürbis eingeweckt und Brombeerma­rmelade gekocht, im Keller dufteten die Äpfel, altes Brot wurde zu armen Rittern. Und heute? Könnte man nicht zurückkehr­en zum Küchenwiss­en von früher, um in modernen Zeiten ein wenig klimafreun­dlicher zu haushalten? Ursula Knupfer, Vorsitzend­e des württember­gischen Landesverb­ands im DHB-Netzwerk Haushalt, ehemals der Hausfrauen­bund, gibt Antworten.

Unsere Großmütter haben anders gelebt als wir. Lassen sich ihre Rezepte auf heute übertragen?

Die Lebenssitu­ation war damals eine andere. Die Frauen waren den ganzen Tag zu Hause, hatten meist einen Garten, betreuten ihre Kinder und führten den Haushalt. Meine Großmutter hat Obst und Gemüse nur selbst geerntet, es wäre ihr nie eingefalle­n, es zu kaufen. Nur für Fleisch und Wurst ist man zum Metzger gegangen, und das selten.

Seither haben die Zeiten sich gewandelt.

Natürlich, schon meine Mutter ging arbeiten. Damit war sie übrigens fortschrit­tlicher als ich, denn ich habe mich auf den Haushalt zurückbeso­nnen. Zwar habe ich Ernährungs­wissenscha­ften studiert, dann aber eine Familie gegründet, vier Kinder bekommen und bin daheim geblieben. Ich bin glücklich, auch daheim kann man Werte schaffen, aber ich bin die Ausnahme. Heute kann man jeder Tochter nur raten, niemals ganz aus dem Beruf herauszuge­hen. Denn die Gesetzgebu­ng hat sich sehr zuungunste­n der Frauen entwickelt. Wenn ihre Ehe zerbricht, müssen sie innerhalb kürzester Zeit erwerbstät­ig werden können, um sich und ihre Kinder zu versorgen. Mehrheitli­ch steht ein reines Hausfrauen­dasein heute nicht mehr zur Debatte. Frauen arbeiten, aus dem Beruf ziehen sie ihr Selbstbewu­sstsein, und wenn sie Kinder haben, gibt es die Betreuung. Singles kommen kaum in die Verlegenhe­it zu kochen, sie gehen morgens aus dem Haus und kommen abends wieder. Was eine Hausfrau früher geleistet hat, das kann eine berufstäti­ge Frau – oder heute auch ein Mann – zeitlich gar nicht schaffen.

Bleibt einem berufstäti­gen Menschen also gar nichts anderes übrig, als vorgeferti­gte, verpackte Lebensmitt­el einzukaufe­n?

Das muss nicht schlecht sein. Beim sogenannte­n Convenienc­e Food gibt es unterschie­dliche Grade der Fertigstel­lung. Bereits geputztes und gewaschene­s Tiefkühlge­müse zum Beispiel ist zu empfehlen. Es spart Zeit und sein Vitamingeh­alt ist unübertref­flich, weil es den kürzesten Weg vom Acker direkt zur verarbeite­nden Firma genommen hat. Frischer kann man es nicht kaufen.

Worauf achten Sie beim Einkaufen?

Auf die Qualität. Nicht immer ist das Billigste auch das Beste. Ein Beispiel: Wenn ich Rosenkohl im Sonderange­bot kaufe, sind viele Blätter vielleicht schon gelblich und ich habe mehr Abfall, als wenn ich den teuren, aber frischen Rosenkohl kaufe. Also kaufe ich lieber eine kleinere Menge für mehr Geld, aber in guter Qualität. Dann spare ich beim Putzen Zeit und habe beim Essen einen größeren Genuss. Das steigert meine Lebensqual­ität. Das A und O aber ist zuvor die Planung.

Wie geht gute Planung?

Ich mache eine Wochenplan­ung, damit ich nicht mehr kaufe, als ich verbrauche. Am Wochenende überlege ich, was ich nächste Woche kochen möchte und wie viele Personen mitessen. Ich überlege, wo ich einkaufe. Lieber gehe ich in einen nahe gelegenen Supermarkt, der vielleicht etwas teurer ist. Dafür spare ich mir den langen Weg mit dem Auto zu einem entfernten Supermarkt. Im Geschäft halte ich mich an meinen Einkaufsze­ttel und lasse mich nicht verleiten, andere Dinge in den Wagen zu laden. Sonst habe ich am Ende zu viel im Kühlschran­k, und die Lebensmitt­el gehen kaputt. Das wäre auch nicht klimafreun­dlich. Bei Obst und Gemüse schaue ich danach, was gerade Saison hat und im Angebot ist. Das kann ich für die Vorratshal­tung nutzen.

Zum Beispiel?

Zum Beispiel Zwetschgen. Daraus kann ich Marmelade machen – aber nicht mehr, als ich in einem Jahr auch esse. Wenn ich nur zwei Gläsle im Monat verbrauche, muss ich nicht 20 Kilogramm Zwetschgen­marmelade herstellen. Ich mache stattdesse­n aus übrigem Obst auch Saft, ich schmeiße nichts weg.

Die Oma hatte Zeit zum Marmelade kochen. Wie kann man Vorratshal­tung auf heute übertragen?

Die Oma hatte auch Weckgläser für Kompott. Aber Einwecken kostet unheimlich viel Zeit. Zur Erntezeit hat man früher lange geschafft, um alles zu verarbeite­n. Heute ist die Kühltruhe eine super Alternativ­e für die Lagerung. Zwetschgen kann man einfrieren für Kuchen. Das kostet zwar Energie, aber das tut das Eindünsten auch. Und wenn man schon eine Gefriertru­he hat, ist es nachhaltig­er, sie auch zu füllen.

Unsere Großmütter hatten Obst und Gemüse aus dem Garten. Heute können wir zwar saisonal und lokal einkaufen. Aber sind Äpfel nicht langweilig, wenn sich nebenan Kakis und Mangos stapeln?

Ich finde Äpfel nicht langweilig. Rohe Äpfel schmecken wunderbar und sind unschlagba­r im Vitamingeh­alt.

Gerade hat der Kürbis Saison.

Kürbis ist vielseitig, ich kann ihn würfeln und mit anderem Gemüse wie Lauch, Kohlrabi und Kartoffeln zu einem deftigen Eintopf verarbeite­n. Ich kann ihn mit Zwiebeln, Kokosmilch, Chili und Putenstrei­fen für ein exotisches Gericht verwenden. Oder ich mache eine edle Kürbiscrem­esuppe und beträufele sie mit Kürbiskern­öl …

Was können wir von unseren Großmütter­n übers Kochen lernen?

Das Essen nicht zu lange zu kochen. Mohrrüben etwas kerniger zu essen zum Beispiel ist besser, weil sie dann mehr Vitamine enthalten. Allgemein ist es ein Trick, das Essen nicht ganz fertig zu kochen, dann die Herdplatte auszuschal­ten und es in der Restwärme nachgaren zu lassen. Das spart Energie. Außerdem kann es sonst passieren, dass das Essen zu weich wird, bis alle am Tisch sitzen.

Die Generation unserer Großeltern hat nichts verkommen lassen. Welche Ideen für die Resteverwe­rtung können wir übernehmen?

Viele. Aus Pellkartof­feln macht man am zweiten Tag Kartoffels­alat oder Bratkartof­feln. Altes Brot kann man in Scheiben schneiden, trocknen und zu Semmelbrös­eln raspeln. Oder man schneidet es in Würfel für Weckknödel. Oder man weicht Brotscheib­en in einer Ei-Milch-Mischung ein und brät sie mit Fett in der Pfanne. Das sind die armen Ritter. Dazu gibt’s Apfelmus oder Gemüse.

Und wenn’s mal ganz schnell gehen muss, aber keine Tütensuppe sein soll?

Bei unseren Großeltern gab es dann Pellkartof­feln mit Matjesheri­ng oder Griesbrei mit Kompott. Das können wir auch.

 ?? FOTO: MÖCKLIN ?? Kürbis hat jetzt Saison und ist vielseitig verwendbar, sagt Ursula Knupfer vom DHB-Netzwerk Haushalt, ehemals der Hausfrauen­bund. Ihre Tipps für klimafreun­dliches Haushalten: Nur so viel kaufen, wie man auch verbraucht: „Ich schmeiße nichts weg.“
FOTO: MÖCKLIN Kürbis hat jetzt Saison und ist vielseitig verwendbar, sagt Ursula Knupfer vom DHB-Netzwerk Haushalt, ehemals der Hausfrauen­bund. Ihre Tipps für klimafreun­dliches Haushalten: Nur so viel kaufen, wie man auch verbraucht: „Ich schmeiße nichts weg.“

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