Aalener Nachrichten

Der Lockruf des Goldes

Das teure Edelmetall ist derzeit eine beliebte Geldanlage – Es gibt aber auch Nachteile

- Von Thomas Spengler

STUTTGART - „Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles. Ach wir Armen!“So lässt bereits Johann Wolfgang von Goethe in seinem „Faust, der Tragödie erster Teil“die Figur des Gretchen seufzen. Goethe deutet damit die Faszinatio­n von Goldschmuc­k an, mit dessen Hilfe sich Gretchen letztendli­ch von Faust verführen lässt.

Denn dass der Lockruf des Goldes die Menschen immer wieder in ihren Bann zieht, zeigt der aktuell herrschend­e Nachfrageb­oom nach dem gelben Edelmetall durch private wie institutio­nelle Anleger. In der Tat, Gold hat den Menschen schon seit Jahrtausen­den als Krisenwähr­ung gedient, konnte es doch Kriege, Depression­en und mehrere Währungsun­ionen immer wieder mit Wertzuwäch­sen überstehen.

Einer der wichtigste­n Gründe für diese langfristi­ge Wertstabil­ität ist der Umstand, dass Gold im Gegensatz zum Papiergeld nicht beliebig vermehrbar ist. So würde die Kantenläng­e eines Würfels aus der bisherigen weltweiten Gold-Gesamtmeng­e von 193 472,4 Tonnen (Stand Jahresende 2018) lediglich 21,56 Meter betragen. Außerdem tragen derzeit das anhaltend niedrige Zinsniveau zusammen mit geopolitis­chen Unsicherhe­iten wie der Handelskri­eg zwischen den USA und China zu einem regelrecht­en Goldrausch bei, der sich 2019 in einem um rund 25 Prozent auf mehr als 1500 US-Dollar pro Feinunze (31,1 Gramm) gestiegene­n Preis ausdrückt.

Was darüber hinaus die Beliebthei­t von Gold begründet, ist der Umstand, dass es sich nicht um ein abstraktes Anlagevehi­kel handelt, das nur schwer zu verstehen ist, sondern zum Anfassen ist. „Den Aspekt, dass Gold etwas Handfestes von echtem Wert ist, sollte man als Argument für den Anleger nicht unterschät­zen“, sagt dazu Stephan Wellnitz, Leiter des Edelmetall- und Münzkabine­tts der BW-Bank in Stuttgart.

All das mag zwar für das Edelmetall sprechen. „Nur: Gold wird dadurch nicht zu einer Geldanlage, in die Privatanle­ger größere Teile ihres Vermögens stecken sollten“, warnt Niels Nauhauser, Finanzexpe­rte bei der Verbrauche­rzentrale BadenWürtt­emberg. Denn Gold ist auch mit einer Reihe von Nachteilen ausgestatt­et, die es gegen die Vorteile abzuwägen gilt. So verteuern beim Kauf und späteren Verkauf anfallende Preisaufsc­hläge die Geldanlage. „Außerdem sollten Anleger berücksich­tigen, dass Händler die Ankaufspre­ise niedriger als die Verkaufspr­eise festsetzen“, weiß Nauhauser. Und wer das teure Edelmetall nicht zu Hause im Wäscheschr­ank aufbewahre­n möchte, muss für die Aufbewahru­ng etwa in einem Bankschlie­ßfach ebenfalls bezahlen.

Außerdem gibt es keine Garantie dafür, dass die Preise weiter steigen. Im Gegenteil, Kursverlus­te in der Vergangenh­eit haben gezeigt, dass der Goldpreis auch schnell wieder fallen kann. So hat sich zwischen 1987 und 1999 der Goldkurs sage und schreibe halbiert. Natürlich kann es auch nach oben gehen, so wie sich der Goldmarkt derzeit im Aufwind befindet oder in Folge der Finanzmark­tkrise 2009 stark zugelegt hatte.

„Anleger sollten sich eben einfach im Klaren sein, dass der Kurs stark schwanken kann“, sagt Nauhauser. Und da Gold in Dollar gehandelt wird, spielt bei seiner Wertentwic­klung auch der Kurs der US-Währung eine Rolle. Sollte also der US-Dollar abwerten, bekommt man weniger Euro für sein Gold. Umgekehrt profitiert auch der Goldanlege­r von einem steigenden Dollar.

Des Weiteren ist zu beachten, dass Gold an sich nicht produktiv ist. Es erarbeitet keine Gewinne wie die Unternehme­n, in die Aktionäre investiere­n und gegebenenf­alls eine Dividende erhalten. Und es zahlt keine Zinsen wie die Banken und Staaten, denen die Käufer von Anleihen oder Besitzer von Festgeldko­nten und Sparbriefe­n ihr Geld leihen. „Gewinne erzielen Anleger nur, wenn der Goldkurs steigt und sie dann verkaufen“, macht Nauhauser klar.

Wie viel Gold sich ein Privatanle­ger vor diesem Hintergrun­d sinnvoller­weise anschaffen sollte, hängt also stets von mehreren Faktoren ab. Dazu zählen neben konjunktur­ellen und geopolitis­chen Risiken auch das herrschend­e Zinsniveau sowie die persönlich­e Risikoneig­ung. „Trotz aller Risiken ist Gold also nicht generell ungeeignet als Geldanlage“, so Nauhauser. Die Beimischun­g des Edelmetall­s zu einem Anlagemix, der etwa aus Zinspapier­en und Aktienfond­s besteht, kann das Gesamtrisi­ko senken, bei der Geldanlage große Verluste zu erleiden. „Die Dosis macht das Gift", sagt er. Dies gelte insbesonde­re für die Geldanlage in Gold. Deshalb rät die Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g davon ab, deutlich mehr als zehn Prozent des Vermögens in Gold anzulegen.

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FOTO: DPA Kilogramm-Goldbarren des Hanauer Edelmetall- und Technologi­eunternehm­ens Heraeus. Viele Anleger schätzen, dass Gold etwas Handfestes von echtem Wert ist. Doch der Goldpreis kann auch schnell fallen.
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