Noch zu viele Höhen und Tiefen
Der VfB Friedrichshafen scheitert im Supercup am konstant hohen Level des Berliner Spiels
HANNOVER - Ein paar Minuten lang standen die Volleyballer des VfB Friedrichshafen regungslos da. Einige schauten den Berlinern beim Feiern zu, andere starrten einfach nur ins Leere. „Du bist so wunderbar, Berlin“, tönte es aus den Lautsprechern der TUI-Arena Hannover, und so richtig widersprechen konnten die Friedrichshafener dem, was da gesungen wurde, wahrscheinlich nicht. Zu eindeutig war diese Niederlage gewesen, zu dominant das Spiel der Berlin Recycling Volleys. Gerade einmal 73 Minuten hatten die gebraucht, um den VfB Friedrichshafen mit 3:0 (25:20, 25:18, 25:15) zu schlagen und den Supercup nach drei VfB-Siegen in Folge zum ersten Mal nach Berlin zu holen.
Besonders Markus Steuerwald, dem Libero des VfB Friedrichshafen, stand die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. „Berlin ist einfach ein Stück weiter als wir“, sagte er und seufzte. „Das haben wir schon vorher geahnt. Die halten ihr Level ein ganzes Spiel lang. Bei uns gibt es noch viel zu viele Höhen und Tiefen.“Mehr noch als über das Ergebnis ärgerte er sich aber über etwas anderes: „Was mich heute negativ überrascht hat, ist, dass bei uns der Kampf und die Emotionen gefehlt haben.“
Dabei hätte der VfB eigentlich befreit aufspielen können. Denn – anders als in der Vergangenheit – gingen die Friedrichshafener diesmal nicht als Favoriten ins Spiel. Nach RiesenUmbruch (acht Abgänge, acht Neuzugänge) und Mini-Vorbereitung (wegen der Europameisterschaft im Sommer) liegt der Fokus für den ebenfalls neu nach Friedrichshafen gekommenen Trainer Michael Warm derzeit darauf, das Team zusammenzubringen. „Letztes Jahr hatte Berlin einen großen Umbruch. Das war für Friedrichshafen ein Vorteil. Dieses Jahr ist es eben andersrum“, sagte er.
14:14 – doch dann kippt das Spiel
Dabei hatte es – wenn auch nur kurz – durchaus Hoffnung gegeben für den Rekordmeister vom Bodensee. Friedrichshafen startete ausgesprochen cool ins Spiel. Die Angriffe saßen, sogar die Aufschläge, die zuletzt in den Ligaspielen gegen Eltmann und vor allem in Bühl nicht immer ihr Ziel fanden, taten dies in der TUI-Arena Hannover plötzlich. Friedrichshafen ging so früh in Führung – und hielt Berlin auf Abstand. Erst als Berlins Samuel Tuia einen Angriff verwandelte und damit die Führung zum ersten Mal zu Berlin wechselte (15:14), kippte das Spiel. Und dabei sollte es dann auch bleiben.
Zwar gab es noch einige spektakuläre Ballwechsel auf dem LED-Glasboden, auf dem der Supercup zum ersten Mal ausgetragen wurde, die Video-Animationen für Asse und Blockpunkte galten jedoch meist den Berlinern. Der VfB hatte nichts entgegenzusetzen. Nicht einmal Diagonalangreifer und Kapitän Nikola Gjorgiev, der sich in den ersten beiden Ligaspielen des VfB Friedrichshafen als absoluter Führungsspieler präsentiert hatte, fand zurück ins Spiel. Stattdessen hagelte es Fehler, allein im Aufschlag waren es insgesamt 20 – zu viele, um mit einem Gegner wie Berlin wirklich mithalten zu können. „Das Duell Aufschlag-Annahme haben wir heute nicht gewonnen“, analysierte VfB-Trainer Michael Warm. „Die Mannschaft, die geführt hat, hat auch die besseren Aufschläge gemacht – und das war heute Berlin.“
Ziel: Berlin „hinten raus ärgern“
Etwas weniger nüchtern sah das Markus Steuerwald. Während der letzten Auszeit im dritten Satz war er es, der das Wort ergriff, um seiner Mannschaft noch einmal richtig Dampf zu machen. „Hinten raus hatte man das Gefühl, dass wir die Niederlage fast akzeptiert haben. Das darf nicht sein“, schimpfte er. „Natürlich, ist man enttäuscht, wenn man 0:2 hinten liegt, aber wir müssen trotzdem schauen, dass wir weiterarbeiten, dass wir weiter im Spiel bleiben und weiter versuchen ranzukommen.“
Doch auch Steuerwald weiß, dass nicht allein der fehlende Kampfgeist für die Niederlage verantwortlich war. „Berlin ist inzwischen immer Favorit“, sagte er deshalb. „Die haben einen Etat, der ist wahrscheinlich doppelt so hoch wie unserer. Und sie haben ihn in gute Spieler investiert. Wir geben unser Bestes, dass wir besser werden im Laufe der Saison. Dann können wir sie hinten raus vielleicht zumindest ein bisschen ärgern.“