Gewerkschaft macht der Stiftung Liebenau Druck
Verdi drängt kirchliches Sozialunternehmen zu Tarifgesprächen
WEINGARTEN - Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi will unbedingt einen Tarifvertrag mit der Stiftung Liebenau abschließen. „Wir lassen uns von diesem Weg nicht abbringen“, betonte am Dienstag die zum Verdi-Landesbezirk BadenWürttemberg gehörende Gewerkschaftssekretärin Yvonne Baumann bei einer Pressekonferenz in Weingarten.
Die katholische Stiftung Liebenau sitzt in Meckenbeuren (Bodenseekreis). Sie ist ein im sozialen Bereich tätiges Unternehmen mit mehr als 7500 Beschäftigten in sechs Ländern. Seit acht Jahren gibt es eine Auseinandersetzung mit der Tochter „Liebenau Leben im Alter“, kurz LiLA genannt. Es geht darum, unter welche tarifrechtlichen Regelungen die dortigen vor allem in der Pflege tätigen Beschäftigten fallen sollen. Nach Ansicht von Verdi gibt es bisher „erhebliche Lohndifferenzen“von LiLAMitarbeitern im Vergleich zu sonstigen Liebenau-Angestellten. Angehörige des Tochterunternehmens wären demnach schlechter gestellt.
Laut Verdi hat das Unternehmen im Frühjahr die Gewerkschaft zur Aufnahme von Tarifverhandlungen eingeladen. Am 19. Dezember will man sich laut Plan zusammensetzen. Indes scheint es aber bei der Liebenau eine neue Entwicklung gegeben zu haben. Dies liegt offenbar an der sogenannten Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas. Sie ist für das Gestalten des kirchlichen Arbeitsvertragsrechts zuständig. Diese Kommission will nun nach den vorliegenden Angaben in Gespräche mit der Liebenau eintreten. Der Auftakt dazu soll terminlich noch vor dem Treffen mit Verdi sein. Genannt wird der 5. Dezember.
Der Hintergrund des Kommissionsvorstoßes besteht darin, dass die katholische Kirche ihre eigenen arbeitsrechtlichen Regelungen besitzt. Bisher waren sie für LiLA jedoch nicht zur Anwendung gekommen. Der Rottenburger Bischof Gebhard Fürst hatte bis zum Jahresanfang eine Ausnahmeregelung gewährt. Für Verdi bedeutet die Kommission so etwas wie Konkurrenz. „Womöglich will man uns gegeneinander ausspielen“, mutmaßt Gewerkschaftssekretärin Baumann. Eventuell wolle die Diözese aber auch das gewerkschaftliche Eindringen in kirchliche Kreise verhindern. Ein Tarifvertrag von Liebenau und Verdi könnte in diesem Zusammenhang ein Präzidenzfall sein.
Jedenfalls gibt sich Baumann kämpferisch. Sie verweist in Weingarten darauf, dass Verdi im vergangenen halben Jahr rund 200 LiLA-Beschäftigte als Mitglieder erhalten habe. Die wären nach den vorliegenden Zahlen mehr als ein Viertel der dort Beschäftigten. Zudem hat die Gewerkschaft laut eigenen Angaben monatelang Gespräche mit LiLA-Beschäftigten geführt. Sie betrachtet dies als Mandat, energisch auf Verhandlungen zu drängen. Es solle nicht weitere Zeit bis zu einem möglichen Tarifabschluss vergehen, sagt Baumann.
Indes gibt sich die Stiftung Liebenau nach wie vor gesprächsbereit. In einer Pressemitteilung schreibt sie am Dienstag, das Unternehmen sei zum Dialog mit der kirchlichen Arbeitsrechlichen Kommission bereit, ebenso zu Verhandlungen mit Verdi. Welchen Weg man einschlage, könne aber erst entschieden werden, wenn sich die Kommission erklärt habe. Hierbei geht es um die Entscheidung, ob sie bereit ist, einen Dialogprozess zu begleiten. Offenbar wird ein Stufenplan zur Rückkehr ins kirchliche Arbeitsrecht angedacht. Dieses lehnt sich an tarifrechtliche Reglungen an.
Von der Stiftung Liebenau wird betont, entscheidend sei das Finden einer einvernehmlichen Lösung. Sie solle für die Arbeitnehmer- ebenso wie für die Arbeitgeberseite „gleichermaßen zufriedenstellend sein.