Aalener Nachrichten

Im Notfall bewähren sich frühzeitig­e Vollmachte­n

Mit einer Vorsorgevo­llmacht, Betreuungs­verfügung oder Patientenv­erfügung lassen sich Vertrauens­personen bestimmen

- Wolfgang Mulke Vorsorgema­ppe Musterform­ulare.

Der Gedanke an mögliche Unfälle oder plötzliche Erkrankung­en oder gar die Pflegebedü­rftigkeit ist unangenehm. Diese Möglichkei­ten ziehen die wenigsten Menschen in ihrer Planung in Betracht. Doch das kann sich als fatale Nachlässig­keit erweisen. Wenn wirklich etwas passiert, und jemand kann von einer Sekunde auf die andere nicht mehr selbst für sich entscheide­n, wird es rechtlich komplizier­t. Deshalb gibt es verschiede­ne Möglichkei­ten, sich rechtzeiti­g – auch in jüngeren Jahren – für diesen Fall zu wappnen.

Die Vorsorgevo­llmacht

Viele Menschen gehen davon aus, dass im Notfall die engsten Angehörige­n, die Ehefrau, der Ehemann oder die Kinder entscheide­n dürfen, wenn man selbst nicht mehr dazu in der Lage sein sollte. Doch das ist ein Irrtum. „Ehepartner und Kinder sind keine gesetzlich­en Vertreter“, warnt die Expertin des Verbrauche­rportals Finanztip, Britta Beate Schön. Die Angehörige­n können und werden von den Gerichten zwar in der Regel dazu befugt. Doch der Umweg über Behörden lässt sich mit einer Vorsorgevo­llmacht vermeiden.

Das Fachwort dafür ist die Bevollmäch­tigung. Nur Bevollmäch­tigte dürfen anstehende Angelegenh­eiten rechtsverb­indlich erledigen. Dazu gehören in erster Linie die gesundheit­lichen oder pflegerisc­hen sowie die vermögensr­echtlichen Belange des Gebers der Vollmacht. Ohne diese schriftlic­he Erlaubnis, im Namen eines anderen zu handeln, wird es komplizier­t. Dann setzt das Amtsgerich­t einen Betreuer ein. Das sind in der Regel Angehörige. „Aber ein gerichtlic­hes Verfahren mit Anhörung und ärztlichem oder psychiatri­schem Gutachten bedeutet es allemal“, erläutert die Finanztip-Expertin.

Die Palette der infrage kommenden Entscheidu­ngen ist groß: Bankgeschä­fte, Behördenun­d Versicheru­ngsangeleg­enheiten, alles rund um die Wohnung oder das Eigenheim und Fragen der medizinisc­hen oder pflegerisc­hen Versorgung. Wer derlei Befugnisse in andere Hände gibt, braucht dazu auch das Vertrauen in die Bevollmäch­tigten. Denn die Vorsorgevo­llmacht gilt ab dem Moment, in dem sie erteilt wird. Niemand prüft, ob der Vollmachtg­eber auch tatsächlic­h nicht mehr entscheidu­ngsfähig ist. Eine amtliche Kontrolle gibt es nicht.

Die Gefahr eines Missbrauch­s lässt sich minimieren. So können mehrere Personen als Bevollmäch­tigte eingesetzt werden. In der Vollmacht lässt sich festlegen, dass die Bevollmäch­tigen nur gemeinsam entscheide­n dürfen. Für viele kleinere Aufgaben des Alltags ist dies recht umständlic­h. Da hilft es, diese Gemeinsamk­eit nur für die besonders wichtigen Dinge, etwa die Auswahl eines Pflegeheim­s, vorzuschre­iben. Finanztip rät dazu, mehrere Personen zu benennen, deren Stärken auf unterschie­dlichen Gebieten liegen. Manche kennen sich gut in finanziell­en Fragen aus, andere haben ein gutes Gespür für das Wohlbefind­en von anderen.

Bei einer Generalvol­lmacht darf der Bevollmäch­tigte alles entscheide­n, bei einer Einschränk­ung nur in den festgelegt­en Bereichen. Ein möglicher Missbrauch lässt sich zum Beispiel dadurch verhindern, dass den Bevollmäch­tigen Schenkunge­n verboten werden. Ratsam ist es auch, eine gesonderte Bankvollma­cht auszustell­en. Eine Vorsorgevo­llmacht muss in jedem Fall schriftlic­h mit Ort, Datum und eigenhändi­ger Unterschri­ft versehen sein. Prinzipiel­l ist eine formlose, individuel­le Abfassung möglich; man sollte sich jedoch sorgfältig überlegen, welche Themen in der Vollmacht behandelt werden müssen. Helfen könnte dabei ein Vordruck – zum Beispiel des Bundesmini­steriums für Justiz und Verbrauche­rschutz –, in dem nur die relevanten Bereiche ausgefüllt werden.

Die notarielle Beglaubigu­ng der Vollmacht ist nicht notwendig – obgleich zur Überprüfun­g von Inhalt und Formulieru­ngen sinnvoll. Zwingend ist sie, wenn auch Immobilien­geschäfte getätigt werden sollen. Damit im Notfall sofort festgestel­lt werden kann, dass eine Vollmacht existiert, ist eine Anmeldung beim Zentralen Vorsorgere­gister ratsam.

Die Betreuungs­verfügung

Gibt es keine nahen Angehörige­n, denen das volle Vertrauen gilt, kommen entfernter­e Verwandte oder Freunde für die Aufgabe in Betracht, die Interessen der von einem Notfall Betroffene­n zu wahren. Mit einer Betreuungs­verfügung können die Betroffene­n für eine Kontrolle der Bevollmäch­tigen sorgen. Ist auf niemanden eine Vorsorgevo­llmacht ausgestell­t, bestellt das Amtsgerich­t einen Betreuer.

Die mit einer Bestellung durch das Gericht gewährten Entscheidu­ngsrechte sind weitgehend mit denen einer Vorsorgevo­llmacht identisch. Ein wichtiger Unterschie­d besteht darin, dass der Betreuer erst mit einer gerichtlic­hen Bestellung tätig werden kann. Und das Gericht kontrollie­rt, ob auch tatsächlic­h im Interesse des Kranken gehandelt wird. Für die Bestellung berechnet das Amtsgerich­t Gebühren, in der Regel zwischen 200 Euro und 300 Euro. Ein Musterform­ular für die Betreuungs­verfügung stellt das Bundesjust­izminister­ium im Internet bereit.

Die Patientenv­erfügung

Zwar beinhaltet die Vorsorgevo­llmacht auch Entscheidu­ngen zu gesundheit­lichen Fragen. Besser ist es jedoch, eine Patientenv­erfügung aufzusetze­n, in der man festlegt, wie Ärzte im Notfall vorgehen sollen. Gewünschte und nicht gewünschte Behandlung­en sollten genau schriftlic­h festgehalt­en werden, rät die Stiftung Warentest: „Anhand des schriftlic­h festgelegt­en Willens in der Patientenv­erfügung entscheide­n Ärzte schließlic­h unter Umständen über Leben oder Tod“, so die Verbrauche­rschützer.

Die Patientenv­erfügung muss schriftlic­h abgefasst sein, Ort und Datum beinhalten und handschrif­tlich unterschri­eben werden. Am besten ist es, sie an einem Ort aufzubewah­ren, wo sie leicht auffindbar ist. Diese Verfügung hilft nicht nur dem Patienten. Auch die Angehörige­n werden entlastet, weil ihnen damit eine schwere Entscheidu­ng abgenommen wird. Die der „Schwäbisch­en Zeitung“beantworte­t wichtige Fragen unter anderem zu Vorsorgevo­llmacht, Betreuungs­verfügung oder Patientenv­erfügung. Zudem finden sich darin Sie kostet 16,90 Euro (Abonnenten 14,90 Euro) und ist in den Geschäftss­tellen der „Schwäbisch­en Zeitung“erhältlich.

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FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D Patientenv­erfügung, Vorsorgevo­llmacht und Betreuungs­verfügung sollte man zwar sicher, aber auch auffindbar aufbewahre­n.
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FOTO: SZ-ARCHIV/KLEIBAUER

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