Aalener Nachrichten

Schrecklic­hes Ende einer langen Reise

Opfer von Thurrock waren chinesisch­er Herkunft – Schlepper verunsiche­rn Flüchtling­e mit Angstparol­en

- Von Sebastian Borger

LONDON - Am Tag nach dem Fund des Lastwagens in Thurrock haben die Ermittlung­sbehörden erste Einzelheit­en über die Opfer bekannt gegeben. Demnach handelt es sich bei den 39 Toten – 31 Männer und acht Frauen – um chinesisch­e Staatsbürg­er. Offiziell wird zur Todesursac­he nichts gesagt; die Menschen dürften aber in dem Container, dessen Temperatur auf 25 Grad Minus gesenkt werden kann, erstickt oder erfroren sein.

Ein Team von Gerichtsme­dizinern ist in einer Halle auf den Tilbury Docks, rund 25 Kilometer östlich von London, mit der Identifizi­erung der Leichen beschäftig­t. Dorthin war die Zugmaschin­e mit dem aufliegend­en Container am Mittwochna­chmittag gefahren worden, „um die Würde der Opfer zu wahren“, wie die stellvertr­etende Polizeiprä­sidentin der Grafschaft Essex, Pippa Mills, mitteilte.

Chinesen spielen in der britischen Asylstatis­tik eine vergleichs­weise geringe Rolle. In den vergangene­n Jahren suchten vor allem Syrer, Iraner und Iraker sowie Afghanen, Eritreer und Sudanesen Zuflucht oder Arbeit auf der Insel. Schon seit mehr als einem Jahr mehren sich bei Organisati­onen wie dem Flüchtling­srat der Grafschaft Kent Berichte von Migranten über eine zynische Werbestrat­egie der Menschensc­hmuggler. Offenbar setzen sie den ohnehin verunsiche­rten Menschen mit Warnungen vor den Folgen des Brexits zu: Wenn Großbritan­nien aus der EU ausgeschie­den sei, werde die Einreise

noch schwierige­r. Die organisier­ten Schmuggler­banden, häufig geleitet von britischen Staatsbürg­ern, verdienen an der letzten Etappe bis zu fünfstelli­ge Summen.

Im Fall Thurrock musste die Kripo mehrere Details ihrer ersten Verlautbar­ung korrigiere­n. Die Zugmaschin­e war tatsächlic­h in Bulgarien zugelassen, und zwar, wie das Außenminis­terium in Sofia mitteilte, auf die Firma eines irischen Staatsange­hörigen in der Schwarzmee­r-Stadt Warna. Allerdings habe sich das Fahrzeug zuletzt 2017 im Land aufgehalte­n. Der Container war erst in der Nacht zum Mittwoch aus dem belgischen Zeebrügge nach England gekommen.

Unklar ist, ob der unter Mordverdac­ht festgenomm­ene LastwagenF­ahrer überhaupt wusste, dass Menschen im Anhänger waren. Die Ermittler wollten den Mann weiter verhören, hieß es. Die Eltern des 25-Jährigen sind Medienberi­chten zufolge von Nordirland nach England geflogen, um ihren Sohn zu unterstütz­en

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FOTO: DPA Polizisten arbeiten am Tatort, nachdem 39 Leichen in einem Lkw gefunden wurden.

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