Millionen für die Zukunft
Maschinenbauer Chiron eröffnet in Neuhausen ultramoderne „Precision Factory“
NEUHAUSEN OB ECK - Die Aussichten für die deutschen Maschinenbauer sind mau. 2019 sind die Aufträge teilweise um mehr als 20 Prozent eingebrochen. Eine Entwicklung, die sich auch in den Auftragsbüchern von Chiron niederschlägt. Genau in diesem Umfeld weiht das Tuttlinger Unternehmen die größte Investition seiner Firmengeschichte ein: das ultramoderne Werk „Precision Factory“in Neuhausen ob Eck.
Mit der Chiron zufolge „modernsten Fabrik Europas“will sich das Unternehmen für schwierige Zeiten rüsten. Materialbehälter, die selbstständig Nachschub bestellen, wenn sie leer sind. Digitale Montagemappen, die den Technikern alle benötigten Baupläne auf einem Touchscreen anzeigen, und ein Wischroboter, der, mit Geo-Navigation ausgerüstet, die Gänge sauberhält. Auf 14 000 Quadratmetern stellt sich Chiron so für die Zukunft auf. Die Fabrikhalle sei an das Produkt angepasst, heißt es hier, nicht andersherum. 400 Werkzeugmaschinen unter anderem für die Automobilindustrie und die Medizintechnik sollen die Fabrik jährlich verlassen.
Das Kernstück: Ein 43 Kilometer langes Schlauchsystem im Boden der
Fabrik, das die Temperatur in der Produktion bei konstant 22 Grad hält. Bei der Montage von Fräsköpfen, die mit einer Toleranz von einem Fünfzigstel eines menschlichen Haars arbeiten, kommt es auf jedes Detail an.
Präziser und schneller als die Konkurrenz sein. Das ist die Strategie, mit der sich Chiron seinen Rang auch in der Zukunft sichern will. Ein Ziel, das sich das Unternehmen mit seiner „Precision Factory“34,5 Millionen Euro kosten ließ – die größte Einzelinvestition in fast 100 Jahren Unternehmensgeschichte. Und das in einer Zeit, in der die Aussichten für den Maschinenbau alles andere als rosig sind. Auch wenn Chiron im vergangenen Jahr noch einen Rekordumsatz von 498 Millionen Euro erzielte – ein Wachstum von sieben Prozent im Vergleich zu 2017 – ist der Blick in die Zukunft wenig optimistisch. „Es ist der schwierigste Markt in den vergangenen 15 Jahren“, sagte Chiron-Chef Markus Flik.
Um 21 Prozent sind die Aufträge für die Maschinenbauer in BadenWürttemberg im ersten Halbjahr 2019 zurückgegangen. Das berichtete Landeswirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), die zur Eröffnung der „Precision Factory“am Donnerstag angereist war. Den richtigen Zeitpunkt für eine solche Investition zu finden sei nicht leicht. „Aber wenn man nicht mutig voran geht, wird man diesen Zeitpunkt mit Sicherheit verpassen“, so die Ministerin.
Neben dem Gewerbepark in Neuhausen ob Eck prüfte Chiron auch einen Standort in Polen. Das Kriterium, das am Ende die Entscheidung für Neuhausen fallen ließ: Qualifikation. „Wir arbeiten hier schon mit ausgefuchsten Prozessen“, sagt Flik. In der Region Tuttlingen habe man bereits viel in die Qualifikation von Mitarbeitern investiert. Diese könnte nicht so einfach verschoben werden. „Das war der zentrale Aspekt für die Wahl des Standorts“, so Flik.
Doch die Mega-Investion hat ihren Preis. Das Personal in Tuttlingen hatte sich zuvor zu nicht bezahlter Mehrarbeit für die kommenden fünf Jahre bereiterklärt. Und auch an anderen Stellen wird gespart. Für die neuen Büros gab es nur das Mobiliar aus den alten Räumlichkeiten.