Gericht will Lkw-Sammelklage erst einmal prüfen
Das Einschalten einer Inkassofirma könnte sich für die betroffenen Transportfirmen als Problem erweisen
MÜNCHEN (dpa) - Die größte Sammelklage gegen das Lastwagen-Kartell steht auf der Kippe. Mehr als 3000 Spediteure fordern beim Landgericht München von MAN, Daimler und weiteren Lkw-Herstellern 867 Millionen Euro Schadenersatz wegen Preisabsprachen. Aber die Transportfirmen haben ihre Ansprüche an eine Inkassofirma abgetreten. Das könnte vielleicht ein Problem sein, erklärte das Landgericht München am Donnerstag.
Die Kammer werde diese „Bündelung nach Art einer Sammelklage“bei einem Inkassounternehmen genau prüfen, sagte die Vorsitzende Richterin Gesa Lutz zum Auftakt. Denn das Gericht betritt hier juristisches Neuland: „Es gibt keine Gerichtsentscheidung, die diesen Fall genau trifft.“
Auf den ersten Blick ist der Fall einfach: Die führenden europäischen Lkw-Hersteller hatten 14 Jahre lang ihre Preislisten ausgetauscht. Dafür hat die EU-Kommission MAN,
Daimler, Volvo/Renault, DAF, Iveco und Scania bereits fast vier Milliarden Euro Bußgeld aufgebrummt.
Jetzt fordern die Kunden Schadenersatz. Vor allem in München: 110 Klagen für insgesamt 250 000 Lastwagen liegen inzwischen beim Landgericht, wie Lutz sagte. Die beiden mit Abstand größten Klagen hat das Inkassounternehmen Financialright claims eingereicht. Durch Vermittlung des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) hat es bei meist mittelständischen Spediteuren Forderungen eingesammelt – in Summe geht es um 1,4 Milliarden Euro für 150 000 Lastwagen.
Financialright zahlt die Anwälte der US-Kanzlei Hausfeld und die Gutachter und kassiert dafür im Erfolgsfall rund 30 Prozent des gezahlten Schadensersatzes. Erst mit einem solchen Geschäftsmodell könnten auch kleine Firmen ohne großen Aufwand und Kostenrisiken ihr Recht einklagen, sagte Anwalt Alexander Petrasincu.
Aber nun ist die Frage: Wie weit darf ein Inkassounternehmen sich auf das Feld der Rechtsberatung begeben? Die Antwort auf diese Frage ist auch für Tausende VW-Besitzer interessant, die ihre Ansprüche aus dem Dieselskandal an die Financialright-Schwesterfirma Myright abgetreten haben.
In der Verhandlung ließ die Vorsitzende Richterin noch keine Tendenz erkennen. Erst in drei Monaten, am 24. Januar, will sie eine Entscheidung verkünden. Ein Vorteil: Dann kann sie auch das anstehende BGHUrteil im teilweise ähnlich gelagerten Mietrechtsfall mit einbeziehen.