Aalener Nachrichten

„Die Innenstadt ist nicht tot“

Peter Markert spricht beim „Kongress Zukunft 5.0“über die Online-Konkurrenz

- Von Viktor Turad

OBERKOCHEN - „Die Innenstadt ist nicht tot. Die regionalen Perlen werden überleben.“Mit dieser Botschaft hat Peter Markert am Donnerstag beim „Kongress Zukunft 5.0“im Zeiss-Forum in Oberkochen der Befürchtun­g widersproc­hen, wegen des Online-Handels würden die Innenstädt­e aussterben. Nach seinen Beobachtun­gen wird dies nicht nur nicht der Fall sein, sondern es gibt auch eine Gegenbeweg­ung. Allerdings müsse sich der Handel umstellen und neue Wege gehen. Unvorherse­hbare Aktualität hatte der Vortrag durch die vor wenigen Tagen angekündig­te Schließung von Spielwaren Wanner in Aalen bekommen, begründet mit der Konkurrenz durch den Online-Handel.

Markert ist Geschäftsf­ührer der Aalener immakom Akademie (Institut für Marketing und Kommunikat­ion), die Städte und Gemeinden berät und in deren Beirat der frühere Aalener Oberbürger­meister Ulrich Pfeifle sitzt. Markert riet dem Einzelhand­el,

sowohl online als auch offline zu gehen. Er müsse sich am Nutzen orientiere­n und dürfe nicht die Technik in den Focus stellen.

Er müsse aber auch schlanker werden, dürfe also nicht mehr die ausgetrete­nen Pfade betreten, Gutachten einholen, Konzepte erarbeiten und beraten und und und. Das dauere viel zu lange. „Die Dynamik erschlägt träge Konzepte!“

Neue Probleme dürfe man auch nicht mit alten Instrument­en angehen. Die Innenstadt brauche ein neues Modell. Das bedeute beispielsw­eise, dass auch der Stadtplane­r beim Citymanage­r mit am Tisch sitzen müsse.

Die Innenstadt ist nach Markerts Überzeugun­g nicht tot. Gefragt seien nämlich wieder konsumfrei­e Zonen, in die man sich zurückzieh­en und in denen man sich einfach aufhalten könne. „Je länger man sich dort aufhält, desto mehr Geld gibt man auch aus.“

Die Citys müssten sich also neu aufstellen und die Digitalisi­erung könne ihnen dabei helfen. Die Innenstadt

werde zwar in ihrer Handelsfun­ktion Einbußen hinnehmen müssen, sie werde aber bleiben. Die Kommune müsse ihr mit strikteren Bebauungsp­länen helfen und ihr wieder Luft geben. Denn auch die Discounter seien eine Konkurrenz und die sei an der Peripherie angesiedel­t.

Neues Modell für den Handel

Der Handel aber, sagte Markert weiter, brauche ein neues Modell. Zu neudeutsch: Das Shoptainme­nt komme. Also: Es gebe Service und Beratung weiterhin, es dürfe keine Barrieren geben und der Händler müsse sehr kulant gegenüber seinem Kunden sein. Markert räumte gleich mit einem Vorurteil auf: „Nur jeder Fünfte bestellt im Internet.“

Wer sich jedoch in der City wohl fühle, der gehe auch stationär shoppen. Aber der Handel müsse sich wandeln: Die Verkaufsfl­äche müsse etwas kleiner werden und ergänzt werden durch einen Gastrobere­ich mit Eventchara­kter und Dienstleis­tungsangeb­oten. Alles müsse auf das

Erleben ausgericht­et sein. Der Online-Marktplatz dagegen werde eher so etwas wie ein Schaufenst­er sein, geshoppt werde dort weniger. Aber: Händler könnten sich mit den Großen wie etwa Zalando vernetzen, online bestellte Ware ausliefern und so Kontakt zu potenziell­en Kunden bekommen.

Markert riet Citymanage­rn und Handel weiter, auch einmal anders an Probleme heranzugeh­en und ganzheitli­ch zu denken. So genüge es nicht mehr, ein Schild mit der Aufschrift „zu vermieten“ins Schaufenst­er zu stellen und abzuwarten. Denn zehn bis zwölf Prozent Leerstand gebe es im Schnitt überall in Süddeutsch­land. Hier dürfe man sich nicht scheuen, auch scheinbar verrückte Ideen zu kreieren, indem man nicht mit denen spreche, mit denen man immer gesprochen habe. Man müsse aus diesem Kreis ausbrechen und beispielsw­eise Zielgruppe­n, Kunden oder auch Branchenfr­emde frühzeitig einbinden. Gutachten erstellen zu lassen und Befragunge­n zu starten, dauere viel zu lange,

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