„Gülle-Mord“-Prozess: Frau wollte ausziehen
Jetzt sagt die Geliebte des Angeklagten aus. Seine Ehefrau sprach am Tag ihres Todes davon, ihren Mann zu verlassen
AUGSBURG/NÖRDLINGEN - Nicht nur in Birkhausen, in ganz Nordschwaben hat der Tod einer Landwirtin, die möglicherweise Opfer eines Verbrechens wurde, für großes Aufsehen gesorgt. Kein Wunder, dass der in der vorigen Woche vor dem Landgericht in Augsburg begonnene Prozess, bei dem ihr Ehemann des Mordes angeklagt ist, auf anhaltend großes Publikumsinteresse stößt. Der größte Gerichtssaal war gut gefüllt, als am Dienstag viele Zeugen aussagten, die in dem Ortsteil von Wallerstein leben.
In Birkhausen, das rund 350 Einwohner zählt, hatte sich längst herumgesprochen, dass der heute 55jährige Angeklagte seit Jahren eine Geliebte hatte, bei der er wochentags übernachtete. Zumal auch seine Frau kein Geheimnis daraus machte. Auch nicht an jenem 20. September vorigen Jahres.
Drei Stunden vor ihrem Tod ist die 51-Jährige morgens bei ihrer Fußpflegerin gewesen. Wie diese in der Verhandlung als Zeugin erzählte, wollte die Bäuerin mit ihren drei Kindern ausziehen, plante, ein kleines Häuschen in der Nähe zu beziehen. Auch wollte sie einen Job suchen, um eigenes Geld zu verdienen.
„Ich gehe, wenn mein Sohn 18 ist“, solche Äußerungen, erinnerte sich die Zeugin, habe sie schon früher von ihr gehört.
Die Bäuerin hatte in den Hof eingeheiratet. Die Staatsanwaltschaft sieht darin das Tatmotiv für einen Mord. Denn ihr Mann hätte sie bei einer Trennung für das während der Ehe erwirtschaftete Vermögen auszahlen müssen. Die Kripo hat nach der Festnahme des Landwirts zwei Geldverstecke entdeckt, in denen mehr als 130 000 Euro lagen – was er, wäre es zur Scheidung gekommen, hätte verschweigen können.
Zwei Frauen, an diesem Vormittag mit dem Fahrrad unterwegs, haben die tote Landwirtin noch lebend auf dem Hof gesehen und mit ihr gesprochen. Das Gericht vernahm ausführlich eine Zeugin, die gegen 10.30 Uhr zum angrenzenden Friedhof gefahren war, um dort Gräber zu gießen.
Die Frau berichtete, sie habe das Ehepaar gemeinsam neben einem
Traktor mit einem angehängten Güllewagen gesehen. Die Bäuerin habe den Gülleschlauch in ihrer rechten Hand gehalten. Ein typisches Geräusch, das beim Abpumpen von Gülle erzeugt wird, sei zu hören gewesen. An dem Tag waren im Ort noch mehr Landwirte unterwegs, um Odel auf die Äcker zu fahren. Es roch streng im Dorf.
Die Landwirtin hatte sich auch Mitbürgern anvertraut, erzählt, wie schlecht es in ihrer Ehe lief. Eine Zeugin traf sie einmal am Holzplatz an. „Ich sah, wie sie schwere Holzscheite stapelte. Sie wirkte traurig“, schilderte die Zeugin ihren damaligen Eindruck. „Auf meine Frage, warum sie ihren Mann nicht verlässt hat sie geantwortet: Ich kann nicht, ich mache das für meine Kinder.“
Vor der Schwurgerichtskammer sagte am Dienstag auch die Freundin des Angeklagten aus. Vor zwölf Jahren war sie mit dem 55-Jährigen ein Verhältnis eingegangen. Abends, nach der Arbeit auf dem Hof, war er zu ihr gekommen und morgens wieder gefahren. An den Wochenenden blieb er daheim. Seine Geliebte kannte seine Frau und seine Kinder. Sie hätte jedoch, wie die Frau auf Nachfrage des Gerichts erklärte, nie mit dem Angeklagten zusammenziehen wollen.