Aalener Nachrichten

Aus der Tiefe des Rückraums

Julius Kühn feiert bei 26:25 in Kroatien tolles Comeback

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ZAGREB (dpa) - Julius Kühn spielte, als hätte es die zähen Monate des Wartens nicht gegeben. Er wuchtete seinen 1,98 Meter langen Körper aus dem Rückraum in die Höhe, kurzer Blick zum gegnerisch­en Torhüter, dann beförderte er die Bälle aus dem Handgelenk mit hoher Geschwindi­gkeit ins Netz. Vier Treffer steuerte der 26-Jährige zum 26:25-Erfolg der deutschen Handballer in Zagreb gegen Kroatien bei. „Es war die Belohnung für ein Jahr harte Arbeit“, sagte der sichtlich zufriedene Rückraumsp­ieler der MT Melsungen.

Tatsächlic­h ist es ziemlich genau ein Jahr her, dass Kühn im Trikot der deutschen Handballer einen seiner bittersten Momente erlebte. Am 28. Oktober 2018 riss im EM-Qualifikat­ionsspiel im Kosovo das Kreuzband in seinem rechten Knie. Anschließe­nd begann für Kühn eine Zeit, in der er die Heim-WM verpasste und die er „nie mehr erleben“will. „Ich lag nur auf dem Sofa und hatte zu nichts Lust. Ich habe oft nur die Decke angestarrt.“Die Phase des Wartens auf ein Comeback im Nationaltr­ikot fand in Zagreb ihr Ende.

Bundestrai­ner Christian Prokop sprach anschließe­nd davon, dass Kühn eine „wichtige Option und eine Bereicheru­ng“für seine Mannschaft sei. Das durfte durchaus mit Blick auf die in gut zwei Monaten beginnende Europameis­terschaft in Norwegen, Österreich und Schweden zu verstehen sein. Kein anderer Spieler in seinem Kader verfügt über Kühns Qualität, Spiele mit einem Gewaltwurf aus dem Rückraum in eine andere Richtung zu drehen. Diese mitunter einfach wirkenden Tore hatte die DHBAuswahl insbesonde­re bei der WMHalbfina­lniederlag­e gegen Norwegen im Januar noch schmerzlic­h vermisst.

Auf dem Weg zur angepeilte­n Medaille beim nächsten Turnier Anfang 2020 könnten sie zum Schlüssel werden. Überhaupt verfügt der Bundestrai­ner bereits erstaunlic­h früh über ein stabiles Kader-Gerüst für die erstmals in drei Ländern ausgetrage­ne EM. Der Sieg bei Doppel-Olympiasie­ger und EM-Mitfavorit Kroatien war verdient, zwischenze­itlich verspielte die deutsche Mannschaft sogar einen Fünf-Tore-Vorsprung. Beim Rückspiel am Samstag (14.30 Uhr/ARD) in Hannover gilt es nun, den positiven Eindruck zu bestätigen.

Dann wird möglicherw­eise auch Abwehrspez­ialist Patrick Wiencek wieder dabei sein, in Kroatien fehlte der Kreisläufe­r noch verletzung­sbedingt. Routiniers wie Torhüter Silvio Heinevette­r oder Rechtsauße­n Patrick Groetzki fehlen dagegen auch in Hannover. Sicher ist schon jetzt, dass sich die EM-Mannschaft im Vergleich zur Heim-WM verändern wird. In Kroatien hat Christian Prokops Aufgebot bewiesen, dass es höheren Ansprüchen genügt. Aber bis zur EM kann noch viel passieren, gerade was Verletzung­en angeht. Das weiß kaum jemand besser als Julius Kühn.

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FOTO: DPA Würfe mit hoher Geschwindi­gkeit: Rückkehrer Julius Kühn.

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