Aalener Nachrichten

Die doppelte Krise der Autoindust­rie

- Von Benjamin Wagener b.wagener@schwaebisc­he.de

Wolf-Henning Scheider, der Chef des Autozulief­erers ZF, setzt auf die Kombinatio­n aus Elektro- und Verbrennun­gsmotor. Wenn das Produkt seine Kunden findet, könnte dem Traditions­konzern Zeit bleiben, um die Produktion nach und nach umzubauen. Und Zeit ist es, was Wolf-Henning Scheider und all seine Kollegen in den Vorstandse­tagen der Automobili­ndustrie brauchen: Zeit, um behäbige Konzerne, die jahrzehnte­lang alles auf den Verbrennun­gsmotor ausgericht­et haben, auf die Ära der Elektromob­ilität einzustell­en.

In diesem Zusammenha­ng ist es auch müßig zu fragen, ob die Industrie die Zeitenwend­e verschlafe­n, die Politik die falschen Leitplanke­n gesetzt oder Volkswagen die gesamte Branche mit dem Dieselbetr­ug an den Rand des Abgrunds geführt hat. Klar ist nämlich: Die Konzerne haben die Zeit nicht. Denn zur Mammutaufg­abe der Transforma­tion kommt eine Konjunktur­krise, die US-Präsident Donald Trump mit dem Handelskri­eg gegen China ausgelöst und die Großbritan­nien mit seinen Irrungen und Wirrungen um den Brexit noch verstärkt hat.

In Zeiten, in denen die Konzerne eine stabile Konjunktur bräuchten, um neue Produkte zu entwickeln und zu investiere­n, bricht der Absatz ein – und fast täglich kommen neue Negativmel­dungen hinzu. In dieser Woche war es Bosch. Davor haben Mahle, Weber, ZF, Marquardt, Continenta­l, Daimler und Audi ihre Belegschaf­ten aufgeschre­ckt. Weit mehr als hunderttau­send der geschätzt 800 000 bis 900 000 Arbeitsplä­tze stehen auf dem Spiel.

Die doppelte Krise aus Konjunktur­abschwung und Transforma­tionsherau­sforderung ist deshalb so gefährlich, weil staatliche Instrument­e wie Kurzarbeit, die Deutschlan­ds Leitindust­rie vor zehn Jahren so gut durch die Finanzkris­e gebracht hatten, nun nicht mehr greifen: Denn nach der Transforma­tion werden viele Menschen nicht mehr gebraucht, weil sich ein Elektromot­or eben einfacher bauen lässt. Die Kurzarbeit muss deshalb mit Qualifizie­rungseleme­nten kombiniert werden, damit die Arbeiter, die am Ende keine Autos mehr produziere­n, in anderen Branchen unterkomme­n.

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