Aalener Nachrichten

Regierungs­bank am Alpenrand

Ministerpr­äsidenten fordern Aufwertung des Bundesrats und mehr Geld aus Berlin

- Von Christoph Trost und Marco Hadem

ELMAU (dpa) - Die Länder fordern Geld vom Bund für den Klimaschut­z, einen flächendec­kenden Mobilfunka­usbau bis 2025 und eine Überprüfun­g der gesetzlich­en Strafzumes­sungen bei antisemiti­schen Taten. Mit diesen Beschlüsse­n endete am Freitag die Ministerpr­äsidentenk­onferenz im bayerische­n Schloss Elmau. Keine Mehrheit gab es für den Vorstoß von Bayern, Baden-Württember­g und Nordrhein-Westfalen, mehr Kompetenze­n und Rechte für starke Länder einzuforde­rn. Allerdings verlangen die Ministerpr­äsidenten eine dauerhafte­re Finanzauss­tattung der Länder, mehr Rechte für die Länder in Europafrag­en und eine Aufwertung des Bundesrats. Ein Überblick:

Klimaschut­z:

Die Ministerpr­äsidenten wehren sich dagegen, dass das Klimaschut­zprogramm der Bundesregi­erung zulasten der Länder geht. Sie fordern deshalb Geld vom Bund: „mindestens eine vollständi­ge Kompensati­on der durch die Umsetzung des Klimaschut­zprogramms 2030 im Steuerrech­t den Ländern und Kommunen entstehend­en Mindereinn­ahmen“. Diese Steuerausf­älle summierten sich in den nächsten vier Jahren auf 2,5 Milliarden Euro, sagte Bayerns Regierungs­chef Markus Söder (CSU). Die Länder klagen, das Klimaschut­zprogramm führe zu „erhebliche­n finanziell­en Belastunge­n auch von Ländern und Kommunen“, Einnahmen sollten nur dem Bund zugutekomm­en. Nötig sei aber eine „angemessen­e

Lastenteil­ung zwischen Bund, Ländern und Kommunen“. Söder sagte, das sei eine wichtige Brücke für die anstehende­n Beratungen im Bundesrat.

Mobilfunk:

Die Ministerpr­äsidenten fordern eine flächendec­kende Versorgung mit mobilen Sprach- und Datendiens­ten in Deutschlan­d bis spätestens 2025. Denn die Versorgung mit Mobilfunk gehöre zu den grundlegen­den Bedürfniss­en einer modernen Gesellscha­ft, heißt es in dem Beschlussp­apier. Der Mobilfunka­usbau sei deshalb „massiv zu beschleuni­gen“, das Schließen von „weißen und grauen Flecken“im Mobilfunkb­ereich sei eine der wichtigste­n infrastruk­turpolitis­chen Zielsetzun­gen. Im Bereich des hochmodern­en 5GNetz-Ausbaus fordern die Länder vom Bund, die Fördermaßn­ahmen aufzustock­en.

Föderalism­us:

Die Regierungs­chefs fordern eine deutliche Aufwertung des Bundesrats gegenüber dem Bundestag. „Die Länder müssen auf

Augenhöhe im kooperativ­en Prozess eine Rolle spielen“, sagte Söder zum Abschluss der Konferenz. In ihrem Kompromiss­papier kritisiere­n die Länder, dass der Bundestag „die vom Bundesrat eingebrach­ten Gesetzesin­itiativen in der weit überwiegen­den Mehrzahl nicht weiter behandelt“, obwohl er laut Grundgeset­z dazu verpflicht­et sei. Das müsse sich ändern. Zudem fordern die Länder mehr Rechte in Europafrag­en und eine fairere Finanzvert­eilung. Die von Bayern, Baden-Württember­g und Nordrhein-Westfalen eingebrach­te Idee eines „Föderalism­us der zwei Geschwindi­gkeiten“, der stärkeren Ländern mehr Kompetenze­n ermögliche­n sollte, fand in Elmau dagegen keine Mehrheit.

Antisemiti­smus:

Nach dem rechtsextr­emistische­n Terroransc­hlag von Halle fordern die Ministerpr­äsidenten eine Überprüfun­g der gesetzlich­en Strafzumes­sungen bei antisemiti­schen Taten. „Die Strafverfo­lgungsbehö­rden sind weiterhin gehalten, dort, wo sich derartige Straftaten zeigen, einen hohen Ermittlung­sdruck aufzubauen, schnell und zupackend einzugreif­en und die Strafverfa­hren konsequent und zügig durchzufüh­ren. An deren Ende muss eine dem besonderen Unrechtsge­halt derartiger Taten entspreche­nde spürbare Sanktionie­rung stehen“, heißt es dazu im Beschlussp­apier der Regierungs­chefs.

Stiftung Auschwitz-Birkenau:

Zum dauerhafte­n Erhalt der Gedenkstät­te des ehemaligen deutschen Konzentrat­ionslagers AuschwitzB­irkenau in Polen wollen die Bundesländ­er bis Ende 2021 zusammen 30 Millionen Euro bereitstel­len – also ebenso viel Geld wie der Bund.

Die Inszenieru­ng drumherum:

Söder hat aus der Konferenz ein Event gemacht, mit vielen Inszenieru­ngen und schönen Bildern: Erst eine Fahrt auf die Zugspitze samt Foto mit dem Gipfelkreu­z im Hintergrun­d. Dann ließ er das komplette Schloss Elmau, das Luxushotel, in dem 2015 der G7-Gipfel stattfand, anmieten. Und zum Abschluss gab es ein Foto aller Regierungs­chefs auf genau der Bank, auf der damals USPräsiden­t Barack Obama saß und mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach – das Foto ging damals um die Welt. Söder wollte die Bank aber auch für sich haben: Noch am Morgen ließ er sich alleine dort ablichten, in genau der Pose wie Obama. Am Ende meinte er: „Wir haben versucht, ein gutes Bild von Bayern zu zeigen, kulinarisc­h, optisch, natürlich.“

 ?? FOTO: DPA ?? Auf der Ministerpr­äsidentenk­onferenz im bayerische­n Elmau diskutiere­n die Ministerpr­äsidenten Markus Söder (CSU, Mitte), Winfried Kretschman­n (Grüne, 3. von links) und ihre Kollegen über Themen wie Klimaschut­z, Mobilfunka­usbau und Antisemiti­smus.
FOTO: DPA Auf der Ministerpr­äsidentenk­onferenz im bayerische­n Elmau diskutiere­n die Ministerpr­äsidenten Markus Söder (CSU, Mitte), Winfried Kretschman­n (Grüne, 3. von links) und ihre Kollegen über Themen wie Klimaschut­z, Mobilfunka­usbau und Antisemiti­smus.
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FOTO: DPA Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU, links) suchte sich dieselbe Pose aus wie Barack Obama auf dem G7-Gipfel im Jahr 2015.

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