Streit um den Nato-Partner
SPD stellt Mitgliedschaft der Türkei in dem Militärbündnis infrage – Union widerspricht
BERLIN - Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich hat am Freitag die Nato-Mitgliedschaft der Türkei infrage gestellt. Damit rief er Widerspruch in der Union hervor. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen, sagte der „Schwäbischen Zeitung“: „Ich halte es für falsch, die Nato-Mitgliedschaft der Türkei infrage zu stellen.“Es sei im strategischen Interesse Europas und Nordamerikas, dass die Türkei NatoPartner bleibe.
„Ein Blick auf die Landkarte sollte reichen, um die geopolitische Relevanz der Türkei zu verstehen“, ergänzte der CDU-Politiker. Gleichzeitig warnte er aber auch Ankara. „Wir müssen darauf bestehen, dass sich die Türkei auch wie ein Nato-Mitglied benimmt“, betonte er. „Um eine dauerhafte Krise mit der Türkei als Nato-Partner zu verhindern, müssen wir eine internationale Lösung für den Konflikt in Nordsyrien anstreben. Das würde Erdogan auch territorial in die Schranken weisen.“
Mützenich hatte zuvor den Zeitungen der Funke-Gruppe gesagt: „Jeder muss für sich selbst prüfen, ob er noch Teil der Nato sein kann und will.“Die Nato sei eine Wertegemeinschaft, doch „die Invasion der türkischen Streitkräfte in Nordsyrien ist keineswegs durch das Selbstverteidigungsrecht gedeckt“.
Unterstützung erhielt er aus der eigenen Partei. „Wir wollen klarmachen, dass die Türkei die Menschenrechte beachten muss“, sagte der außenpolitische Sprecher der SPD,
Nils Schmid. Das betreffe nicht nur den Einmarsch in Nordsyrien, sondern auch die Rückkehr von Flüchtlingen. „Eine zwangsweise Rückführung von Syrern wäre völkerrechtswidrig“, sagt er. Generell halte seine Partei aber an dem Bündnispartner Türkei fest. „Wir haben ein hohes Interesse daran, dass die Türkei in der Nato bleibt und sich an die gemeinsamen Werte hält.“
Auch die Sicherheitsexpertin Claudia Major von der Stiftung Wissenschaft und Politik warnte davor, die Türkei zu verprellen. Ein Austritt wäre eine Schwächung an der Südflanke des Bündnisses, am Schwarzen Meer und am Mittelmeer, vor allem gegenüber Russland, sagte sie. Zudem lägen zahlreiche NatoEinrichtungen in der Türkei. Ohnehin könne das Bündnis die Türkei gar nicht ausschließen, erklärte Major. „Vertraglich gibt es keine Basis für den Ausschluss eines unbequemen Mitgliedstaates, nicht einmal eine Aussetzung der Mitgliedschaft.“Möglich wäre nur ein Austritt.
Außenminister Heiko Maas (SPD) räumte vor seiner Türkei-Reise dem Vorstoß von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) für eine UN-Blauhelmtruppe in Nordsyrien geringe Chancen ein: „Bislang hat noch keiner der Angefragten gesagt, er würde sich beteiligen.“Nach einem „Spiegel“-Bericht haben Experten im Verteidigungsministerium inzwischen berechnet, inwieweit sich die Bundeswehr an einem Einsatz beteiligen könnte. Militärplaner seien auf 2500 Soldaten gekommen. Ein Ministeriumssprecher nannte die Zahlen „völlig spekulativ“.