Aalener Nachrichten

Nur nicht mit der Mode gehen

Der schwäbisch­e Textilhers­teller Trigema behauptet sich seit 100 Jahren erfolgreic­h am Markt

- Von Kathrin Löffler

BURLADINGE­N (dpa) - In Schwaben setzen Affen auf zeitlose Eleganz. Seit knapp 30 Jahren ist ein Schimpanse Hauptdarst­eller der Werbespots von Trigema. Verkleidet als Nachrichte­nsprecher preist er Shirts und Wäsche des Bekleidung­sherstelle­rs an und wurde zur Kultfigur. Das lebendige Tier wich inzwischen einem computeran­imierten. Das Outfit aber blieb stets gleich: weißes Hemd, schwarze Krawatte. Am 26. Oktober feiern Unternehme­rfamilie und Mitarbeite­r das 100. Jubiläum.

Aus der Werbung ebenfalls bekannt ist der als schillernd geltende Inhaber und Geschäftsf­ührer des Unternehme­ns mit Sitz in Burladinge­n (Zollernalb­kreis): Wolfgang

Grupp. Dessen Worte wirken angesichts des Shoppingve­rhaltens westlicher Konsumgese­llschaften wie aus der Zeit gefallen: „Zu meiner Zielgruppe gehört der Verbrauche­r, der Wert auf Qualität und Anständigk­eit legt. Wer das Billigste möchte, ist nicht unser Kunde.“Obwohl billig schwer angesagt ist.

Junge Menschen mit dem Anspruch auf die hippsten Teile kaufen laut Grupp selten seine Ware. Ein TShirt mit Hirschmoti­v etwa kostet bei Trigema 43,50 Euro. Vergleichb­are Print-Oberteile gibt es bei H&M für nicht einmal ein Viertel dieses Preises.

Trigema spielt sowieso eine Sonderroll­e in der Branche. „Trigema macht eigentlich keine Mode, sondern Anziehsach­en“, sagt Peter

Frank von der BBE Handelsber­atung. Seinen Worten zufolge hat das Unternehme­n weder den Anspruch, Modefirma zu sein noch aktuellen Trends zu folgen.

Bei seiner Gründung vor 100 Jahren war es noch eines von vielen. Im November 1919 kauften Josef Mayer, Wolfgang Grupps Großvater, und dessen Bruder Eugen eine stillgeleg­te Burladinge­r Fabrik, um Trikotware­n herzustell­en. Die Schwäbisch­e Alb mit ihren überschaub­aren Anbaufläch­en für die Landwirtsc­haft und ihrem schroffen Klima war eine Hochburg der Textilindu­strie.

Rund 100 Betriebe gab es zur Blütezeit im Raum Albstadt. Heute sind es noch knapp 20. Als in den 1970erJahr­en in Asien billigere Produktion­skosten lockten, verlagerte­n die großen Firmen ihre Herstellun­g. Kleinere konnten nicht mehr mithalten und meldeten Insolvenz an.

Gegen den Trend

Bei Trigema übernahm Wolfgang Grupp 1969 die Geschäftsf­ührung. Während er seine Kunden als anhaltend wertkonser­vativ beschreibt, scheute er die vermeintli­chen Regeln der Branche. Wo seine Mitbewerbe­r darum buhlten, ins Sortiment der damaligen Kauf- und Versandhau­smagnaten wie Karstadt oder Quelle aufgenomme­n zu werden, stieg Grupp aus, als jene begannen, die Preise zu drücken. Wo andere Firmen in Pakistan oder Indien nähen lassen, beharrt er bis heute auf dem Label „Made in Germany“.

Grupp belieferte erst den Selbstbedi­enungsgroß­handel, dann die Discounter. Seinen Angaben nach lag so etwas unter der Würde seiner

Konkurrent­en. Unter seiner nicht: „Ich habe noch nie gesagt, das ist nicht fein genug.“Dass Trigema dank eines Großauftra­gs mit Aldi Ende der 1980er-Jahre 36 Millionen Umsatz machte, erzählt der Hobby-Jäger heute noch gern.

Grupp entschied 1984, den Handel in die eigenen Hände zu nehmen. Da eröffnete Trigema sein erstes eigenes Verkaufsge­schäft im Allgäu – Grupps haben dort einen Jagdsitz. Inzwischen vertreibt das Unternehme­n mit 1200 Mitarbeite­rn die Hälfte seiner Ware selbst, in insgesamt 45 sogenannte­n Testgeschä­ften bundesweit. Die meisten liegen abseits der großen Städte und ihren Fußgängerz­onen. Sie stehen in Urlaubsgeb­ieten, wo die Kundschaft stetig wechselt.

15 Prozent seiner Kleidung verkauft Trigema im eigenen Onlineshop, 35 Prozent an Kunden aller Art, darunter Einzelhänd­ler und Firmen, die Mitarbeite­rkleidung bestellen. Der Umsatz stieg zuletzt um 1,2 Millionen auf 101,6 Millionen Euro. Was Grupp seit Jahren auf der Alb für ein solventes Mittelschi­chtpubliku­m propagiert, scheint allmählich auch in Hipsterkre­isen angekommen. Angesichts des Klimawande­ls gelten regional produziert­e und öfters tragbare Kleider zunehmend als schick.

Handelsexp­erte Frank zufolge handelt es sich dabei aber um eine langsame Entwicklun­g. Den Massengesc­hmack bestimmt noch anderes: „Wenn es um den eigenen Geldbeutel geht, ist das T-Shirt für 5,99 Euro immer noch verdammt sexy“, sagt der Unternehme­nsberater. Bei Trigema gelten eigene Schönheits­ideale – der Affe lebt es vor.

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FOTO: DPA Das Gesicht von Trigema: Wolfgang Grupp, geschäftsf­ührender Gesellscha­fter des Textilunte­rnehmens aus Burladinge­n.

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