Wenn’s der Hund im Kreuz hat
Nadine Titiz fühlt, wo’s spannt und schmerzt – Jetzt eröffnet sie ihre Praxis für Tierphysiotherapie
AALEN - Eigentlich ist Nadine Titiz gelernte Mediengestalterin. Jetzt hat sie sich allerdings einen Traum erfüllt und ihr Hobby ganz zum Beruf gemacht. Am Sonntag eröffnet die 25Jährige, die als Tierphysiotherapeutin und Osteopathin bislang mobil unterwegs war, in der Benzstraße im Aalener Industriegebiet für Hunde ihre Praxis Canine Motion.
„Ich wollte schon immer etwas mit Hunden machen“, sagt Nadine Titiz bei einem Besuch der „Aalener Nachrichten / Ipf- und Jagst-Zeitung“. Doch nach ihrem Abschluss an der Karl-Kessler-Realschule in Wasseralfingen eine Ausbildung zur Tierarzthelferin zu absolvieren, sei für sie nicht infrage gekommen. „Mit negativen Erlebnissen wie dem Einschläfern eines Hundes wäre ich nicht klargekommen“, sagt sie und zeigt stolz ihren Praxisraum im Keller des Hauses, in dem neben ihrer kleinen Familie auch ihre Schwiegereltern leben. Vor geraumer Zeit sei der Raum noch vermietet gewesen. Als der Mieter allerdings ausgezogen ist, habe Nadine Titiz die Gelegenheit beim Schopf ergriffen und diesen mithilfe der gesamten Familie umgestaltet.
Von mobil zu stationär
An den Wänden hängen Zertifikate, die die zweifache junge Mutter bereits erworben hat. Neben ihres Berufs als Mediengestalterin hat sie in jeweils eineinhalb Jahren zwei Fortbildungen gemacht: zur Tierphysiotherapeutin und zur Osteopathin.
Auch in den Bereich der Wellnesstherapie habe sie ein halbes Jahr hineingeschnuppert.
Eine Praxis wollte die in Fachsenfeld aufgewachsene 25-Jährige schon seit längerer Zeit eröffnen. Doch in der Wohnung in Hüttlingen, in der sie mit ihrem Mann lebte, sei kein Platz dafür gewesen. Deshalb sei sie bislang nur mobil unterwegs gewesen und habe ihre vierbeinigen Patienten zu Hause besucht. Viele davon habe sie auch auf Hundesportplätzen wie des Aalener Vereins der Hundefreunde behandelt, in dem sie Mitglied ist und wo sie einmal in der Woche als Übungsleiterin für Obedience fungiert.
Mit dem Umzug in das Haus des Großvaters ihres Mannes in der Benzstraße habe sich das geändert. Im Juli dieses Jahres hätten alle aus der Familie angepackt. Der Raum wurde gestrichen, neue Fliesen wurden gelegt und die Praxis wurde liebevoll eingerichtet. Vor dem Eingang derselben steht eine Futterbar, an der Tür im Innern hängen Kleiderbügel in Form von Hunderuten samt Hinterbeinen. Auf und in den Regalen finden sich jede Menge Geräte, die Nadine Titiz für ihre Arbeit braucht. Unter anderem ein Infrarotlicht, das bei Muskelverspannungen zum Einsatz kommt, oder ein Ultraschallgerät, das mit leichtem Vibrieren Gelenkverspannungen löst oder Muskelschmerzen lindert. Dieselben lockert die 25-Jährige auch per Massagen.
Highlight in ihrer Praxis ist allerdings das Wasserlaufband, über das nur wenige Physiotherapeuten verfügen würden, sagt Nadine Titiz. Nach Operationen sei dieses ideal, um die Muskulatur des Hundes wieder aufzubauen, aber auch für ältere Vierbeiner sei die Bewegung im Wasser eine Wohltat. Die Geschwindigkeit des Laufbandes, die Wasserhöhe, die Trainingsdauer und auch die Trainingsintensität könnten je nach Patient individuell reguliert werden.
Nouk spielt Versuchskaninchen
Einer der Ersten, der vor der Eröffnung der Praxis das Wasserlaufband testen darf, ist der siebenjährige Rüde Nouk, ein wichtiges Mitglied in der Familie von Nadine Titiz. Unterm Strich ist der Border Collie, der regelmäßig von seiner Besitzerin behandelt und massiert wird, noch fit. Lediglich Rückenprobleme machten ihm zu schaffen. Ein Patient ist auch der 16 Jahre alte Border Collie Bandit, der mit drei weiteren Hunden im Haus der Eltern von Nadine Titiz lebt. Angesichts seiner fortgeschrittenen Arthrose sei die Behandlung im Wasser eine Erleichterung.
Die 25-Jährige weiß, wovon sie spricht. Ihre Fachkenntnisse, die auf Nachfragen am laufenden Band nur so aus ihr heraussprudeln, sind enorm. Ihre Erklärungen veranschaulicht sie am Skelettmodell eines Hundes. Aufschluss über dessen Myologie, Osteologie
sagt Nadine Titiz.
und Organe geben auch Zeichnungen, die an der Wand hängen. Jede Rasse habe so ihre eigenen Probleme, sagt Nadine Titiz. Größere Hunde neigten zu Hüftdysplasie und Problemen in der Schulter, kleinere Hunde hätten Probleme mit der sogenannten Patellaluxation, bei der salopp formuliert die Kniescheibe herausspringt.
Eine Diagnose zu stellen, sei immer schwierig. Deshalb sei die Zusammenarbeit mit Tierärzten wichtig. „Wenn ich mir nicht sicher bin, schicke ich die Besitzer dorthin oder in die Klinik, um per Röntgenbild den Befund abzuklären.“Umgekehrt würden Ärzte und Kliniken den Halter unter anderem nach Operationen zur Behandlung wieder zu ihr schicken.
„Jede Rasse hat so ihre eigenen Probleme“,
Weitere Fortbildung folgt
Dass mit der Eröffnung ihrer Praxis das Hin- und Herfahren zu den Kunden ein Ende hat, freut die 25-Jährige. Von zu Hause zu arbeiten, habe auch den Vorteil, dass sie für den einjährigen Sohn Ilay und die zweieinhalb Jahre alte Malia da sein und sich nebenher der Fortbildung zum Sporthundephysiotherapeut widmen kann.
Die Entscheidung, sich mit einer Praxis selbstständig zu machen, bereue Nadine Titiz nicht. Auf diese Weise könne sie Hunden auf ihre Art helfen und vielleicht einen Teil dazu beitragen, dass diese noch lange schmerzfrei durchs Leben gehen.