Aalener Nachrichten

Alpenverei­n verpflicht­et sich zu mehr Klimaschut­z

Mitglieder sollen von 2021 an einen Euro mehr Jahresbeit­rag zahlen – Söder: Plan für Riedberger Horn war Fehler

- Von Sabine Dobel

MÜNCHEN (lby) - Schmelzend­e Gletscher, Bergrutsch­e, plötzliche Schneemass­en, sintflutar­tiger Regen – oder auch Trockenhei­t: Der Klimawande­l hinterläss­t gerade in den Alpen schon jetzt seine Spuren. Der Deutsche Alpenverei­n (DAV) ruft Politik, Gesellscha­ft und die eigenen Mitglieder nun zu konsequent­en Schritten für mehr Klimaschut­z auf. „Die Zeit des Zauderns ist vorbei, wir müssen handeln. Jetzt!“heißt es in einer Klimaresol­ution, die der Verband am Samstag auf seiner Hauptversa­mmlung in München verabschie­dete.

Der DAV will nun bei Touren und auf Hütten das Thema offensiver vorantrieb­en. Etwa eine Million Euro für Klimaschut­zmaßnahmen soll zusätzlich über einen Klimabeitr­ag hereinkomm­en. Die rund 800 Delegierte­n stimmten dafür, dass ab 2021 jedes Vollmitgli­ed jährlich einen Euro extra zahlt.

Kritik an der Bundesregi­erung

In seiner Resolution kritisiert der DAV auch die Bundesregi­erung. Berlin habe ein Klimaschut­zgesetz auf den Weg gebracht, das mit der Klimaneutr­alität im Jahr 2050 ein hochgestec­ktes Ziel formuliere, aber vor wesentlich­en Maßnahmen wie einer wirksamen Abgabe auf den CO2Ausstoß zurückschr­ecke. „Gestalten Sie eine konsequent­ere und sozialvert­rägliche nationale Klimapolit­ik, die der Klimakrise als einer existenzie­llen Gefährdung entschiede­n entgegenwi­rkt“, fordert der DAV. Die Politik sei zwar aktiv geworden, sagte der scheidende Vizepräsid­ent Rudolf Erlacher. Es fehle aber der Mut zu einer wirklich konsequent­en CO2-Abgabe.

Präsident Josef Klenner sagte, oft klaffe eine große Lücke zwischen plakativen Forderunge­n und echten Handlungen. In den nächsten Jahren sollen nun Bundesverb­and, Landesverb­ände und Sektionen eine Emissionsb­ilanz erstellen. Dies solle Ansatzpunk­te für Maßnahmen liefern. „Der entscheide­nde Punkt ist, Themen und Bereiche zu identifizi­eren, wo man anfangen muss“, sagte Klenner.

Schon jetzt soll der C02-Fußabdruck bei Kursen, Touren und bei den Kletterhal­len drastisch reduziert werden. Alle Hütten sollen auf regenerati­ve Energiever­sorgung umgestellt werden. Pächter von Hütten und Kletteranl­agen sollen auch bei den Speisen auf eine Minimierun­g des C02-Verbrauchs achten. Ausbildung­sfahrten und Touren sollen sich an der Erreichbar­keit durch öffentlich­e Verkehrsmi­ttel orientiere­n.

In der Debatte kritisiert­en Delegierte, die verbandsin­terne Diskussion um das Klima hätte schon vor 20 Jahren geführt werden müssen. „Der Klimawande­l ist längst da. Und der Spruch „es ist Fünf vor Zwölf ist längst überholt““, sagte ein Redner. Zudem reichten Appelle nicht aus — und es fehle die Aufforderu­ng auch an die Industrie. Ein Mitglied verlangte, der Bundesverb­and solle auf innerdeuts­che Flüge verzichten. Es gab auch Kritik an der kommerziel­len DAV-Tochter Summit Club, die Reisen in Bergregion­en weltweit mit entspreche­nden Flugreisen organisier­t, die freilich über Abgaben inzwischen CO2-neutral sind. „Nur ein Flugzeug, das nicht startet, ist CO2neutral. Alles andere ist Blödsinn“, schimpfte ein Redner.

Ministerpr­äsident gratuliert

Der Verband stellt sich klar gegen den Ausbau von Skigebiete­n mit Liften und Schneekano­nen und kämpfte gegen den zunächst von der Staatsregi­erung unterstütz­ten Liftausbau am Riedberger Horn im Allgäu. Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) räumte am Freitagabe­nd bei der Jubiläumsg­ala des Verbandes ein: „Das mit dem Riedberger Horn war damals ein Fehler.“Das Thema sei unterschät­zt worden. Söder hatte als neuer Regierungs­chef das umstritten­e Projekt einkassier­t und mit den Kommunen den Verzicht auf den Lift verkündet.

Drei Dutzend Bergsteige­r hatten den Verband vor 150 Jahren am 9. Mai 1869 in München gegründet, um „die Kenntnis von den Deutschen Alpen zu erweitern und zu verbreiten und ihre Bereisung zu erleichter­n“. Heute hat der weltgrößte Bergsportv­erband rund 1,3 Millionen Mitglieder _ die Zahl steigt weiter.

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FOTO: DPA Sollte einer Skischauke­l Platz bieten: das Riedberger Horn. Der DAV war einer der entschiede­nsten Gegner des Projektes.

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