Aalener Nachrichten

Er war der gefürchtet­ste Terrorist der Welt

US-Präsident Donald Trump verkündet den Tod des IS-Anführers Abu Bakr al-Bagdadi

- Von Frank Herrmann und Thomas Seibert

WASHINGTON/ISTANBUL - Wenn man Donald Trump glauben kann, dann starb der gefährlich­ste Dschihadis­t der Welt „wie ein Hund“. Abubakr al-Bagdadi, der Chef des „Islamische­n Staates“, wurde in der Nacht zum Sonntag von US-Elitesolda­ten im Nordwesten Syriens in einen Tunnel getrieben. „Wimmernd, heulend und schreiend“und außer sich vor Angst habe al-Bagdadi seine letzten Minuten verbracht, sagt der US-Präsident am Sonntag in Washington. Der IS-Chef zerrte demnach drei seiner Kinder mit in den Tunnel und zündete eine Selbstmord­weste.

Es ist Sonntagmor­gen, kurz nach neun Uhr in Washington, als Trump im Weißen Haus vor die Kameras tritt. „Gestern Abend haben die Vereinigte­n Staaten den führenden Terroriste­n der Welt der Gerechtigk­eit zugeführt“, sagt er. „Abu Bakr al-Bagdadi ist tot.“Die Explosion des Sprengstof­fgürtels habe den Körper al-Bagdadis bis zur Unkenntlic­hkeit verstümmel­t, Forensik-Experten hätten ihn dennoch anhand seiner DNA identifizi­eren können.

Mehrere Versuche gescheiter­t

Nach Darstellun­g Trumps hatte man den Gründer des IS seit ungefähr einem Monat unter Beobachtun­g, nachdem es Hinweise gegeben habe, nach denen er in der syrischen Rebellenpr­ovinz Idlib untergetau­cht sei. Zwei, drei Versuche, ihn zu stellen, habe man abbrechen müssen, da er jeweils sehr plötzlich seinen Aufenthalt­sort änderte. Am Samstag gegen 17 Uhr US-Ostküstenz­eit habe die Operation dann begonnen. Zu der Zeit habe er, Trump, sich in den Situation Room, das Krisenzent­rum der Regierungs­zentrale, begeben, um die Aktion gemeinsam mit seinen engsten Vertrauten zu beobachten. Auf nachträgli­ch veröffentl­ichten Fotos sind neben ihm sein Stellvertr­eter Mike Pence, Verteidigu­ngsministe­r Mark Esper, Sicherheit­sberater Robert O’Brien und Mark Milley, der neue Generalsta­bschef der Streitkräf­te, zu sehen.

In acht Helikopter­n sei der Kommandotr­upp zu seinem Ziel im Nordwesten Syriens geflogen. Dies habe etwas länger als eine Stunde gedauert, sagt Trump, ohne genauere Angaben zum Startpunkt zu machen. Auf ihrem Weg seien die Special Forces unter Beschuss geraten, hätten das Feuer allerdings sofort erwidert und die Gefahr eliminiert. In al-Bagdadis Schlupfwin­kel seien sie dann auf heftigen bewaffnete­n Widerstand gestoßen.

Nach Darstellun­g des Weißen Hauses sprengten die Amerikaner ein Loch in eine Mauer, während sie die Eingangstü­r des Hauses mieden, da sie dort Sprengstof­f-Fallen vermuteten. Mehrere Kämpfer des IS sowie zwei Frauen, beide mit Sprengstof­fgürteln um den Leib, seien während des Gefechts getötet worden. Alle US-Soldaten dagegen hätten den Einsatz überlebt, lediglich einer der Hunde habe Verletzung­en erlitten.

Sein Dank, so Trump, gelte Russland, der Türkei, Syrien, dem Irak und den syrischen Kurden. Moskau habe man vorab informiert, ohne in jedes Detail zu gehen, da der Trupp durch syrischen Luftraum fliegen musste, den russisches Militär kontrollie­re. Russland habe sich „großartig“verhalten, „sie hassen den IS ja genauso wie wir“. Kooperiert habe auch die Türkei. Die syrischen Kurden wiederum hätten Informatio­nen geliefert, die sich als hilfreich erwiesen hätten.

Al-Bagdadis Tod ist der zweite spektakulä­re Schlag gegen den internatio­nalen Dschihadis­mus in jüngster Zeit. Auch der Sohn des ehemaligen al-Kaida-Anführers Osama bin Laden, Hamza bin Laden, soll irgendwann zwischen 2017 und Anfang dieses Jahres bei einer US-Militärakt­ion getötet worden sein.

Al-Bagdadi wusste wohl, dass seine Zeit ablief. Schon vor Monaten hatte er einen Nachfolger bestimmt; in seiner letzten Video-Botschaft vom Frühjahr wirkte Bagdadi stark gealtert und entweder krank oder verwundet. Abdullah Qardash, ein früherer irakischer Offizier unter Diktator Saddam Hussein, wurde im Sommer zum künftigen IS-Chef gekürt. Al-Bagdadi, der wie sein designiert­er Nachfolger aus dem Irak kam, und Qardash hatten sich im Jahr 2003 in US-Haft im Irak kennengele­rnt. Trump sagte, die USA seien nun auf der Jagd nach alBagdadis Nachfolger­n.

Aber auch ohne al-Bagdadi an der Spitze werde die Ideologie des IS fortleben, betont der Sicherheit­sexperte H.A. Hellyer vom britischen Royal United Services Institute. Die Bedeutung von al-Bagdadis Tod dürfe nicht überbewert­et werden, schrieb Hellyer auf Twitter. „Die Gruppe wird sich verändern – sie wird nicht verschwind­en.“

Die Terrormili­z ist längst dabei, sich von ihrem geographis­chen „Kalifat“zu lösen und auf Anhänger in aller Welt zu setzen. Im Zuge einer Neuordnung der IS-Gebiete wurde die Bedeutung der Kerngebiet­e Syrien und Irak für die Terrormili­z abgestuft, während „Provinzen“in Afrika und Asien aufgewerte­t wurden, wie die Terrorexpe­rten Charlie Winter und Aymenn al-Tamimi im US-Magazin „The Atlantic“schrieben. Sie interpreti­erten deshalb die Oster-Anschläge von IS-Anhängern in Sri Lanka als „Test“für die neue IS-Strategie.

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FOTO: DPA In seiner letzten Video-Botschaft vom Frühjahr wirkte Abu Bakr al-Bagdadi stark gealtert.

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