Geld verteilen – Risiko senken
Mit Investmentfonds lässt sich die Gefahr von Verlusten reduzieren
STUTTGART - „Eintracht macht stark“nannte der niederländische Bankier Abraham van Ketwich sein im Jahr 1774 entwickeltes Finanzinstrument, das als erster Investmentfonds der Welt in die Geschichte des Kapitalmarkts eingehen sollte. Dabei legte er in den Anlagerichtlinien seines Fonds genau fest, dass das Geld, das van Ketwich dafür einsammelte, vorwiegend in Europa, den niederländischen Kolonien und in Mittelsowie Südamerika investiert werden sollte – insgesamt in mindestens 2000 Anleihen. Damit begründete van Ketwich das Prinzip der Risikostreuung, das bis heute für offene Investmentfonds typisch ist.
Denn auf diese Weise kann das Geld auf verschiedene Wertpapiere oder Objekte verteilt und die Verlustgefahr für den einzelnen Sparer gesenkt werden. Nachdem ein Fonds, der eine gemeinschaftliche Kapitalanlage darstellt, von einer Fonds- oder Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) aufgesetzt ist, können Anleger davon Anteile erwerben und auch wieder verkaufen. „In Investmentfonds bündeln viele Sparer ihr Geld und investieren so schon mit kleinen Beträgen risikogestreut in unterschiedliche Branchen, Regionen, Aktien-, Anleihe- und Immobilienmärkte“, sagt
Frank Bock, Experte des deutschen Fondsverbands BVI. Damit beherzigen die Sparer automatisch die alte Anlageweisheit, wonach man niemals alle Eier in einen
Korb legen sollte – selbst wenn sie nur in einen einzigen Fonds investieren sollten.
Entsprechend ihrer Einzahlung erhalten die Sparer Anteilscheine von der Fondsgesellschaft, die in einem Wertpapierdepot bei der Hausbank oder einer unabhängigen Depotbank aufbewahrt werden. Das von allen Anlegern gebündelte Geld versuchen Fondsmanager dann möglichst gewinnbringend anzulegen – und zwar nach einer vorher festgelegten Anlagestrategie in Anleihen, Aktien oder Immobilien, so wie es van Ketwich einst vorgemacht hatte. Der Sparer muss also von nun an selbst keine weiteren Anlageentscheidungen mehr treffen. Vielmehr verwalten die Fondsmanager den Fonds für ihn und treffen Entscheidungen im Interesse des Anlegers. Die erwirtschafteten Erträge fließen schließlich an den Anleger zurück. Dabei unterscheidet man zwei Varianten. Da sind zum einen jene Fonds, die Erträge, etwa Dividenden aus den enthaltenden Aktien, ausschütten. Und da gibt es zum anderen sogenannte thesaurierende Fonds, die ihre Erträge ansammeln und im Fondsvermögen neu anlegen.
Für den Anleger ist es wichtig zu wissen, dass ein offener Investmentfonds, dem er sein Geld anvertraut, als sogenanntes Sondervermögen gilt. Das heißt, bei einer eventuellen Pleite der KGV fließt das Geld der Anleger nicht in die Konkursmasse ein, um damit andere Gläubiger auszubezahlen. Auch die KGV selbst hat keinen Zugriff auf die Mittel, weshalb das Sondervermögen bei einer unabhängigen Depotbank verwahrt wird. „Das Geld gehört selbst im Fall einer Insolvenz der Fondsgesellschaft oder der Verwahrstelle weiterhin den Anlegern“, sagt Bock vom BVI. Damit entfällt ein beträchtlicher Teil des Risikos.
Mit Ausnahme von offenen Immobilienfonds können Fondsanteile in der Regel jederzeit verkauft werden. Damit stellt ein Fondsinvestment eine äußerst liquide Anlageform dar. „Sparer kommen regelmäßig – in den meisten Fällen täglich – an ihr Geld“, erläutert BVI-Experte Bock. Derzeit gibt es in Deutschland rund 8000 offene Publikumsfonds, in die die Sparer insgesamt rund 1,1 Billionen Euro gesteckt haben. Davon werden 2800 an der Frankfurter Wertpapierbörse gehandelt. Zu beachten ist der Unterschied zwischen offenen und geschlossenen Fonds. Letztere dienen in der Regel der Finanzierung eines einzigen Anlageobjekts wie etwa einem Einkaufszentrum. Sobald das Anlagevolumen des Fonds erreicht ist, können Anleger keine weiteren Anteile erwerben. Anteile an geschlossenen Fonds verfügen über wenig Liquidität und ein Austritt vor Ende der Fondslaufzeit (meist mehrere Jahre) ist teuer oder gar unmöglich.
Geschlossene Fonds sind auch nicht als Sondervermögen angelegt. Sollte sich das Anlageobjekt also als Fehler erweisen, kann das investierte Geld verloren gehen. Hinzu kommt ein weiterer Aspekt, der insbesondere unerfahrene Anleger zur Vorsicht mahnen sollte: „Geschlossene Fonds werden nur wegen der hohen Provision verkauft, nicht weil es Geldanlagen sind, die zum Vermögensaufbau geeignet wären“, wie Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg sagt.