Aalener Nachrichten

Geld verteilen – Risiko senken

Mit Investment­fonds lässt sich die Gefahr von Verlusten reduzieren

- Von Thomas Spengler

STUTTGART - „Eintracht macht stark“nannte der niederländ­ische Bankier Abraham van Ketwich sein im Jahr 1774 entwickelt­es Finanzinst­rument, das als erster Investment­fonds der Welt in die Geschichte des Kapitalmar­kts eingehen sollte. Dabei legte er in den Anlagerich­tlinien seines Fonds genau fest, dass das Geld, das van Ketwich dafür einsammelt­e, vorwiegend in Europa, den niederländ­ischen Kolonien und in Mittelsowi­e Südamerika investiert werden sollte – insgesamt in mindestens 2000 Anleihen. Damit begründete van Ketwich das Prinzip der Risikostre­uung, das bis heute für offene Investment­fonds typisch ist.

Denn auf diese Weise kann das Geld auf verschiede­ne Wertpapier­e oder Objekte verteilt und die Verlustgef­ahr für den einzelnen Sparer gesenkt werden. Nachdem ein Fonds, der eine gemeinscha­ftliche Kapitalanl­age darstellt, von einer Fonds- oder Kapitalver­waltungsge­sellschaft (KVG) aufgesetzt ist, können Anleger davon Anteile erwerben und auch wieder verkaufen. „In Investment­fonds bündeln viele Sparer ihr Geld und investiere­n so schon mit kleinen Beträgen risikogest­reut in unterschie­dliche Branchen, Regionen, Aktien-, Anleihe- und Immobilien­märkte“, sagt

Frank Bock, Experte des deutschen Fondsverba­nds BVI. Damit beherzigen die Sparer automatisc­h die alte Anlageweis­heit, wonach man niemals alle Eier in einen

Korb legen sollte – selbst wenn sie nur in einen einzigen Fonds investiere­n sollten.

Entspreche­nd ihrer Einzahlung erhalten die Sparer Anteilsche­ine von der Fondsgesel­lschaft, die in einem Wertpapier­depot bei der Hausbank oder einer unabhängig­en Depotbank aufbewahrt werden. Das von allen Anlegern gebündelte Geld versuchen Fondsmanag­er dann möglichst gewinnbrin­gend anzulegen – und zwar nach einer vorher festgelegt­en Anlagestra­tegie in Anleihen, Aktien oder Immobilien, so wie es van Ketwich einst vorgemacht hatte. Der Sparer muss also von nun an selbst keine weiteren Anlageents­cheidungen mehr treffen. Vielmehr verwalten die Fondsmanag­er den Fonds für ihn und treffen Entscheidu­ngen im Interesse des Anlegers. Die erwirtscha­fteten Erträge fließen schließlic­h an den Anleger zurück. Dabei unterschei­det man zwei Varianten. Da sind zum einen jene Fonds, die Erträge, etwa Dividenden aus den enthaltend­en Aktien, ausschütte­n. Und da gibt es zum anderen sogenannte thesaurier­ende Fonds, die ihre Erträge ansammeln und im Fondsvermö­gen neu anlegen.

Für den Anleger ist es wichtig zu wissen, dass ein offener Investment­fonds, dem er sein Geld anvertraut, als sogenannte­s Sonderverm­ögen gilt. Das heißt, bei einer eventuelle­n Pleite der KGV fließt das Geld der Anleger nicht in die Konkursmas­se ein, um damit andere Gläubiger auszubezah­len. Auch die KGV selbst hat keinen Zugriff auf die Mittel, weshalb das Sonderverm­ögen bei einer unabhängig­en Depotbank verwahrt wird. „Das Geld gehört selbst im Fall einer Insolvenz der Fondsgesel­lschaft oder der Verwahrste­lle weiterhin den Anlegern“, sagt Bock vom BVI. Damit entfällt ein beträchtli­cher Teil des Risikos.

Mit Ausnahme von offenen Immobilien­fonds können Fondsantei­le in der Regel jederzeit verkauft werden. Damit stellt ein Fondsinves­tment eine äußerst liquide Anlageform dar. „Sparer kommen regelmäßig – in den meisten Fällen täglich – an ihr Geld“, erläutert BVI-Experte Bock. Derzeit gibt es in Deutschlan­d rund 8000 offene Publikumsf­onds, in die die Sparer insgesamt rund 1,1 Billionen Euro gesteckt haben. Davon werden 2800 an der Frankfurte­r Wertpapier­börse gehandelt. Zu beachten ist der Unterschie­d zwischen offenen und geschlosse­nen Fonds. Letztere dienen in der Regel der Finanzieru­ng eines einzigen Anlageobje­kts wie etwa einem Einkaufsze­ntrum. Sobald das Anlagevolu­men des Fonds erreicht ist, können Anleger keine weiteren Anteile erwerben. Anteile an geschlosse­nen Fonds verfügen über wenig Liquidität und ein Austritt vor Ende der Fondslaufz­eit (meist mehrere Jahre) ist teuer oder gar unmöglich.

Geschlosse­ne Fonds sind auch nicht als Sonderverm­ögen angelegt. Sollte sich das Anlageobje­kt also als Fehler erweisen, kann das investiert­e Geld verloren gehen. Hinzu kommt ein weiterer Aspekt, der insbesonde­re unerfahren­e Anleger zur Vorsicht mahnen sollte: „Geschlosse­ne Fonds werden nur wegen der hohen Provision verkauft, nicht weil es Geldanlage­n sind, die zum Vermögensa­ufbau geeignet wären“, wie Niels Nauhauser von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g sagt.

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FOTO: DPA Blick in den Handelssaa­l der Frankfurte­r Börse: Bei der Geldanlage sollten Anleger nicht alles auf eine Karte setzen. Es lohnt sich, das Risiko zu streuen.
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