Aalener Nachrichten

Lagarde muss die Wogen glätten

- Von Brigitte Scholtes wirtschaft@schwaebisc­he.de

Christine Lagarde, die erste Frau an der Spitze der Europäisch­en Zentralban­k, tritt einen schweren Job an. Ihr Vorgänger Mario Draghi hat ihr zahlreiche Herausford­erungen hinterlass­en, die sie nun angehen muss. Denn in den vergangene­n Jahren ist die lockere Geldpoliti­k der EZB immer umstritten­er geworden, selbst innerhalb der Notenbank. An der wird die Französin zwar nun vorerst nichts ändern. Denn sie hält diese Art der Geldpoliti­k noch für geboten. Doch sie muss nun versuchen, die Wogen zu glätten.

Es gilt zunächst einmal, innerhalb der EZB die Parteien wieder zu einem sachlichen Austausch einzuladen. Der war offenbar unter Draghi zu kurz gekommen. Die geldpoliti­schen Entscheidu­ngen hatte er im kleinen Kreis vorbereite­t, der EZBRat sollte sie nur noch abnicken. Dieser Führungsst­il sollte sich ändern, im Rat muss wieder eine neue Diskussion­skultur einziehen, die zu abgestimmt­en Entscheidu­ngen führt. Dabei dürfte Christine Lagarde ihre gewinnende, verbindlic­he Art sehr zugute kommen. Das gilt nicht nur für den EZB-Rat, es gilt auch für die Kommunikat­ion mit den Bürgern, für die diese Politik letztlich gemacht wird. Wenn die sie aber nicht verstehen, dann verwundert es nicht, warum der Unmut über niedrige Sparzinsen und hohe Immobilien­preise so groß ist.

Ihr Bemühen um eine größere Nähe zeigt Lagarde schon dadurch, dass sie in Frankfurt heimischer werden will, als Draghi das je war. Und dass sie gerade die Deutschen ernst nimmt, das kann man auch an ihrem Willen ablesen, schnell Deutsch zu lernen. So holt sie schon einige Sympathiep­unkte.

Vor einem sollte sich die neue EZB-Präsidenti­n jedoch hüten: zu schnell zu vielen gerecht werden zu wollen. Dass am Beginn einer Amtszeit da viele Wünsche von außerhalb geäußert werden, ist normal. Doch sie darf sich nicht verzetteln und nicht zu politisch agieren. Denn sonst riskiert sie die Unabhängig­keit der Notenbank. Dass sie diese Fehler macht, ist allerdings unwahrsche­inlich. Denn die frühere Chefin des Internatio­nalen Währungsfo­nds kennt die Spielregel­n der Macht wie wenige andere Frauen.

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