Die Grundrente als gordischer Knoten
Bedürftigkeitsprüfung umstritten - Die neue Sozialleistung soll nicht mehr als zwei Milliarden kosten
BERLIN - Im Koalitionsvertrag ist die Grundrente vereinbart. Wörtlich heißt es: „Wir honorieren Lebensleistung und bekämpfen Altersarmut: Einführung einer Grundrente zehn Prozent über der Grundsicherung für alle, die ein Leben lang (35 Jahre) gearbeitet haben, unter Einbeziehung von Kindererziehungs- und Pflegezeiten.“Und weiter: „Voraussetzung für den Bezug der ,Grundrente‘ ist eine Bedürftigkeitsprüfung entsprechend der Grundsicherung.“
Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus wollte auf den Vereinbarungen des Koalitionsvertrags bestehen. Die
SPD aber lehnt diese Bedürftigkeitsprüfung ab. Darüber wird nun seit Monaten gestritten. Der jahrelange Streit um eine Rentenaufstockung, die schon Ursula von der Leyen als „Lebensleistungsrente“einführen wollte, ist deswegen noch immer nicht beendet.
SPD-Fraktionsvize Katja Mast macht geltend, dass eine Bedürftigkeitsprüfung im Rentensystem nicht vorgesehen ist. Unionsvertreter wie der Abgeordnete Philipp Amthor (CDU) halten dagegen, dass man nicht Beiträge der Versicherten nehmen könne, „um eine Grundrente an Leute auszuschütten, die sie gar nicht brauchen“.
Jetzt könnte es darauf hinauslaufen, dass das Einkommen der Grundrentenbezieher geprüft wird, nicht aber deren Vermögen wie selbst genutzte Immobilien. Die Gesamtkosten sollen dadurch unter zwei Milliarden Euro bleiben.
Nach dem ursprünglichen Plan des Ministeriums von Hubertus Heil (SPD) sollten drei bis vier Millionen Menschen von der Grundrente profitieren. Das hätte rund 3,8 Milliarden Euro pro Jahr gekostet. 2017 haben aber nur 421 000 Personen ergänzend zur Rente Leistungen der Grundsicherung bezogen. Von den Versicherten, die mehr als 35 Versicherungsjahre aufweisen, beziehen nach dem
Alterssicherungsbericht der Bundesregierung von 2016 nur ein Prozent Leistungen der Grundsicherung.
Für die SPD muss spätestens bis zu ihrem Parteitag Anfang Dezember eine Einigung da sein, denn dann will sie die Halbzeitbilanz der Großen Koalition bewerten. „Es ist kein Geheimnis, dass die Grundrente und das Klimapaket zwei sehr wichtige Vorhaben für die Halbzeitbilanz der Bundesregierung sind“, sagt SPD-Fraktionsvize Katja Mast der „Schwäbischen Zeitung“. „Uns von der SPD geht es darum, dass Menschen, die 35 Jahre Beiträge in die Rente geleistet haben, nicht wie Bittsteller in der Sozialhilfe behandelt werden.“