Verdacht auf Missbrauch eigener Kinder
Während die Ermittler Daten auswerten, wird der Ruf nach höheren Strafen laut
KÖLN/BERGISCH GLADBACH (dpa) Im Fall des sexuellen Missbrauchs eigener Kinder und Stiefkinder durch mehrere Männer geht die Staatsanwaltschaft Köln von langwierigen Ermittlungen aus. Mit Verweis auf die gefundene Datenmenge von etwa drei Terabyte sprach der Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer am Freitag von aufwendigen Ermittlungen, die sich voraussichtlich über einen längeren Zeitraum erstrecken werden.
Ein vierter Haftbefehl wurde erlassen. Ein Festgenommener aus Langenfeld, der am Donnerstag dem Haftrichter vorgeführt wurde, sitze nun in Untersuchungshaft, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Düsseldorf, Britta Zur.
Nach dem massenhaften Fund von kinderpornografischem Material in einer Wohnung in Bergisch Gladbach waren vier Verdächtige wegen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs festgenommen worden. Sie sollen mindestens sechs Kinder im Alter bis zu zehn Jahren missbraucht haben, wie die Kölner Ermittler am Donnerstag zu dem Fall mitgeteilt hatten. Das jüngste Opfer sei noch nicht einmal ein Jahr alt. Es handele sich um die Kinder oder Stiefkinder der Verdächtigen.
Beamte hatten die Wohnung eines 42-Jährigen in Bergisch Gladbach wegen des Verdachts der Kinderpornografie durchsucht. Beim Auswerten des sichergestellten Materials fanden sich Hinweise darauf, dass der Deutsche in seiner Wohnung Kinder missbraucht, die Taten gefilmt und weiterverbreitet habe. Außerdem führten Spuren zu den drei weiteren Verdächtigen.
Drei Haftbefehle waren bereits erlassen worden gegen den Mann in Bergisch Gladbach sowie zwei Männer, die im Raum Wesel sowie bei Wiesbaden festgenommen wurden.
Hinweise, dass es in dem Fall noch weitere Täter gebe, lägen derzeit nicht vor, wie der Kölner Oberstaatsanwalt Bremer der Deutschen Presse-Agentur sagte. „Wir werten jetzt diese Daten aus und wenn sich Hinweise auf weitere Täter ergeben sollten, werden wir diesen nachgehen“, erklärte er.
Nach dem Bekanntwerden der Tatvorwürfe hat die Deutsche Kinderhilfe das Bundesjustizministerium aufgefordert, die Höchststrafen für Kindesmissbrauch zu erhöhen. „Was den Kinderschutz angeht, bin ich bislang schwer enttäuscht von unserer Bundesjustizministerin“, sagte der Vorstandsvorsitzende Rainer Becker. Im Juni hatten die Innenminister der Länder die Bundesregierung
gebeten, die Mindeststrafe für sexuellen Missbrauch von Kindern und für Straftaten im Bereich Kinderpornografie auf ein Jahr anzuheben.
Die Höchststrafe für den Besitz von Kinderpornografie sollte nach dem Willen der Innenminister von drei auf fünf Jahre erhöht werden, die für das Verbreiten von Kinderpornografie von fünf auf zehn Jahre. „Bis heute hat es aus dem Bundesjustizministerium keine erkennbare Reaktion auf den Beschluss der Innenministerkonferenz gegeben“, kritisierte die Deutsche Kinderhilfe. Eine Sprecherin des Justizministeriums sagte am Freitag, es werde laufend geprüft, wie diese schweren Straftaten noch effektiver verfolgt werden könnten.
Den gegenwärtigen Strafrahmen von bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe für Kindesmissbrauch sehe das Ministerium jedoch „als angemessen an“.
Die Ermittlungen im Bereich Kinderpornografie sind nach Erfahrungen eines Seelsorgers beim LKA Nordrhein-Westfalen besonders belastend für Polizisten. „Die Tonspur ist für die meisten kaum auszuhalten. Man kennt das aus Filmen. Allein schreiende oder weinende Stimmen können einen stark mitnehmen. So ist das hier auch. Die Bilder zu sehen ist eine Sache. Aber die Tonspur belastet die Ermittler stark“, sagte Dietrich Bredt-Dehnen. 95 Prozent der Polizisten sagten demnach, dass sie diese Arbeit auf keinen Fall machen würden.