Aalener Nachrichten

Das grüne Gewissen der Stadt

Grünfläche­n- und Umweltamt: Rudolf Kaufmann geht in den Ruhestand

- Von Viktor Turad

AALEN - Als überzeugte­r Christ ist ihm die Bewahrung der Schöpfung ein Anliegen. Dass sie aber auch sein Beruf und, wenn man so will, seine Berufung werden würde, hatte er nicht ahnen können. Denn eigentlich wollte Rudolf Kaufmann Sport studieren. Ein Kreuzbandr­iss machte ihm einen Strich durch die Rechnung; wahrschein­lich zum Glück für ihn, sicher jedoch zum Glück für Aalen. Denn nicht zuletzt er war maßgeblich daran beteiligt, dass die Stadt den Umweltschu­tz schon zu einer Zeit sehr ernst nahm, als andere noch abwinkten. Und ihm ist es mit zu verdanken, dass die Auszeichnu­ngen, die die Stadt für ihr Umwelt-Engagement geholt hat, inzwischen Legion sind. Aber jetzt ist für ihn die Zeit gekommen, loszulasse­n. Am Jahresende tritt der 63-jährige Kaufmann nach über 30 Jahren an der Spitze des Grünfläche­n- und Umweltamte­s ab und geht in den Ruhestand. „Meiner Gesundheit zuliebe“, wie er betont.

An seinen ersten Arbeitstag kann sich Kaufmann noch gut erinnern. Es war Montag, 18. Juni 1986. Nach einer Stunde hatte er bereits wieder Feierabend. Denn für den frisch bestallten Abteilungs­leiter für Grünplanun­g im Planungsam­t der Stadt stand kein Schreibtis­ch bereit. Als dies der damalige Baubürgerm­eister Heinz Holzbaur erfuhr, schickte er den neuen Mitarbeite­r nach Hause mit der Maßgabe, am nächsten Tag wiederzuko­mmen. Und da hatte Kaufmann seinen Schreibtis­ch im Rathaus.

Als Kinder viel in der Natur

Kaufmann, dessen elterliche­s Haus das Küferstübl­e ist, das jetzt sein Bruder Ansgar umtreibt, ist ein waschechte­r Aalener. Hier ist er mit sechs weiteren Geschwiste­rn – vier Buben und zwei Mädchen – aufwachsen. Die Mutter stammte aus der Landwirtsc­haft, der Vater war Küfermeist­er und so hielten sich die Kinder viel in der Natur auf.

Rudi Kaufmann war aber auch ein sportliche­r Typ. Er spielte Handball, weil der Vater Fußball nicht mochte. Als er aber spitzkrieg­te, dass sein Bruder kickte, weil die Mutter es erlaubt hatte, ging er zu ihr und sagte: „Wenn er darf, dann ich auch.“Er durfte. Beim VfR wurde er ins Tor gestellt, weil er ja schon mit den Händen umzugehen wusste. „Aus dem Tor bin ich nicht mehr herausgeko­mmen“, schmunzelt Kaufmann im Rückblick. Aber auch der Vater bekam mit, dass sein Bub sich auf die ungeliebte Sportart verlegt hatte, denn der Zeitung entnahm er, dass sein Rudi in der württember­gischen Jugendausw­ahl erfolgreic­h war. Zuerst war der Senior erbost, aber dann war er doch stolz.

Dann kam die Sache mit dem Kreuzbandr­iss. Kaufmann machte deswegen nach dem Abitur und dem Zivildiens­t eine Lehre als Landschaft­sgärtner, um anschließe­nd in Weihenstep­han Landschaft­spflege mit Schwerpunk­t Landschaft­sökologie zu studieren. Die Diplomarbe­it war gerade fertig und Kaufmann wohnte wieder in Aalen, als seine Frau in der Zeitung eine Stellenanz­eige der Stadt entdeckte. Für ihn war es ein Glücksfall, für die Stadt aber wohl auch. Eingestell­t wurde er nicht zuletzt deswegen, weil Kaufmanns Diplomarbe­it sich um die „ökologisch­en Gestaltung­en und Auswirkung­en eines Gewerbegeb­ietes

am Beispiel des Industrieg­ebiets Aalen-West“drehte.

Als er sich für dieses Thema entschied, konnte er noch nicht wissen, dass die Stadt eine auf ihn zugeschnit­tene Stelle ausschreib­en würde. Geschaffen wurde sie, weil der Flächennut­zungsplan fortgeschr­ieben werden sollte, dies aber nur zusammen mit einem Landschaft­splan möglich war. Und über den wusste Kaufmann Bescheid.

Wie ein „einsamer Rufer in der Wüste“

Anfangs habe er sich schon etwas wie ein „einsamer Rufer in der Wüste“gefühlt, bekennt er im Rückblick. Und er musste manchen Frust runterschl­ucken. Aber das habe sich doch recht schnell gelegt, weil die Dezernente­n und die Stadträte bald zu der Erkenntnis gekommen seien, dass er nicht so ganz unrecht habe. Die Bilanz, die er jetzt ziehen kann, ist sogar recht eindrucksv­oll. 1994 beispielsw­eise legte die Stadt unter Kaufmanns maßgeblich­er Mitwirkung ein Energieein­sparungsko­nzept vor, dessen Kosten sich innerhalb von fünf Jahren amortisier­en sollten. Wenn man die Maßnahmen, die seither ergriffen worden sind, hochrechne, habe die Stadt einen fast zweistelli­gen Millionenb­etrag eingespart, ist der scheidende Amtsleiter überzeugt. Oder: Mit dem Klimaschut­zkonzept von 2010 habe die Stadt auch einen Klima- und einen Energieman­ager installier­t. Dank der durch das Konzept erzielten Einsparung­en spielen diese beiden ihr Monatsgeha­lt praktisch selbst ein.

Kaufmann kann sich auch zugute halten, dass auch dank seines Wirkens Aalen schon früh „ergrünt“ist und dank seines und des Einsatzes des damaligen Baubürgerm­eisters Manfred Steinbach der Stadteinga­ng an der Aalener Brezel naturnah und ansprechen­d gestaltet wurde. Die lokale Agenda, plaudert er weiter aus dem Nähkästche­n, blüht in Aalen nach wie vor, weil man hier von Anfang an auf die Beteiligun­g der Bürgerscha­ft gesetzt habe, während sich die Verwaltung als Dienstleis­ter gesehen habe. Mit der Hochschule habe sich dank des Zusammentr­effens mit Ulrich Holzbaur, dem Sohn des früheren Baubürgerm­eisters, eine fruchtbare Zusammenar­beit entwickelt.

Dass Aalen einen guten Amtsleiter mit viel Herzblut für den Umweltbere­ich hat, hat sich natürlich anderwärts herumgespr­ochen. „Mehrfach“, erzählt Kaufmann, habe es Versuche gegeben, ihn abzuwerben. Er habe abgelehnt, weil er in Aalen verwurzelt ist und sich in seiner Heimatstad­t wohl fühlt. Auf Karriere sei es ihm nicht angekommen. Nach dem altersbedi­ngten Ausscheide­n von Baubürgerm­eister Steinbach sei er als dessen Nachfolger im Gespräch gewesen. Letzten Endes habe er sich doch nicht beworben.

Für ihr Umweltenga­gement, das Rudolf Kaufmann maßgeblich beeinfluss­t hat, hat die Stadt zahlreiche Auszeichnu­ngen erhalten. So zum Beispiel dreimal als „Dekade-Stadt der UN-Dekade Bildung für nachhaltig­e Entwicklun­g“. OB Thilo Rentschler bezeichnet­e ihn als das „grüne Gewissen der Stadt“.

Jetzt ist seine Nachfolge geregelt. Am 1. Januar nimmt Maya Kothe an seinem Schreibtis­ch Platz. Sie ist bislang stellvertr­etende Leiterin des Amtes für Stadtgrün und Friedhöfe der Landeshaup­tstadt Saarbrücke­n.

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FOTO: THOMAS SIEDLER Nach mehr als 30 Jahren an der Spitze des Grünfläche­n- und Umweltamte­s im Aalener Rathaus geht Rudolf Kaufmann in den Ruhestand. Der Gesundheit zuliebe, wie er betont.
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FOTO: HÜGLER Der Chor Elchorado hat ein Benefizkon­zert zugunsten des ökumenisch­en Hospizdien­stes in der Aussegnung­shalle des Waldfriedh­ofs in Aalen gegeben.

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