Das grüne Gewissen der Stadt
Grünflächen- und Umweltamt: Rudolf Kaufmann geht in den Ruhestand
AALEN - Als überzeugter Christ ist ihm die Bewahrung der Schöpfung ein Anliegen. Dass sie aber auch sein Beruf und, wenn man so will, seine Berufung werden würde, hatte er nicht ahnen können. Denn eigentlich wollte Rudolf Kaufmann Sport studieren. Ein Kreuzbandriss machte ihm einen Strich durch die Rechnung; wahrscheinlich zum Glück für ihn, sicher jedoch zum Glück für Aalen. Denn nicht zuletzt er war maßgeblich daran beteiligt, dass die Stadt den Umweltschutz schon zu einer Zeit sehr ernst nahm, als andere noch abwinkten. Und ihm ist es mit zu verdanken, dass die Auszeichnungen, die die Stadt für ihr Umwelt-Engagement geholt hat, inzwischen Legion sind. Aber jetzt ist für ihn die Zeit gekommen, loszulassen. Am Jahresende tritt der 63-jährige Kaufmann nach über 30 Jahren an der Spitze des Grünflächen- und Umweltamtes ab und geht in den Ruhestand. „Meiner Gesundheit zuliebe“, wie er betont.
An seinen ersten Arbeitstag kann sich Kaufmann noch gut erinnern. Es war Montag, 18. Juni 1986. Nach einer Stunde hatte er bereits wieder Feierabend. Denn für den frisch bestallten Abteilungsleiter für Grünplanung im Planungsamt der Stadt stand kein Schreibtisch bereit. Als dies der damalige Baubürgermeister Heinz Holzbaur erfuhr, schickte er den neuen Mitarbeiter nach Hause mit der Maßgabe, am nächsten Tag wiederzukommen. Und da hatte Kaufmann seinen Schreibtisch im Rathaus.
Als Kinder viel in der Natur
Kaufmann, dessen elterliches Haus das Küferstüble ist, das jetzt sein Bruder Ansgar umtreibt, ist ein waschechter Aalener. Hier ist er mit sechs weiteren Geschwistern – vier Buben und zwei Mädchen – aufwachsen. Die Mutter stammte aus der Landwirtschaft, der Vater war Küfermeister und so hielten sich die Kinder viel in der Natur auf.
Rudi Kaufmann war aber auch ein sportlicher Typ. Er spielte Handball, weil der Vater Fußball nicht mochte. Als er aber spitzkriegte, dass sein Bruder kickte, weil die Mutter es erlaubt hatte, ging er zu ihr und sagte: „Wenn er darf, dann ich auch.“Er durfte. Beim VfR wurde er ins Tor gestellt, weil er ja schon mit den Händen umzugehen wusste. „Aus dem Tor bin ich nicht mehr herausgekommen“, schmunzelt Kaufmann im Rückblick. Aber auch der Vater bekam mit, dass sein Bub sich auf die ungeliebte Sportart verlegt hatte, denn der Zeitung entnahm er, dass sein Rudi in der württembergischen Jugendauswahl erfolgreich war. Zuerst war der Senior erbost, aber dann war er doch stolz.
Dann kam die Sache mit dem Kreuzbandriss. Kaufmann machte deswegen nach dem Abitur und dem Zivildienst eine Lehre als Landschaftsgärtner, um anschließend in Weihenstephan Landschaftspflege mit Schwerpunkt Landschaftsökologie zu studieren. Die Diplomarbeit war gerade fertig und Kaufmann wohnte wieder in Aalen, als seine Frau in der Zeitung eine Stellenanzeige der Stadt entdeckte. Für ihn war es ein Glücksfall, für die Stadt aber wohl auch. Eingestellt wurde er nicht zuletzt deswegen, weil Kaufmanns Diplomarbeit sich um die „ökologischen Gestaltungen und Auswirkungen eines Gewerbegebietes
am Beispiel des Industriegebiets Aalen-West“drehte.
Als er sich für dieses Thema entschied, konnte er noch nicht wissen, dass die Stadt eine auf ihn zugeschnittene Stelle ausschreiben würde. Geschaffen wurde sie, weil der Flächennutzungsplan fortgeschrieben werden sollte, dies aber nur zusammen mit einem Landschaftsplan möglich war. Und über den wusste Kaufmann Bescheid.
Wie ein „einsamer Rufer in der Wüste“
Anfangs habe er sich schon etwas wie ein „einsamer Rufer in der Wüste“gefühlt, bekennt er im Rückblick. Und er musste manchen Frust runterschlucken. Aber das habe sich doch recht schnell gelegt, weil die Dezernenten und die Stadträte bald zu der Erkenntnis gekommen seien, dass er nicht so ganz unrecht habe. Die Bilanz, die er jetzt ziehen kann, ist sogar recht eindrucksvoll. 1994 beispielsweise legte die Stadt unter Kaufmanns maßgeblicher Mitwirkung ein Energieeinsparungskonzept vor, dessen Kosten sich innerhalb von fünf Jahren amortisieren sollten. Wenn man die Maßnahmen, die seither ergriffen worden sind, hochrechne, habe die Stadt einen fast zweistelligen Millionenbetrag eingespart, ist der scheidende Amtsleiter überzeugt. Oder: Mit dem Klimaschutzkonzept von 2010 habe die Stadt auch einen Klima- und einen Energiemanager installiert. Dank der durch das Konzept erzielten Einsparungen spielen diese beiden ihr Monatsgehalt praktisch selbst ein.
Kaufmann kann sich auch zugute halten, dass auch dank seines Wirkens Aalen schon früh „ergrünt“ist und dank seines und des Einsatzes des damaligen Baubürgermeisters Manfred Steinbach der Stadteingang an der Aalener Brezel naturnah und ansprechend gestaltet wurde. Die lokale Agenda, plaudert er weiter aus dem Nähkästchen, blüht in Aalen nach wie vor, weil man hier von Anfang an auf die Beteiligung der Bürgerschaft gesetzt habe, während sich die Verwaltung als Dienstleister gesehen habe. Mit der Hochschule habe sich dank des Zusammentreffens mit Ulrich Holzbaur, dem Sohn des früheren Baubürgermeisters, eine fruchtbare Zusammenarbeit entwickelt.
Dass Aalen einen guten Amtsleiter mit viel Herzblut für den Umweltbereich hat, hat sich natürlich anderwärts herumgesprochen. „Mehrfach“, erzählt Kaufmann, habe es Versuche gegeben, ihn abzuwerben. Er habe abgelehnt, weil er in Aalen verwurzelt ist und sich in seiner Heimatstadt wohl fühlt. Auf Karriere sei es ihm nicht angekommen. Nach dem altersbedingten Ausscheiden von Baubürgermeister Steinbach sei er als dessen Nachfolger im Gespräch gewesen. Letzten Endes habe er sich doch nicht beworben.
Für ihr Umweltengagement, das Rudolf Kaufmann maßgeblich beeinflusst hat, hat die Stadt zahlreiche Auszeichnungen erhalten. So zum Beispiel dreimal als „Dekade-Stadt der UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung“. OB Thilo Rentschler bezeichnete ihn als das „grüne Gewissen der Stadt“.
Jetzt ist seine Nachfolge geregelt. Am 1. Januar nimmt Maya Kothe an seinem Schreibtisch Platz. Sie ist bislang stellvertretende Leiterin des Amtes für Stadtgrün und Friedhöfe der Landeshauptstadt Saarbrücken.