Wenn nur noch Aue interessiert
Wie Heidenheim mit dem bitteren Pokal-Aus von Bremen umgeht
BREMEN - Auf dem Weg zur Pressekonferenz hatte Florian Kohfeldt noch einen Moment Zeit, blieb vor dem Bildschirm in der Mixed Zone stehen und stellte überrascht fest, dass beim 1. FC Nürnberg ein Feldspieler im Tor stand. Er nahm es verwundert wie alle anderen hin. Dass es sich um Enrico Valentini handelte, einem Ex-Feldspieler des VfR Aalen, ist eine Randnotiz.
Solche verrückte Sachen (auch dass Valentini auch noch ins Elfmeterschießen musste) passierten im Weserstadion in der zweiten Runde des DFB-Pokalspiels zwischen Werder Bremen und 1. FC Heidenheim nicht. Und doch war da die Angst, dass Außergewöhnliches hätte passieren können. Heidenheims Trainer Frank Schmidt, der auf seinen Bremer Kollegen Kohfeldt auf der PK traf, erinnerte an ein kürzliches 0:9 des FC Southampton, wo wieder ein Ex-Aalener unter Vertrag steht, der Trainer Ralph Hasenhüttl. „Wir haben kurz mal darüber nachgedacht, wie so ein Spiel – wie beim FC Southampton aus der Premier League – mit 9:0 ausgehen kann. Diese Gefahr bestand“, merkte Schmidt an.
Hasenhüttls österreichischer Landsmann Konstantin Kerschbaumer konnte sich bei seinem Mitwirken in dem deutschen Pokalwettbewerb nicht an eine solche Lektion erinnern, er spielte vorher für den FC Ingolstadt. Bremens Blitzstart mit 3:0 binnen 18 Minuten hallte nach. „Werder hat es richtig gut gemacht in der ersten Halbzeit wir haben aber auch nicht gut verteidigt. Vom spielerischen her, wie Werder uns dominiert hat, war es schon unangenehm auch dem Platz“, erklärte Kerschbaumer. „In der zweiten Halbzeit war es wesentlich besser, aber Werder hat auch Druck und Tempo raus genommen.“
Wie in alten Werder-Zeiten
Die Bremer Offensivwucht, die an frühere Zeiten mit Spielern wie Johan Micoud, Diego und Ailton erinnerte, traf den Zweitligisten in der ersten Halbzeit gnadenlos. Nachdem die 2019er Bremer die Heidenheimer anlässlich des Freimarktes (größtes Volksfest) ins 45-minütige Karussell schickten, herschte nach dem 4:1 Halligalli für die feiernden Fans in der Stadt. Für Schmidts Mannen war schon der Kabinengang eine Erlösung, aber sie machten danach das beste draus, fanden endlich zur Verteidigung, auch wenn die Bremer nicht mehr Vollgas über den Platz fegten. Doch die Heidenheimer rissen sich zusammen.
„Andere Truppe fliegen dann vielleicht auseinander, so haben wir es trotzdem diszipliniert fertig gespielt.
„Bei allem Respekt vor Heidenheim muss man einfach sagen, dass das ein Pflichtsieg war.“
Bremens Trainer Florian Kohfeldt
Wir wollten kein Tor mehr kassieren“, sagte Kerschbaumer – man könnte das Beispiel Southampton nehmen, das zur Halbzeitpause gegen Leicester City gar schon mit 0:5 zurücklag. Zumindest in weiten Teilen des bitteren Pokalabends an der Weser bekamen die Heidenheimer ihre Grenzen aufgezeigt, wenn ein Matchplan nicht greift gegen eine Pressingmaschinerie, das Verteidigen nicht funktioniert, wenn wie in der ersten Halbzeit irgendwie alles schief läuft. „Aber es ist halt doch ein Bundesligist“, merkte Kerschbaumer an. Da kann man mal mit 1:4 verlieren. „Bei allem Respekt vor Heidenheim, vor denen ich wirklich großen Respekt habe, auch vor der gesamten Leistung, die da vollbracht wird, muss man einfach sagen, dass das ein Pflichtsieg war“, befand Kohfeldt nach der PK in der Fragerunde mit den Journalisten. „Wie steht´s in Lautern?“, fragte Kohfeldt nach Abschluss der Bremer Gesprächsrunde. 6:5 nach Valentinis Elfmeterschießens. Das Bremer Ergebnis wollte sein Heidenheimer Kollege schnell abhaken. „Was mich jetzt interessiert, ist nur eins: Wie präsentieren wir uns am Samstag in Aue?“, fragte Schmidt nach der Schmach von Bremen am späten Mittwochabend.
Auch keine angenehme Aufgabe, aber wieder eine reizvolle. Der „sehr gute Zweitligist“(Kohfeldt) Heidenheim darf ab 13 Uhr versuchen, den Überraschungsvierten zu überholen. Die Antwort wird spannend.