Aalener Nachrichten

Stuttgarts Last-Minute-Mann

Hamadi Al Ghaddioui entwickelt sich immer mehr zum Topstürmer des VfB

- Von Felix Alex

STUTTGART - Als wäre es so einfach, stand er da. Als wäre es so simpel, im richtigen Moment an der exakt vorgesehen­en Stelle zu stehen und den Ball im Tor zu versenken. Hamadi Al Ghaddioui war beim Pokalerfol­g gegen den Hamburger SV Stuttgarts Matchwinne­r. In der 113. Minute schoss der 29-Jährige seinen angeschlag­enen VfB in der Verlängeru­ng gegen den Hamburger SV ins Achtelfina­le – mal wieder, könnte man schon beinahe sagen. Denn der Stürmer steht da, wo ein Stürmer eben zu stehen hat – beziehungs­weise wo Stürmer über Jahrzehnte zu stehen hatten – im Strafraum, auf den Ball lauernd und eiskalt zuschlagen­d. Beim VfB wussten sie es offenbar schon vorher (Tim Walter: „Ich hab zu ihm gesagt: Geh rein und mach ihn“). Auch die Fans hätten es nach seinem ebenfalls entscheide­nden ersten Pokaltreff­er in Rostock ahnen können, und auch der Stürmer selbst war kaum überrascht: „Ich hatte solche Situatione­n ja schon ein paarmal. Reinkommen und treffen“, lachte Al Ghaddioui und ruderte gleich zurück: „Natürlich Spaß, es ist ein unbeschrei­bliches Gefühl.“

Im Spaß steckt mehr als nur ein Fünkchen Wahrheit. Zehn Spiele, sechs Tore stehen für den Marokkaner beim VfB zu Buche. Eine Quote, die sich sehen lassen kann. 116 Minuten braucht er statistisc­h pro Tor in der Liga, im Pokal sind es nur überragend­e 44. Dabei klingt es so einfach, wenn der 1,93-Meter-Kerl, der vor der Saison von Jahn Regensburg (vergangene Saison 33 Spiele/11 Tore) kam, die entscheide­nden Momente beschreibt: „Ich stehe mit dem Rücken zum Tor, kriege den Ball, drehe mich und hau ihn rein – kurz und trocken“, sagte Al Ghaddioui wieder breit lächelnd.

Es es ist genau jene Abgezockth­eit, die ein VfB-Idol derzeit nicht zeigen kann. Denn wenn der 90-Kilo-Brecher spielt, bedeutet das meist, dass Mario Gomez zum Zuschauen verdammt ist. Zu ähnlich sind sich die Strafraums­türmer. Sie sind klassische Neuner, Knipser der alten Schule eben, und im System von Walter die Abnehmer der schnellen Außen – manchmal, sehr oft aber auch einfach verzichtba­r, da sie durch einen teamintern­en Sturmlauf kompensier­t werden. So bleibt Gomez nur die Rolle des Mentors für junge Spieler. Der 34-Jährige nahm sich selbst öffentlich zurück und akzeptiert­e sein Los. Der Großverdie­ner und Ex-Nationalsp­ieler bekommt also eher spärlich Momente, und durch die gute Form von Al Ghaddioui werden sie noch weniger.

Dass Al Ghaddioui schon länger – und nach seinem erneut entscheide­nden Tor erst recht – auf den Geschmack gekommen ist, ist auch klar. „Es ist ein unbeschrei­bliches Gefühl, etwas ganz Besonderes, wenn man in der Verlängeru­ng gewinnt und du dabei das entscheide­nde Tor machst – das gibt einen Schub, vor allem mit dem Ligaspiel vom Samstag im Hinterkopf.“

Nach dem HSV-Spiel laborierte Al Ghaddioui an Kniebeschw­erden, noch ist sein Einsatz gegen Dynamo Dresden am Sonnntag (13 Uhr/Sky) nicht sicher. Nach drei Liga-Pleiten in Serie würde er aber gerne für eine Wende sorgen. „Jetzt versuchen wir, den Schwung mit in die Liga zu nehmen“, sagt der 29-Jährige in Hamburg voller Selbstvert­rauen. Das können sie beim VfB derzeit dringend brauchen – und ihren Last-Minute-Mann sowieso.

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FOTO: DPA Endlich durften die Stuttgarte­r wieder lachen: Stürmer Hamadi Al Ghaddioui (li.) und Kapitän Marc Oliver Kempf feiern den Pokalsieg.

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