Schwäbisches Essen auf Rädern
Wenn man genauer darüber nachdenkt, ist es eigentlich unglaublich, wie lange es gedauert hat, bis mal jemand auf die Idee kam, der jahrzehntelangen Imbissbuden-Tristesse Qualität entgegenzusetzen. Die Grundfrage dabei lautet: Muss Essen, das auf Rädern aus einem Wagen heraus verkauft wird, ausschließlich fettig und salzig schmecken? Die erfrischend vielfältige Antwort geben inzwischen eine ganze Reihe von sogenannten Foodtrucks, die nicht selten in schickem Design durch die Lande gondeln und zur Mittagszeit auf Wochenmärkten oder in Gewerbegebieten haltmachen. Dass traditionell-schwäbische Heimatküche sich als schnell gemachtes Bereitschaftsessen bestens eignet, beweisen im Südwesten die Foodtrucks mit dem sehr selbstbewussten Namen „Der Herr von Schwaben“. Ganz in Schwarz steht das Vehikel an verschiedenen Tagen an unterschiedlichen Adressen, um über den Tresen hinweg Maultaschen und Co. zu verkaufen. Die Gefährte dieser Firma sind sogenannte Foodtrailer, also kleinen Wohnwagen nicht unähnliche Anhänger. Fünf davon sind derzeit auf Achse. Einer dieser Steuermänner des gepflegt-schwäbischen Essens heißt Sebastian Farr. An einem Dienstag steht er in Leipheim bei Günzburg in der Albert-Einstein-Straße. Der schwarze Hänger ist in seiner auffälligen, nostalgischen Machart – amerikanischen Oldtimer-Wohnwagen nachempfunden – nicht zu übersehen. Drei Menschen laben sich gerade an Linsen mit Spätzle samt Saitenwürstle. Die Frage, was denn die Spezialität sei, beantwortet der mobile Gastgeber mit „alles“. Tatsächlich ist das Angebot bei acht Menüs recht übersichtlich. Es gibt allerdings die Möglichkeit,
sich den eigenen kulinarischen Schwabentraum zusammenstellen zu lassen. Und so liegt schließlich ein appetitliches Potpourri auf dem ökologisch korrekten Teller aus getrockneten Bananenblättern. Die Zubereitung der einzelnen Komponenten geschieht vor den Augen des Gastes. Im Wesentlichen beruht das Angebot auf Einzelteilen, die ein Vertragsmetzger liefert.
Die gerollte Maultasche präsentiert sich knusprig angeröstet in guter aromatischer Verfassung. Fleisch und Petersilie sowie Pfeffer kommen schön durch, der Nudelteig ist weder zu dünn noch zu dick. Der schöne Klecks kräftige Bratensoße dazu schmeckt überhaupt nicht künstlich. Die langen Spätzle sind – kurz in heißem Wasser reaktiviert – guter schwäbischer Standard, was auch für das Saitenwürstle gilt. Letzteres erfreut sich einer hohen Spannkraft dank der knackigen Haut. Die Linsen spielen auf ähnlich hohem Niveau mit. Sie verfügen über einen gewissen Restbiss und eine angenehme Säuerlichkeit, die den anderen Elementen
des Tellers etwas entgegensetzt. Eine positive Überraschung ist die knusprig gebratene Frikadelle: Sie schmeckt intensiv nach Fleisch und hat einen extrawürzigen Charakter. Dem schmeichelt ein etwas feuchter Kartoffelsalat, der im Gegensatz dazu ein bisschen mild geraten ist. Insgesamt aber zeigt „Der Herr von Schwaben“mit seinem Angebot, dass schwäbische Standards als schnelle Küche auf Rädern gut funktionieren, wenn die Grundprodukte Qualität haben.