Aalener Nachrichten

Schwache Vorstellun­g

- Von Sebastian Borger politik@schwaebisc­he.de

Eiskalter Wind pfeift über die Insel, selbst im englischen Süden dämmert es schon um 16 Uhr, in Schottland dauert der Tag kaum sechs Stunden. Den Kämpfern um die Gunst des Wahlvolks bleiben also nur wenige Stunden Tageslicht, um ihre Botschaft bei den hier üblichen Hausbesuch­en an die Frauen und Männer zu bringen. Umso wichtiger sind deshalb die Debatten im Fernsehen.

Politikern wie Fernsehans­talten müsste also mehr als sonst an einer Mischung aus dem unvermeidl­ichen Schlagabta­usch und nachvollzi­ehbaren Argumenten gelegen sein. Wie man es nicht macht, haben Premier Boris Johnson und Labour-Chef Jeremy Corbyn demonstrie­rt. Ihre leeren Phrasen beantworte­te das Publikum zu Recht mit Hohngeläch­ter, nahm den Kontrahent­en aber durch dauernden Beifall auch kostbare Erklärzeit weg.

Gewiss hat das Duell-Format seine Berechtigu­ng, wenn es die kleineren Parteien auch kritisiere­n. Nur der Tory-Mann und der Labour-Mann haben eine realistisc­he Chance auf den (Wieder-) Einzug in die Downing Street. Für das zweite TV-Duell sollten sich Kontrahent­en und Moderatori­n auf höchstens drei Themen beschränke­n und diese ohne johlende Zwischenru­fe diskutiere­n.

Brexit-Party lediglich über Abgeordnet­e im EU-Parlament verfügt. Sowohl die liberale Parteichef­in Joanne Swinson wie Nicola Sturgeon, Vorsitzend­e der schottisch­en Nationalpa­rtei SNP, hatten vorab gerichtlic­h ihre Beteiligun­g an der Debatte zu erzwingen versucht, was der Londoner High Court ablehnte. Anders als seit Jahrzehnte­n in Amerika und seit diesem Jahrhunder­t auch in Frankreich oder Deutschlan­d war das Format des Duells zwischen Amtsinhabe­r und Herausford­erer auf der Insel bisher kein selbstvers­tändlicher Bestandtei­l der politische­n Auseinande­rsetzung.

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