Seit 25 Jahren Ballettlehrerin
Jacqueline Martius-Lüdeking kam Mitte der 90er nach Aalen.
AALEN - Als die gebürtige Hamburgerin Jacqueline Martius-Lüdeking Mitte der 90er Jahre nach Aalen kam, musste sie zunächst einige Sprachbarrieren überwinden. Da war zum Beispiel die Sache mit dem Fuß. „Als ich meine Schülerinnen anwies, die Füße zu strecken, streckten alle nur das Bein“, erzählt die Ballettlehrerin. Was sie noch nicht wusste: Der schwäbische Fuß reicht bis zur Hüfte. Ende November feiert die 53-jährige, die das Tanzstudio „Martius Ballett“führt, das fünfjährige Bestehen ihrer Schule. Zudem ist sie seit 25 Jahren Tanzlehrerin in Aalen.
Mit sieben Jahren hat sie mit Ballett angefangen und schnell ihre große Liebe zum Tanzen entdeckt. Sie strebt eine Profikarriere an. Dieser Traum zerplatzt aber, bevor er begonnen hat. Mit 13 Jahren ruft sie an der Hamburger Staatsoper an, an die eine Tanzschule angegliedert ist und erkundigt sich nach der Ausbildung. Dort sagt man ihr ab.
Der Grund: Mit damals schon 1,75 Meter ist sie als Tänzerin zu groß. „Im Nachhinein war das fair. Denn wer zu groß ist, bekommt nach der Ausbildung nie ein Engagement“, erzählt die 53-Jährige. Denn zusätzliche Größe einer Ballerina bedeute auch immer mehr Gewicht, das die männlichen Tänzer bei Hebefiguren stemmen müssten.
Auf Wunsch der Eltern etwas „Ordentliches“gelernt
Trotzdem ist klar: Ohne Ballett kann sie nicht sein. Zunächst kam sie dem Wunsch ihrer Eltern nach und lerne etwas „Ordentliches“, wie Mutter und Vater sagten. Nach der Ausbildung zur Bürokauffrau im elterlichen Betrieb schreibt sie sich an einer Hamburger Privatschule ein. Auf dem Stundenplan: Eine klassische Tanzausbildung, kombiniert mit Pädagogik. Nach drei Jahren hängt sie noch ein Jahr Ausbildung in Yorkshire, England dran.
Nachdem sie über eine Bekannte erfahren hat, dass in Aalen eine Stelle frei wird, kommt die Ballettpädagogin
Jacqueline Martius-Lüdeking
1994 in den Ostalbkreis und fängt an der Schule von Marianne Kähler zu arbeiten an. Eigentlich wollte sie nur ein paar Jahre bleiben, dann rät ihr eine Prüferin, mindestens sieben Jahre an einer Schule zu bleiben, um ihre Tätigkeit als Lehrerin besser reflektieren zu können. „Dann sieht man, wie sich die Kinder, die man schon als Anfänger hatte, im Laufe der Jahre entwickeln“, so MartiusLüdeking. Immer wieder verlängert sie, schließlich lernt sie ihren Mann Udo Lüdeking, den ehemaligen Musikdirektor, kennen. Von da an ist klar, dass sie in Aalen bleiben will.
2003 betraut Marianne Kähler sie mit der künstlerischen Leitung der Schule; im Jahr 2015 übernimmt Jacqueline Martius-Lüdeking die Schule in der Alten Heidenheimer Straße. Seitdem hat sie zahlreichen großen und kleinen Ballerinen das Tanzen gelehrt. Und das waren fast ausschließlich Mädchen. Einen einzigen Jungen hat sie im Moment im Unterricht. Woran das liegt? „Viel an den Eltern. Ich kenne zwei Jungs, die würden sehr gerne zum Ballett kommen, da sind aber die Väter dagegen“, erzählt die Lehrerin. Fußballspielen bei Mädchen sei mittlerweile fast normal, das Ballett sähen viele Väter aber nicht als adäquates Hobby für ihre Söhne.
Dabei profitierten Kinder sehr stark vom Tanzen, erklärt Jacqueline Martius-Lüdeking. „Die Kleinen lernen, sich in eine Gruppe einzufinden. Ballett gibt Haltung, fördert Konzentration und Körpergefühl“, so die Lehrerin weiter. In der Gruppe sind alle gleich. Dazu gehöre auch das Tragen einheitlicher Kleidung. „So können sich die Kinder nicht gegenseitig übertrumpfen, wer das schönerer Tutu trägt. Denn dabei geht es beim Tanzen nicht. Auch kann ich Haltungsfehler besser korrigieren, wenn alle das Gleiche tragen“, erklärt die Tanzpädagogin.
In regelmäßigen Abständen kommen Prüfer von der Imperial Society of Dancing, die ihren Sitz in London hat, nach Aalen. Dann zeigen alle Ballettklassen von Jacqueline MartiusLüdeking nacheinander ihr Können. Für jede bestandene Prüfung bekommen die Schüler eine Urkunde. „Vor allem die Kleinen sind dann immer ganz aufgeregt. Wenn sie dann ihr Zertifikat in den Händen halten, sind sie wahnsinnig stolz“, so die Lehrerin.
In den Unterricht kommen zu Jacqueline Martius-Lüdeking aber nicht nur Kinder. Auch für Erwachsene
bietet sie Anfängerkurse an. „Dann kann man zwar keine Primaballerina mehr werden, aber trotzdem mit viel Spaß tanzen“, so die Lehrerin.
Aus Aalen will sie inzwischen nicht mehr weg
Inzwischen möchte sie aus Aalen nicht mehr weg. Die Nähe zu den Bergen und dem Bodensee gefällt ihr, auch dass man sich kennt und es keine Anonymität wie in der Großstadt Hamburg gibt, gefällt der Ballettpädagogin sehr gut. Und auch für die Sache mit dem Fuß hat sie eine Lösung gefunden: „Heute erkläre ich meinen Kleinen gleich in der ersten Stunde, was ich mit Beinen, Füßen, Händen, Armen und Fingern meine“, sagt die 53-Jährige lachend.
„Ballett gibt Haltung, fördert Konzentration und Körpergefühl“
Mit einem spezial feiert Jacqueline Martius-Lüdeking am Samstag, 30. November, um 15 Uhr in der Stadthalle Aalen Jubiläum. Karten gibt es im Vorverkauf in der Ballettschule in der Alten Heidenheimer Straße 83 täglich zwischen 15 – 19 Uhr sowie am Veranstaltungstag an der Tageskasse.