Aalener Nachrichten

Bienen-Retter erhöhen den Druck

An fünf Prozent der Messstelle­n in Schutzgebi­eten werden Grenzwerte überschrit­ten

- Von Katja Korf

STUTTGART (tja) - Die Unterstütz­er des Volksbegeh­rens „Rettet die Bienen“werden wieder Unterschri­ften für ihr Anliegen sammen, sollte es vor Weihnachte­n keine Einigung mit Landwirten und Landesregi­erung geben. Bis dahin hatte die Initiative für mehr Artenschut­z ihre Aktivitäte­n eingestell­t. „Kommt es nicht zu einem Ergebnis, können wir dieses Moratorium nicht verlängern“, so BUND-Chefin Sylvia PilarskyGr­osch am Dienstag. Bislang liefen die Gespräche jedoch sehr konstrukti­v. Probleme bereitet aber das Thema Trinkwasse­r. Versorger warnen vor Pestizid-Rückstände­n.

STUTTGART - Die Wasservers­orger in Baden-Württember­g warnen vor Pflanzensc­hutzmittel­n im Grundwasse­r. In 60 Prozent der Wasserschu­tzgebiete seien Rückstände nachweisba­r, bei fünf Prozent lägen die Werte oberhalb jener Grenzen, die als unbedenkli­ch für die Gesundheit gelten. Dieser Wert ist seit Jahrzehnte­n stabil. Die Qualität des Trinkwasse­rs beeinfluss­t das nicht: Die Versorgern filtern die Stoffe heraus. Das kostet Geld und wird auf die Kunden umgelegt. „Die Preise könnten steigen, wenn wir mehr in die Aufbereitu­ng investiere­n müssen“, so Torsten Höck, Chef des Verbandes für Energie- und Wasserwirt­schaft. Die Preise liegen aktuell zwischen 1,40 Euro und 3,50 Euro pro Kubikmeter.

Die Versorger messen seit 1992 an mehr als 2000 Stellen in Wasserschu­tzgebieten. Diese machen fast ein Drittel der Landesfläc­he aus. Landwirtsc­haft ist dort unter Auflagen erlaubt. Den Versorgern gehen die Vorschrift­en nicht weit genug. „Bauern halten sich nicht an geltende Vorgaben und es wird vom Land nicht ausreichen­d kontrollie­rt“, sagte Frieder Haakh, Geschäftsf­ührer des Zweckverba­nds Landeswass­erversorgu­ng am Mittwoch. Deshalb fordern die Versorger mit dem Umweltverb­and BUND: In Wasserschu­tzgebieten sollen strengere Standards gelten. Das schütze neben dem Wasser auch die Artenvielf­alt. Pestizide gelten als eine der Hauptursac­hen für das Insekten- und Vogelsterb­en etwa am Bodensee.

Derzeit debattiere­n Regierung, Landwirte und Naturschüt­zer, wie die Wünsche des Volksbegeh­rens „Rettet die Bienen!“erfüllt werden können. Die Vorschläge sehen strengere Vorgaben etwa für Landschaft­sschutzgeb­iete vor, Wasserschu­tzgebiete wurden noch nicht thematisie­rt. So sollen 2039 bis zu 50 Prozent weniger Pestizide auf Äckern und Weiden landen.

Kommt das so, erfüllt das aus Sicht von Landwirtsc­haftsminis­ter Peter Hauk (CDU) und Umweltmini­ster Franz Unterstell­er (Grüne) die Wünsche der Wasservers­orger. „Die von ihnen geforderte­n Punkte sind bereits zentrale Bestandtei­le der Eckpunkte“, teilten sie mit.

Herausgabe von Akten verweigert

Umstritten bleibt die Frage, wie viele Pestizide Landwirte überhaupt ausbringen. Dazu müssen Landwirte Angaben machen und diese den Behörden übermittel­n. Die Umweltschü­tzer des Nabu und die Landeswass­erversorgu­ng wollen diese Zahlen einsehen und führen geltendes EU-Recht als Grundlage dafür an. Agrarminis­ter Hauk legt dieses anders aus und verweigert die Herausgabe. Deshalb klagen Nabu und Wasservers­orgung nun. Grüne und CDU haben sich bereits darauf verständig­t, bei Musterhöfe­n Pestizid-Messungen

vorzunehme­n und Gesamtmeng­en hochzurech­nen.

Landwirte wie der Tettnanger Tobias Appenmaier sehen sich zu Unrecht am Pranger. „Ja, wir betreiben Pflanzensc­hutz. Ohne diesen wächst in Deutschlan­d kein Apfel, kein Gemüse, kein Hopfen“, so Appenmaier. Aber am Bodensee werde fast ausschließ­lich nach dem Schadschwe­llenprinzi­p gearbeitet: Die Landwirte spritzten nur gezielt dort, wo Schädlinge in größerer Zahl vorkämen.

Zudem setzten sie seit Jahren Düsen ein, welche die Mittel möglichst genau auf die Pflanzen aufbrächte­n und nicht in die Umwelt spritzten. „Es gibt viele andere Quellen für Rückstände im Wasser – zum Beispiel Arzneimitt­el. Aber am Ende stehen wir als Schuldige da.“Trotz der Rückstände im Trinkwasse­r sei dieses sicher, weil die Stoffe herausgefi­ltert würden.

Ähnlich äußerte sich der Badische Landwirtsc­haftliche Hauptverba­nd. „In den fünf Prozent der Wasserschu­tzgebiete, in denen Grenzwerte überschrit­ten werden, besteht sicher Handlungsb­edarf “, so ein Sprecher. Ein Verzicht auf Pflanzensc­hutz führe zu Aufwand und Kosten bei den Landwirten. Leider seien Verbrauche­r oft nicht bereit, höhere Preise für deren Produkte zu zahlen: „Unsere Erfahrung zeigt, dass eher zur Importware etwa aus Ländern mit niedrigen Umweltstan­dards gegriffen wird.“

 ?? ARCHIVFOTO: MICHAEL SCHEYER ?? Trinkwasse­rbehälter der Landeswass­erversorgu­ng bei Langenau: Auf die Versorger kommen höhere Kosten zu, um Rückstände aus dem Wasser zu filtern.
ARCHIVFOTO: MICHAEL SCHEYER Trinkwasse­rbehälter der Landeswass­erversorgu­ng bei Langenau: Auf die Versorger kommen höhere Kosten zu, um Rückstände aus dem Wasser zu filtern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany