„Ich war beeindruckt, wie gut die vorbereitet waren“
RAVENSBURG Zu den Abgeordneten, welche die EU-Kommission ins Amt gewählt haben, gehört Andreas Glück (Archivfoto: Kästle) aus Münsingen, der seit diesem Jahr für die FDP im Europaparlament sitzt. Sebastian Heinrich hat mit ihm kurz nach der Wahl gesprochen.
Herr Glück, die Liberalen haben im Sommer recht lange gebraucht, um sich zur Wahl von Ursula von der Leyen als Kommisionschefin durchzuringen. Sind Sie mittlerweile stärker überzeugt?
Es empfiehlt sich immer, den Kopf einzuschalten, bevor man irgendwo wählt. Das haben wir getan. Seit der Wahl von Frau von der Leyen war das Parlament sehr aktiv, es hat alle designierten Kommissarinnen und Kommissare geprüft. Alle, bei deren Anhörungen ich war, sind teils höchst geeignete Kommissare. Es sind Fachleute auf ihren Gebieten. Ich war beeindruckt, wie gut die vorbereitet waren.
Mehrere designierte Kommissare sind im Parlament durchgefallen, wegen Zweifeln an ihrer Kompetenz oder ihrer Integrität. Und auch bei manchen der abgesegneten Kandidaten gibt es solche Zweifel – etwa bei Binnenmarktkommissar Thierry Breton und Landwirtschaftskommissar Janusz Wojczejochwski. Glauben Sie, diese Mannschaft kann die EU bis 2024 trotzdem voranbringen?
Ja, das glaube ich. Es besteht in der EU der Anspruch, Leute in der Kommission unterzukriegen, die Ahnung von ihrem Fachgebiet haben. Und das beinhaltet, dass sie vorher im Berufsleben waren. Wenn wir das aus Furcht vor Interessenkonflikten ausschließen, dann haben wir Leute ohne Ahnung, die sich erst einarbeiten müssen. Dazu kommt, dass wir Abgeordneten die Arbeit der Kommission natürlich begleiten werden – positiv, konstruktiv – aber auch kritisch. Das bedeutet, wenn einer über die Stränge schlägt oder befangen ist, dann hat das Parlament das im Griff. Mehrere Kollegen haben mir gesagt: Eine so gut kontrollierte und abgeklopfte Kommission gab es noch nicht.
Was ist die dringendste Aufgabe für diese Kommission?
Europa zusammenzuhalten, inhaltlich und menschlich. Wir müssen kucken, dass wir die Zentrifugalkräfte in den Griff bekommen. Als vereintes Europa können wir in der Welt in vielen Bereichen echt gute Spuren in der Welt hinterlassen. Jeder einzelne Staat aber ist viel zu klein, um auf Augenhöhe etwa mit Russland oder China zu sprechen.