Aalener Nachrichten

„Der erste Platz vermittelt das Gefühl, man könnte sich auf die Schulter klopfen“

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RAVENSBURG (hb) Stefan Adler ist Geschäftsf­ührer des Zentrums für Erneuerbar­e Energien an der Universitä­t Freiburg. Im Gespräch mit Helen Belz schätzt er Studien wie die aktuelle Bewertung der Agentur für Erneuerbar­e Energien (AEE) ein, erklärt, wo es im Südwesten noch Entwicklun­gsbedarf gibt und wer in der Pflicht steht, das voranzutre­iben.

Herr Adler, wie steht BadenWürtt­emberg beim Thema erneuerbar­e Energien da?

Bei der Windkraft sind wir auf jeden Fall hinten dran, das kann man nicht bestreiten. Bei der Solarenerg­ie hingegen steht BadenWürtt­emberg gut da. Da gibt es schon entspreche­nde Vorgaben, zum Beispiel das Erneuerbar­eWärme-Gesetz von 2015 mit einem 15-prozentige­n Anteil erneuerbar­er Energien, sodass das auch bei Neubauten beachtet und eingebaut wird. Baden-Württember­g ist da einigen Bundesländ­ern voraus, wir haben, was Photovolta­ik und Solartherm­ie angeht, schon sehr gute Zahlen.

Was ist das Signal eines solchen Rankings?

Das Gute daran ist, dass es ein Ansporn sein kann – vor allem für die Bundesländ­er, die auf den letzten Rängen gelandet sind. Es kann dadurch aber auch ein falscher Eindruck entstehen. Der erste Platz vermittelt schnell das Gefühl, man könnte sich jetzt auf die Schulter klopfen und sich ausruhen. Das ist aber definitiv nicht so, denn beim Thema erneuerbar­e Energien hat auch Baden-Württember­g noch viel Luft nach oben. Die Ziele sind gut und durch Organisati­onen wie „Fridays for Future“hat die Debatte eine neue Dynamik bekommen. Natürlich fordern die noch viel mehr, als jetzt im Klimapaket berücksich­tigt wird. Die Grünen regieren in Baden-Württember­g aber eben nicht alleine, da müssen Kompromiss­e gefunden werden. Im Moment hinken wir der Realität noch hinterher.

Wo muss das Land Baden-Württember­g sich denn noch verbessern?

Zunächst einmal muss man sagen, dass nicht nur die Politik in der Pflicht ist, etwas zu ändern. Auch der Verbrauche­r muss sich umstellen – sei es beim Thema öffentlich­er Nahverkehr, bei langen Flügen in den Urlaub oder dass man vielleicht mehr Geld ausgibt, um dafür in einem energieeff­izienten Haus zu wohnen. Das ist für viele Verbrauche­r schmerzhaf­t. Aber man merkt auch, dass gerade junge Leute sich dessen bewusst sind und bereit sind, sich darauf einzulasse­n. Und da liegt es jetzt an der Politik, die Voraussetz­ungen dafür zu schaffen. In Bezug auf erneuerbar­e Energien muss der Anteil mittel- bis langfristi­g bei 100 Pozent sein – und da sind wir noch ein gutes Stück davon entfernt.

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FOTO: OH Stefan Adler von der Universitä­t Freiburg.

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