Verhandlungen über Sörings Abschiebung
USA und Deutschland im Gespräch über Schicksal von freigelassenem Deutschen
WASHINGTON (dpa/AFP) - Nach der überraschenden Entscheidung von US-Behörden, den Deutschen Jens Söring aus den USA abzuschieben, hat die Deutsche Botschaft Gespräche mit US-Behörden aufgenommen. „Unsere Botschaft betreut Söring weiterhin konsularisch und steht bezüglich weiterer Schritte in engem Kontakt mit dem Rechtsanwalt sowie Behörden vor Ort“, hieß es am Mittwoch aus dem Auswärtigen Amt in Berlin.
Der 53-Jährige war am Dienstagmorgen der Einwanderungsbehörde ICE für eine Abschiebung aus den USA übergeben worden, wie eine Sprecherin der Gefängnisverwaltung des Bundesstaates Virginia der Nachrichtenagentur AFP sagte. Wann Söring mutmaßlich nach Deutschland abgeschoben wird, war zunächst nicht bekannt.
Söring sitzt seit fast 30 Jahren in den USA in Haft. Der damals 18-Jährige soll 1985 in Bedford County in Virginia die Eltern seiner damaligen Freundin Elizabeth Haysom erstochen haben. Das junge Paar flüchtete aus den USA, wurde später aber in Großbritannien festgenommen. Söring wurde 1990 nach seiner Überstellung an die USA wegen zweifachen Mordes zu zweimal lebenslanger Haft verurteilt.
Er hatte die Tat zunächst gestanden, dies aber später widerrufen. Er erklärte, das Geständnis nur abgelegt zu haben, um seine Freundin – nach seinen Angaben die wahre Täterin – vor der Todesstrafe zu bewahren. Er sei fälschlicherweise davon ausgegangen, als Sohn eines deutschen Diplomaten diplomatische Immunität zu genießen.
Elizabeth Haysom bekannte sich nach der Tat der Beihilfe zu den Morden schuldig und wurde zu einer langen Haftstrafe verurteilt. Die gebürtige Kanadierin sollte nun ebenfalls aus dem Gefängnis entlassen und in ihr Heimatland abgeschoben werden.
Am Montag war überraschend bekannt geworden, dass Söring aus dem Gefängnis entlassen wird. Das entschied das für Begnadigungen in Virginia zuständige Gremium. Seine Begnadigung lehnte das Gremium aber ab. Die Zeitung „Richmond Times-Dispatch“zitierte die Vorsitzende Adrianne Bennett mit den Worten, jahrelange Untersuchungen hätten ergeben, dass Sörings Unschuldsbeteuerungen „unbegründet“seien.
Eine Haftentlassung Sörings und Haysoms sei aber angesichts des jungen Alters der beiden zum Tatzeitpunkt und der langen bereits abgesessenen Haftstrafe „angemessen“. Auch komme eine Freilassung den Steuerzahlern zugute. Der Fall hat in den USA und in Deutschland viel Aufmerksamkeit erregt. Söring schrieb im Gefängnis mehrere Bücher. 2016 erschien über den Fall der Dokumentarfilm „Das Versprechen“, in dem mögliche Fehler der US-Justiz thematisiert wurden.