Wo sich das Gesindel tummelt
Viele Grenzen, keine Polizei: Albuch, Ostalb und Härtsfeld waren im 18. Jahrhundert ein Paradies für Ganoven
NERESHEIM (tu) - Die zersplitterten Kleinst-Territorien rund um Albuch, Ostalb und Härtsfeld sind im 18. Jahrhundert ein ideales Biotop für zwielichtige Gestalten und Kriminelle gewesen. Denn hier war es nicht weit bis zur nächsten Grenze, an der nicht selten die Strafverfolgung endete. Auch Neresheim habe sich bei der Verfolgung der Kriminellen sehr zurück gehalten, sagte Gerhard Fritz, Historiker an der Pädagogischen Hochschule in Schwäbisch Gmünd bei einem Vortrag.
In den Kleinstaaten am Rande Württembergs und im Ries habe es so etwas wie eine Polizei nicht gegeben, berichtete Fritz, sehr wohl aber
Arrangements zwischen der Unterwelt und der für die Kriminalität zuständigen Verwaltung. Kriminelle zu jagen, sei mitunter gefährlich gewesen, denn Amtmänner seien bedroht und Schlösser angezündet worden. Da habe man schon mal Kriminelle laufen lassen oder versucht, sie größeren Nachbarn zu übergeben.
In Zeiten einer stets wachsenden Bevölkerungszahl habe im 18. Jahrhundert die Zahl der Armen zugenommen. Die meist beschäftigungslosen Gelegenheitsarbeiter und Bettler seien von Ort zu Ort gezogen und der ortsansässigen Bevölkerung lästig gewesen.
Ganz schlecht, berichtete Fritz, sei der Ruf der Gmünder in der Landeshauptstadt gewesen. Die habe nicht nur bei Fahndungen nicht mitgemacht, sondern die Gangster auch noch informiert. Die Gold- und Silberschmiede hätten sogar mit ihnen zusammengearbeitet. Der oberste Polizist der Stadt und der oberste Kriminelle hätten sogar eine Beziehung zu ein und demselben Mädchen gehabt. Zwischen Aalen und Schwäbisch Gmünd sei es häufig zu Postüberfällen gekommen, Nördlingen und Oettingen hätten versucht, sich gegenseitig die Kriminellen zuzuschieben.
Verbrecher hatten leichtes Spiel
Kriminelle zu identifizieren, sei schwierig gewesen. Es gab zwar Anfang des 18. Jahrhunderts so genannte Diebeslisten in Ellwangen, Oettingen-Wallerstein, Dillingen oder Donauwörth. Aber ihre Grundlage waren bereits geführte Verfahren, in denen oft gefoltert worden sei. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts gab es zwar Bilder, aber sie zeigten bereits Verurteilte oder Hinrichtungen.
Fritz schilderte das Beispiel des „Langen Franz“, eines 30-jährige Mannes, dessen Eltern bereits als Verbrecher hingerichtet worden waren. Ihm selbst wurden 80 Delikte nachgewiesen und er fand mit seinem geliebten Liesele in Heidenheim ein schreckliches Ende. Wegen Postkutschenraubs – so soll er die Kutsche des Herzogs Carl Eugen von Württemberg überfallen haben – wurde er in Heidenheim gerädert.