Diplomatischer Schlagabtausch mit Moskau
Deutschland weist nach Mord an Georgier zwei russische Botschaftsmitarbeiter aus
BERLIN/LONDON (dpa) Der mutmaßliche Auftragsmord an einem Georgier in Berlin hat eine diplomatische Krise zwischen Deutschland und Russland ausgelöst. Die Bundesanwaltschaft hegt einen Anfangsverdacht, dass staatliche Stellen in Russland dahinterstecken.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist sauer, und das zeigt sie auch. Die Bundesregierung habe „diese Maßnahme“ergriffen, „weil wir nicht gesehen haben, dass Russland uns bei der Aufklärung dieses Mordes unterstützt“, sagt Merkel am Mittwoch ohne Umschweife bei ihrer AbschlussPressekonferenz zum NatoGipfel in London. „Diese Maßnahme“– das ist die Entscheidung der Bundesregierung, nach dem mutmaßlichen Auftragsmord zwei russische Diplomaten auszuweisen. Es ist ein scharfes Instrument im diplomatischen Instrumentenkasten.
Ausgerechnet kurz vor dem auch für Merkel wichtigen UkraineGipfel am 9. Dezember in Paris gibt es eine weitere Verschärfung in den seit Jahren eisigen Beziehungen zwischen Berlin und Moskau. Eigentlich kann es der Kanzlerin nicht gelegen kommen, dass die ohnehin komplizierten Verhandlungen über die Zukunft der Ostukraine nun derart durch bilaterale Verstimmungen überschattet werden.
Doch Merkel ist bei ihren Antworten auf Journalistenfragen zu den Ausweisungen der Russen geradezu anzusehen, dass sie keine Lust auf diplomatische Schnörkel hat. „In den bilateralen Beziehungen ist es natürlich schon ein Ereignis, dass wir eben von Russland keine aktive Hilfe bei der Aufklärung dieses Vorfalls bekommen haben“, wiederholt die Kanzlerin sogar nochmals den zentralen Grund für die Ausweisungen. Jedem dürfte klar sein, wen sie meint: den russischen Präsidenten Putin.
Sie glaube nicht, dass durch die Ausweisungen das UkraineTreffen belastet werde, sagt Merkel aber auch. Die Kanzlerin und Außenminister Heiko Maas (SPD) wollen vermeiden, die Suche nach einer politischen Lösung des Konflikts um die Ostukraine zwischen Moskau und Kiew unter deutschfranzösischer Vermittlung (NormandieProzess) zu gefährden. Zum ersten Mal seit drei Jahren gibt es mit dem neuen ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die begründete Hoffnung, zusammen mit Putin und Macron Bewegung in den festgefahrenen Konflikt zu bekommen.
Um den Gipfel nicht zum Kippen zu bringen, ist auch der Kreml darum bemüht, dass sich die Stimmung nicht zu sehr aufheizt. Zwar betont der russische Außenminister Sergej Lawrow, eine Antwort auf die Ausweisungen werde nicht lange auf sich warten lassen. Welche Schritte Moskau einleiten will und wann, lässt er aber offen.