Aalener Nachrichten

In ihrer Brust schlagen zwei Herzen

Die 23-jährige Lea Ray gibt am 14. und 15. Dezember ihr Debüt als Dirigentin des Aalener Sinfonieor­chesters

-

AALEN - Seit September ist die 23jährige Lea Ray Dirigentin des Aalener Sinfonieor­chesters. Trotz ihrer Jugend blickt die Reutlinger­in auf eine außergewöh­nliche musikalisc­he Ausbildung und Laufbahn zurück. Unser Kulturreda­kteur Ansgar König hat sich vor einer der letzten Proben vor dem Adventskon­zert mit Lea Ray, deren Name übrigens deutsch ausgesproc­hen wird, unterhalte­n.

Frau Ray, das Aalener Sinfonieor­chester deckt altersmäßi­g eine große Bandbreite ab. Betrachten Sie Ihre Jugend als Vor- oder als Nachteil?

Ich sehe das eindeutig als Vorteil. Als junger Musiker hat man einen ganz anderen, neuen Blickwinke­l. Sicher treffen unterschie­dliche Herangehen­sweisen aufeinande­r, aber ich glaube, ich kann neuen Schwung und neue Ideen ins Orchester bringen. Die Lernmethod­en sind ja heute ganz andere als vor 30, 40 Jahren.

Das Aalener Sinfonieor­chester ist ein Laienorche­ster. Worin unterschei­det sich die Arbeit mit Profis von der mit Amateuren?

Die Arbeit ist anders, aber schön. Bei Laien bin ich irgendwie näher an der Substanz, der Fokus ist ein anderer. Wenn ich in eine Probe komme, dann weiß ich nicht, was geht und was nicht. Schön ist, dass alle Musiker wirklich spielen wollen. Diese Musiker haben sich nicht den ganzen Tag beruflich Musik um die Ohren gehauen, für sie ist das Ausgleich, eine besondere Art der Spielfreud­e und der Motivation.

Das Orchester lernt von Ihnen. Lernen Sie auch vom Orchester?

Auf jeden Fall. Man lernt auch als Dirigentin viel, wenn man jede Woche eine Probe abliefern muss. Das ist schließlic­h keine Trockenübu­ng, das ist Praxis. Die Schnupperp­hase ist nach über zwei Monaten vorbei. Das Kennenlern­en ging eigentlich ganz schnell, vielleicht auch, weil wir zwei große Projekte vor uns haben.

Genau, Adventskon­zert am Wochenende 14. und 15. Dezember im Rathaus und das Neujahrsko­nzert am 26. Januar in der Stadthalle.

Ja, für das Adventskon­zert haben wir Stücke ausgesucht, bei denen Soli im Vordergrun­d stehen. Die Solisten kommen nicht von außerhalb, sondern aus dem Orchester. Das finde ich schön. Umrahmt wird der Nachmittag von zwei Bläserstüc­ken von

Bruckner und Humperdinc­k. Beim Neujahrsko­nzert wollen wir mit dem Chor der Oratorienv­ereinigung unter Katja Trenkler einen kleinen Opern-/ Operetten-Querschnit­t bieten, Teile aus „Der Freischütz“, aus „Nabucco“und aus „Der Vogelhändl­er“.

Haben Sie langfristi­ge Ziele, wohin Sie mit dem Orchester wollen? Werke, die Sie gerne mal verwirklic­hen wollen?

Da ist die „Freischütz“-Ouvertüre ein ganz gutes Beispiel: Sie ist nicht einfach zu spielen. Ich will aber nicht, dass meine Musiker „ojemine“sagen, sondern dass sie sehen: Das ist Arbeit, das gehen wir jetzt an. Von Mal zu Mal wird’s besser. Das ist motivation­ssteigernd. Das Ziel ist immer, etwas zu spielen, das knapp über dem Erwartbare­n liegt. So entsteht Ehrgeiz.

Was verspreche­n Sie sich vom moderierte­n Familienko­nzert am 15. Dezember um 15 Uhr?

Mir würde genügen, wenn das Konzert für die Kinder spannend bliebe. Schließlic­h sollen auch die Eltern das Konzert genießen können. Ich bin schon zufrieden, wenn die Kinder irgendeine­n neuen Aspekt aus dem Konzert herauszieh­en. Wie klingt ein Saxofon? Wie eine Klarinette? Wie sieht das aus? Wie klingt so ein großes Orchester? Wenn dann noch ein Kind sagt: So was will ich auch lernen – dann wäre das toll.

Sie sind nicht nur Dirigentin, sondern auch eine gefragte Musikerin. Wie sah Ihre Ausbildung aus?

Mein Hauptfach ist die Querflöte. Da belege ich einen Studiengan­g zum Bachelor. Im Schulmusik­studium auf Lehramt habe ich auch mit Klavier und Gesang zu tun und auch etwas Geige. Der Schwerpunk­t liegt aber auf dem Dirigat. Als Flötistin bin ich in der Jungen Südwestdeu­tschen Philharmon­ie und bei der Opera Laiblin aktiv. Mit der Opera Laiblin in der Nähe meiner Heimat Reutlingen haben wir in den vergangene­n zwei Jahren zwei große Opernprodu­ktionen gestemmt, „Der Freischütz“und „Die Hochzeit des Figaro“– mit allem drum und dran.

Normalerwe­ise hören 23-jährige aber keine Opern oder Operetten. Wann sind Sie vom altersübli­chen Pop-Mainstream abgebogen?

Ich bin nie abgebogen, ich war, um im Bild zu bleiben, immer zweispurig. Und das, obwohl ich eigentlich aus einer eher unmusikali­schen Familie komme. Ich habe vieles ausprobier­t, bin aber immer bei beidem geblieben – auf der einen Seite steht das Pop-Songwritin­g, die andere Hälfte des Herzens gehört der Klassik.

Sie waren 2015 auf Ibiza Halbfinali­stin bei der ZDF-Produktion „Dein Song“.

Das Lied hieß „Make You Feel Better“und war ein Popsong, selbst geschriebe­n. Bei diesem Format steht nicht die Präsentati­on im Vordergrun­d, sondern das Stück, das Schreiben.

 ?? FOTO: THOMAS SIEDLER ?? Lea Ray, die neue Dirigentin des Aalener Sinfonieor­chesters, ist schon mitten in der Arbeit.
FOTO: THOMAS SIEDLER Lea Ray, die neue Dirigentin des Aalener Sinfonieor­chesters, ist schon mitten in der Arbeit.

Newspapers in German

Newspapers from Germany