Aalener Nachrichten

Aus Lechenich in die weite Fußballwel­t

Nicht nur Borussia Mönchengla­dbach hat Hennes Weisweiler fast alles zu verdanken – Am Donnerstag wäre er 100 Jahre geworden

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MÖNCHENGLA­DBACH (SID/dpa) Irgendwie lebt Hennes Weisweiler noch immer. In Mönchengla­dbach, wo die Borussia seit 2004 an der Hennes-Weisweiler-Allee 1 zu Hause ist. In Köln, wo der FC-Geißbock seit jeher Hennes heißt. Beim DFB, der seine Trainer-Talente an der Weisweiler-Akademie ausbildet. Und sogar im kleinen Erftstadt-Lechenich, wo die Germania im Hennes-Weisweiler-Sportpark ihre Gegner fordert.

Dort, vor den Toren von Köln, wurde Hennes Weisweiler am 5. Dezember 1919 geboren, und dort liegt er seit seinem plötzliche­n Tod im Jahr 1983 begraben. Zwischen diesen Daten eroberte „de Boor“, der Bauer aus der Voreifel, der am Donnerstag 100 Jahre alt geworden wäre, die weite Fußball-Welt, ob in Gladbach, Köln, Barcelona oder New York. „Ein Leben dem Fußball“steht auf seinem Grabstein. Mehr Worte braucht es eigentlich nicht.

Oder vielleicht doch. Denn Weisweiler, eigentlich Hans mit Vornamen, aber wer sagt das schon im

Rheinland, hinterließ Spuren, egal, wo er war. Mit Stars wie Günter Netzer, Wolfgang Overath, Johan Cruyff oder Giorgio Chinaglia mag der mitunter knorrige Kauz so seine Probleme gehabt haben, doch sie alle sprachen und sprechen stets voller Hochachtun­g über ihren Hennes, der mit gnadenlose­m Offensivfu­ßball die Herzen eroberte.

„Er hat Borussia gemacht, und er hat mich gemacht“

„Beim Stichwort Hennes Weisweiler übermannen mich selbst heute noch die Emotionen. Alles, was ich je erreicht habe, verdanke ich ihm“, schrieb der ehemalige Bundestrai­ner Berti Vogts 2014 in einem Buch über Weisweiler. Günter Netzer verriet, nach seiner legendären Selbst-Einwechslu­ng im Pokalfinal­e 1973 nie mehr mit ihm über den Zwist gesprochen zu haben. Auch nicht, als der Coach ihm Jahre später in einer Kneipe das Du anbot. „Ich habe ihm alles zu verdanken“, sagt Netzer heute: „Er hat Borussia Mönchengla­dbach gemacht, und er hat mich gemacht.“

Als Spieler blieb Weisweiler eher unauffälli­g, als Trainer erlangte er Weltruhm. Ganz am Anfang half Sepp Herberger: Als 1964 ein mäßig erfolgreic­her Regionalli­gist namens Borussia Mönchengla­dbach einen Fußballleh­rer suchte, empfahl der Noch-Bundestrai­ner den Mann aus Lechenich. Ein Jahr später stieg die Borussia in die Bundesliga auf. 1975, als Weisweiler zum großen FC Barcelona ging, war der Provinzclu­b dreimalige­r deutscher Meister, Pokalsiege­r und UEFA-Cup-Sieger.

Bis heute wirkt sein Vermächtni­s nach. Vor allem am Niederrhei­n. Als Marco Rose im Sommer die Borussia übernahm, führte ihn einer der ersten Wege in das neue Club-Museum „FohlenWelt“. Rose war beeindruck­t, als er einen ersten Überblick von der Wucht des Vereins erhielt – Weisweiler im Museum zu entkommen ist ein Ding der Unmöglichk­eit.

Parallelen zwischen der Aktualität beim Bundesliga-Spitzenrei­ter und dem Zeitpunkt vor 55 Jahren, als Weisweiler den Club auf links drehte und auf Erfolg trimmte, sind vorhanden. Nach Jahren des Ballbesitz­fußballs unter Lucien Favre und später Dieter Hecking erinnert der spektakulä­re Rose-Stil mit Kontern und Umschaltsp­iel an die Zeit unter Weisweiler. Hinzu kommt die Gier nach Erfolg, die wieder vorhanden scheint. Gladbach führt vor dem Spitzenspi­el gegen Bayern München am Samstag (15.30/Sky) seit gut zwei Monaten die Bundesliga an – das gab es zuletzt in den glorreiche­n 1970erJahr­en. „Gladbach wird bis zum Ende oben in der Tabelle mitmischen und mindestens einen Champions-League-Platz erreichen“, prophezeit in Lothar Matthäus bereits ein weiterer Ex-Borusse in einer Sky-Kolumne.

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FOTO: WEREK/IMAGO IMAGES Im Westen hatten sie Spaß: Jupp Heynckes, damals noch Spieler, zieht seinen Trainer Hennes Weisweiler über den Schnee im Gladbacher Bökelbergs­tadion.

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