Aalener Nachrichten

Kein Pardon für Parksünder

Wer falsch auf Parklätzen von Supermarkt oder Krankenhau­s steht, kommt nicht mehr so leicht davon

- Von Anja Semmelroch

(dpa) - Falschpark­er auf privat betriebene­n Parkplätze­n müssen sich künftig besser in Acht nehmen. Kassieren sie ein Knöllchen, wird es schwierig, sich vor dem Zahlen zu drücken. Pauschal zu behaupten, man habe sein Auto nicht selbst abgestellt, reicht dafür nicht mehr. Das folgt aus einem Urteil, das der Bundesgeri­chtshof (BGH) am Mittwoch verkündet hat.

Hintergrun­d ist, dass zum Beispiel viele Supermärkt­e ihre Parkfläche­n inzwischen von privaten Dienstleis­tern überwachen lassen. Sie wollen verhindern, dass Leute, die gar nicht einkaufen gehen, die kostenlose Parkmöglic­hkeit nutzen und damit den Kunden die Plätze wegnehmen.

Die Überwachun­gsfirmen dürfen – wie das Ordnungsam­t – Strafzette­l verteilen und Autos auch abschleppe­n lassen. Voraussetz­ung ist, dass sie zur Vorwarnung Hinweissch­ilder mit den Regeln aufstellen. Rechtlich sind die „Privatknöl­lchen“kein Verwarnung­soder Bußgeld, sondern eine Vertragsst­rafe. Den Vertrag schließt sozusagen der Fahrer ab, indem er sein Auto auf den Privatpark­platz stellt. Deswegen kann der Strafzette­l grundsätzl­ich nur den tatsächlic­hen Fahrer treffen, das stellen auch die Karlsruher Richter noch einmal klar. Wer das Auto gesteuert hat, ist aber oft nicht bekannt. Der Parkplatzb­etreiber kann dann nur den Halter des Wagens ermitteln.

Sagt der Halter nicht frei heraus, dass er an dem Tag selbst gefahren ist, kann das für den Betreiber zum

werden. Genauso gut könnte zum Beispiel ein Ehepartner oder jemand aus der Familie das Auto geparkt haben. Bisher waren viele Amts- und Landgerich­te davon ausgegange­n, dass der Halter niemanden anschwärze­n muss. Das machte es auch zu Recht bestraften Parksünder­n leicht, sich aus der Affäre zu ziehen – sie konnten einfach behaupten, es nicht gewesen zu sein.

Der BGH dreht den Spieß nun um: Bestreitet der Halter, das Auto geparkt zu haben, muss er in Zukunft angeben, wer sonst noch als Fahrer infrage kommt. Tut er das nicht, muss er selbst das Knöllchen bezahlen. Die Richter finden, das sei dem Halter zumutbar: „Denn er hat es regelmäßig in der Hand, wem er sein Fahrzeug überlässt.“

Kritik kommt vom Autofahrer­club ADAC. Viele Parkraumüb­erwacher erzielten ihre Einnahmen allein aus den Forderunge­n gegen Falschpark­er, sagt ein Sprecher. „Es besteht gerade bei diesem Geschäftsm­odell gar kein Interesse daran, das Falschpark­en zu verhindern.“Aus Sicht des ADAC sollte es das Problem des Betreibers bleiben, wie er es schafft, die Parksünder zu erwischen. Dann brauche es an den Parkplätze­n eben Zufahrtssp­erren oder Kontrolleu­re.

Das sieht der BGH aber gerade anders. Jemandem, der Parkplätze kostenlos zur Verfügung stelle, sei es nicht zuzumuten, extra eine SchranProb­lem ke zu installier­en – nur um zu verhindern, dass Autofahrer das Angebot missbrauch­ten. Es liege auch im Interesse der Allgemeinh­eit, dass der Zugang zu privaten Parkplätze­n möglichst einfach bleibe.

In dem konkreten Fall, den der BGH verhandelt­e, ging es um ein Auto, das gleich dreimal falsch auf den Parkplätze­n zweier Krankenhäu­ser stand. Einmal parkte das Auto länger als erlaubt, zweimal war der Platz für Mitarbeite­r reserviert. Die Strafe: einmal 15, zweimal 30 Euro. Aber die Halterin zahlte nicht. Sie habe das Auto nicht gefahren. Sonst hüllte sie sich in Schweigen.

Inzwischen sind noch Kosten für die Halteranfr­agen und die Inkassofir­ma

angefallen. Vor Gericht geht es deshalb um knapp 215 Euro. Das Landgerich­t Arnsberg hatte zunächst gegen den Parkplatz-Betreiber entschiede­n. Nun muss es die Frau noch einmal dazu befragen, wer – wenn nicht sie – das Auto abgestellt hat.

Die obersten Zivilricht­er in Karlsruhe äußern sich auch zur Höhe der vorgesehen­en Strafe. Die Schilder drohten mit einem „erhöhten Parkentgel­t“von mindestens 30 Euro. Das sei nicht unangemess­en. Der Bundesverb­and Parken, dessen rund 200 Mitglieder mehr als eine Million Stellplätz­e bewirtscha­ften, begrüßte das Urteil. „Das schafft ein Stück weit Klarheit“, sagte Geschäftsf­ührerin Elisabeth Herles. Falschpark­er verhielten sich schlicht unfair. Die Entscheidu­ng sei im Interesse aller Autofahrer, die sich an die Regeln hielten.

Der Bundesgeri­chtshof in Karlsruhe hatte den Halter in der Vergangenh­eit schon in zwei anderen Punkten in die Pflicht genommen: Er kann bei Geldstrafe verpflicht­et werden, dafür Sorge zu tragen, dass sein Auto nicht noch einmal unberechti­gt auf dem Parkplatz steht. Und er trägt die Kosten, wenn sein Auto abgeschlep­pt wird. Die Knöllchen-Frage war noch offen.

Auch im öffentlich­en Verkehr gilt, dass der Fahrer und nicht der Halter den Strafzette­l zahlt. Schaffen es die Behörden nicht, den Fahrer zu ermitteln, können sie aber dem Fahrzeugha­lter sämtliche Kosten des Verfahrens auferlegen. Das ist im Straßenver­kehrsgeset­z geregelt. Für privat betriebene Parkplätze gilt diese Vorschrift nicht.

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FOTO: DANIEL KARMANN/DPA Künftig kann auch beim Falschpark­en auf Privatpark­plätzen der Fahrzeugha­lter zur Kasse gebeten werden. Das hat der Bundesgeri­chtshof entschiede­n.

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