„Wann hört dieser Schwachsinn endlich auf?“
Der Fall des deutschen Rassismus-Opfers Antonio Rüdiger wühlt England auf
(SID) - Am Ende seiner vier Twitter-Nachrichten hatte Antonio Rüdiger nur noch eine Frage: „Wann hört dieser Schwachsinn endlich auf?“Mit diesem Schwachsinn meinte der deutsche Nationalspieler den Rassismus, dessen Opfer er zuvor geworden war. Die Beleidigungen gegen den Verteidiger des FC Chelsea während des Londoner Stadtduells am Sonntag bei Tottenham Hotspur (2:0) haben nicht nur Rüdiger, sondern auch die Premier League und sogar ganz England aufgewühlt.
Fußballlegende gibt den großen englischen Parteien Mitschuld Dafür sorgte vor allem der frühere englische Nationalspieler Gary Neville. In seiner Rolle als Experte beim TV-Sender Sky Sports hob der ExProfi von Manchester United die Diskussion auf ein anderes Level, in dem er den beiden großen politischen Parteien eine Mitschuld an dem Problem gab. Das große Echo auf der Insel wurde aber vor allem dadurch ausgelöst, dass der Moderator die Diskussion abwürgen wollte – Neville aber auf seinem Standpunkt beharrte.
„Wir hatten gerade Wahlen in diesem Land. Dabei wurde beiden großen Parteien und den Chefs dieser beiden Parteien immer wieder vorgeworfen, dass sie Rassismus schüren und Rassismus in ihren Parteien akzeptieren“, sagte Neville: „Wenn es also in den höchsten Ämtern dieses Landes akzeptiert ist, sprechen wir nicht von einem Problem auf einer unteren Ebene.“Für diese klaren Worte wurde Neville von zahlreichen englischen Sport-Größen wie Gary Lineker und Ian Wright ausdrücklich gelobt.
Zuletzt hatte bereits UEFA-Präsident Aleksander Ceferin den englischen Premierminister Boris Johnson attackiert. „Wenn ein Politiker, der Frauen mit Burkas als ,Briefkästen’ bezeichnet, der UEFA vorwirft, sie würde das Rassismus-Problem nicht bekämpfen – würden sie darauf
Antonio Rüdiger antworten? Glauben sie, dass das aufrichtig ist? Also bitte...“, sagte Ceferin Anfang Dezember.
Rüdiger, der einst auch beim VfB Stuttgart spielte, forderte die Gesellschaft auf, die Augen vor dem Problem, das zuletzt in der Premier League sowie in der italienischen Serie A immer wieder zum Vorschein gekommen ist, nicht zu verschließen. „Es ist eine Schande, dass Rassismus im Jahr 2019 noch existiert“, schrieb der 26-Jährige: „Es ist wichtig, dass man darüber in der Öffentlichkeit spricht, sonst wird es in ein paar Tagen wieder vergessen sein.“
Rüdiger hatte sich Mitte der zweiten Halbzeit über rassistische Gesänge der Spurs-Anhänger beklagt. Daraufhin ließ der Schiedsrichter über den Stadionsprecher eine Warnung an die Fans aussprechen. Die Spurs kündigten eine Untersuchung und harte Sanktionen an. Nach Abpfiff positionierten sich beide Trainer mit deutlichen Worten. „Ich hasse Rassismus in der Gesellschaft und im Fußball“, sagte Tottenhams José Mourinho. Chelseas Frank Lampard ergänzte: „Das Problem muss mit aller Kraft angegangen werden.“
Die englische Gewerkschaft der Profifußballer (PFA) sieht die Politik in der Pflicht. „Wir sind angewidert und bestürzt, dass erneut ein Premier-League-Spiel betroffen ist“, hieß es in einer Stellungnahme: „Die PFA fordert eine Untersuchung der Regierung hinsichtlich des Rassismus-Problems und der Zunahme von Hassverbrechen im Fußball.“