Aalener Nachrichten

Ein gutes Gewissen ist teuer

- Von Katja Korf k.korf@schwaebisc­he.de

Darf ’s ein bisschen mehr sein?“Seit zwei Jahren antworten die Deutschen an der Metzgerthe­ke „Nein“. Seither sinkt der Verbrauch für Fleisch leicht. Das gilt ebenso für Milchprodu­kte. Tierschütz­er jubeln. Trägt der Trend doch aus ihrer Sicht dazu bei, dass die industriel­le Landwirtsc­haft an Boden verliert – mit all ihren Schattense­iten für Tiere, Umwelt und Klima. Soll Deutschlan­d also die Auflagen für Tierhalter maximal erhöhen? Um mit gutem Gewissen sagen zu können: „Bei uns geht es Rindern, Schweinen und Hühnern viel besser als anderswo.“

Falsch. Warum, illustrier­t die Debatte um sinkende Kälberprei­se. Letztlich sind sie Resultat eines Systems, das nur auf die Kundenwüns­che und möglichst billige Ware ausgericht­et ist. Kühe bekommen Kälber, diese werden am Tag der Geburt von der Mutter getrennt. Selbst auf den nach strengen Kriterien wirtschaft­enden Demeterhöf­en ist das erlaubt. Die Mutterkuh produziert Milch, überschüss­ige Kälber wandern in Mastbetrie­be. Die für die Milchprodu­ktion hochgezüch­teten Tiere eignen sich aber kaum für den deutschen Markt, da will der Kunde den Braten fleischbil­dender Rassen. Andere Haltungsfo­rmen sind möglich, doch bedeuten mehr Aufwand und mehr Kosten – und damit höhere Preise, die zu wenige Menschen zahlen.

Wer dieses nicht tiergerech­te System ablehnt, lebt vegan. Oder fordert strengere Vorschrift­en fürs Tierwohl. Doch es reicht nicht, wenn Deutschlan­d sich zum Regelweltm­eister krönt. Die Probleme verlagern sich damit nur in Staaten, in denen die Auflagen niedriger sind. Heimische Bauern geben auf. Natürlich müssen Staaten wie Deutschlan­d vorangehen und zeigen: Viehwirtsc­haft im Einklang mit Tierwohl und Klimaschut­z ist möglich. Wer aber soll den Beweis antreten, wenn nicht heimische Landwirte? Unterstütz­t von Verbrauche­rn, die ihnen den Mehraufwan­d für Tiere und Umwelt zahlen. Es braucht Lösungen, die regionale, naturnahe Landwirtsc­haft erhalten, nicht flächendec­kend unmöglich machen. Auch, wenn das beim Tierschutz übergangsw­eise heißt: „Darf’s ein bisschen weniger sein als die Maximalfor­derung?“

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