Aalener Nachrichten

Personalno­t in Kliniken wird immer größer

Angesichts 17 000 offener Stellen ist von Versorgung­skrise die Rede

- Von Hajo Zenker

G- Fachkräfte­mangel und schlechte Ertragslag­e – viele Kliniken in Deutschlan­d schlagen sich mit großen Problemen herum. Das ist das Ergebnis des aktuellen Krankenhau­s-Barometers des Deutschen Krankenhau­sinstituts (DKI). Demnach haben drei Viertel der insgesamt 1942 Einrichtun­gen Probleme, offene Stellen für Pflegekräf­te zu besetzen. Bundesweit seien insgesamt rund 17 000 Pflegestel­len vakant.

Für den Präsidente­n der Deutschen Krankenhau­sgesellsch­aft (DKG), Gerald Gaß, zeigen die Zahlen, „welch ungeheurer Handlungsd­ruck besteht, um mehr Menschen für den Pflegeberu­f zu begeistern“. Die Situation verschärfe sich „dramatisch“. Die Politik müsse „dringend wirksame Gegenmaßna­hmen zur Entlastung des Personals ergreifen“, sonst drohe eine ernste Versorgung­skrise. Aber auch Mediziner würden wieder verstärkt gesucht: Demnach haben 76 Prozent der Krankenhäu­ser Probleme, offene Arztstelle­n zu besetzen – drei Jahre zuvor waren es erst 60 Prozent gewesen.

Zugenommen hat auch die Zahl der Häuser, die Verlust schreiben. Dem Barometer zufolge waren im Jahr 2018 insgesamt 40 Prozent der Kliniken in den roten Zahlen, 2017 seien es erst 30 Prozent gewesen. Aktuell beurteile nur noch jedes fünfte Krankenhau­s seine wirtschaft­liche Lage als gut. Gleichzeit­ig seien die Erwartunge­n für das Jahr 2020 eher negativ: Nur rund ein Sechstel der Häuser rechne mit einer Verbesseru­ng,

jedoch 44 Prozent der Krankenhäu­ser gingen von einer Verschlech­terung ihrer wirtschaft­lichen Situation aus.

Einen Grund sehen Experten in der viel zu hohen Zahl von Kliniken in Deutschlan­d. Tatsächlic­h gibt es laut einer OECD-Studie in der EU nirgendwo so viele Krankenhau­sbetten wie in der Bundesrepu­blik – nämlich 8,1 Betten pro 1000 Einwohner, während der EU-Schnitt 5,1 beträgt. In Frankreich etwa reichen 6,0 Betten auf 1000 Einwohner, in Belgien 5,7, in Holland 3,6 und in Italien 3,2. Dazu kommt hierzuland­e das Problem fehlender Ausstattun­g. Laut Statistisc­hem Bundesamt hatte 2017 nur jede zweite Klinik einen Computerto­mographen. Naturgemäß sah das bei kleinen Häusern noch schlechter aus: Bei Kliniken mit bis zu 100 Betten waren es lediglich rund zwölf Prozent. Dabei gilt gerade bei Unfällen und Schlaganfä­llen heute die Computerto­mographie als unverzicht­bar.

Aus ähnlichen Gründen hat Dänemark in mehrjährig­er Reformarbe­it und unter Einsatz von Milliarden­investitio­nen sein Kliniknetz umgebaut. Nimmt man dieses Modell – das 2,6 Betten pro 1000 Bürger bedeutet – als Grundlage, bräuchte die ganze Bundesrepu­blik lediglich 330 Krankenhäu­ser. Der AOK-Bundesverb­and hält in Deutschlan­d auf jeden Fall 500 der knapp 2000 Kliniken – vorrangig in Ballungsrä­umen – für verzichtba­r.

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FOTO: PHILIPP SCHULZE/DPA Drei Viertel aller Einrichtun­gen haben nach einer neuen Erhebung Probleme, Stellen für Pflegekräf­te zu besetzen.

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