Theater ist für Überraschungen gut
Das bringt die neue Saison: Stücke von Bestsellerautoren, ein Mammutprojekt von Matthias Lilienthal und eine Oper über die Callas
(dpa) - Klar, es gibt in deutschen Theatern etliche Klassiker. Es werden noch immer gern Stücke von Shakespeare, Brecht oder Schiller gespielt. Es gibt aber auch viele neue Ideen, wie ein Blick auf den Jahresanfang 2020 zeigt. Eine Auswahl von acht Theaterstücken und einer Oper:
Ferdinand von Schirach („Verbrechen“, „Schuld“) ist eigentlich Jurist. Nun bringt er sein zweites Theaterstück heraus. „Gott“soll am 25. April 2020 uraufgeführt werden. Und zwar parallel am Schauspielhaus Düsseldorf und am Berliner Ensemble, aber von zwei verschiedenen Regisseuren. Ähnlich wurde es schon bei Schirachs erstem Theaterstück „Terror“gehandhabt. Diesmal geht es um Sterbehilfe.
Kirill Serebrennikow stand rund anderthalb Jahre unter Hausarrest. Nun soll der russische Regisseur für das Deutsche Theater in Berlin das
Stück „Decamerone“inszenieren. Die Proben sollen im Januar beginnen und zwar in Moskau. Denn noch läuft ein Prozess gegen Serebrennikow. Die Ermittler werfen ihm und einigen Mitarbeitern seiner Produktionsfirma vor, staatliche Fördergelder in Millionenhöhe unterschlagen zu haben. Serebrennikow bestreitet das. Die Premiere in Berlin ist am 8. März 2020 geplant.
Matthias Lilienthal (Foto: dpa) verabschiedet sich im Sommer als Intendant der Münchner Kammerspiele. Bei „Olympia 2666“lädt er die Zuschauer auf eine 24-stündige Reise quer durch die Stadt ein und danach zum gemeinsamen Frühstück. Das Stück nach dem Roman „2666“des Chilenen Roberto Bolano hat acht Spielorte, für die das Kollektiv raumlaborberlin eine Szenografie entwickelt. Inszeniert wird das 24-StundenSpektakel von Regieteams. Dazu gehört Christopher Rüping, dessen Stück „Dionysos Stadt“im Sommer in einer Kritikerumfrage des Magazins „Theater heute“zur Inszenierung des Jahres gewählt worden war. „Olympia 2666“startet im Mai.
Yuval Noah Harari landet derzeit einen Bestseller nach dem anderen. Der israelische Historiker nimmt sich in „Eine kurze Geschichte der Menschheit“die Entwicklung der Menschheit vor. Die Theaterregisseurin Yael Ronen lässt sich davon nun zu einem Theaterstück inspirieren: Das Hamburger Thalia Theater will „(R)Evolution“voraussichtlich am 29. Februar 2020 uraufführen. Ronen arbeitet sonst am Berliner Maxim Gorki Theater.
Maria Callas, die Starsopranistin, ist in ihren Rollen auf der Bühne oft gestorben. Die Performance-Künstlerin Marina Abramovic greift für ein Projekt der Bayerischen Staatsoper in München sieben dieser Bühnentode auf und fügt sie zu einem Ganzen. „7 Deaths of Maria Callas“rückt Arien in den Mittelpunkt, die für die Operndiva große Bedeutung hatten. Dabei geht es um Opern wie „Norma“, „Tosca“oder „La Traviata“und um Todesarten wie Erstechen, Erwürgen oder Tuberkulose. Premiere ist am 11. April 2020.
Frank Castorfs Inszenierungen sind eigentlich nie dezent. In Hamburg nimmt er sich nun Joseph Conrads Roman „Der Geheimagent“vor. Es geht um den Kampf der Geheimdienste gegen terroristische Angriffe in Europa, wie das Deutsche Schauspielhaus ankündigte. Premiere ist am 23. Mai. Meist dauern Castorfs Inszenierungen etliche Stunden – und sind nichts für schwache Nerven. Der 68-Jährige adaptiert übrigens noch einen Roman: Am Berliner Ensemble inszeniert er Erich Kästner. Premiere von „Fabian oder der Gang vor die Hunde“ist am 28. März 2020.
Burkhard C. Kosminski (Foto: dpa), der Stuttgarter Intendant, inszeniert das Stück „Weltwärts“des US-Dramatikers Noah Haidle. Darin geht es um Ann, die sich ihren Abgang nicht von ihrer Krankheit diktieren lassen möchte. Viel lieber plant sie ihr Ende und zelebriert es mit einer „Seelenwanderungsfeier“. Eine perfekte Gelegenheit, um während der Zeremonie all das Ungesagte und Unausgebrütete zu formulieren. „Weltwärts“ist eine „Tragikomödie in Echtzeit“. Kosminski bringt das Stück am 29. Februar 2020 auf die Bühne des Staatsschauspiels. „,Weltwärts’ ist ein leidenschaftliches Plädoyer für ein selbstbestimmtes Leben, einen offensiven Umgang mit dem Sterben und eine berührende Familiengeschichte“, sagt er.