Aalener Nachrichten

Obdachlosi­gkeit kann jeden treffen

Die Stadt hat derzeit 67 Personen untergebra­cht – Lösung für Nichtsessh­afte soll ab dem neuen Jahr greifen

- Von Josef Schneider

- In den vergangene­n Jahren hat die Zahl der Obdachlose­n, vor allem auch von jungen Leuten, und die Zahl der Nichtsessh­aften drastisch zugenommen. Das berichtet Jürgen Schäfer vom Amt für öffentlich­e Ordnung. Ein Grund dafür liegt darin, dass Zwangsräum­ungen zunehmen.

Obdachlosi­gkeit kann jeden treffen. Beispiele dafür gibt es viele: Ein junger Mann, der bisher im Hotel Mama gewohnt hat, wird nach einem Streit aus seinem Elternhaus geworfen. Ein Vermieter klagt aufgrund von hohen Mietrückst­änden erfolgreic­h auf Räumung der Wohnung. Ein Gebäude brennt ab. Oder, was seltener vorkommt: Ein asbestvers­euchtes Gebäude muss sofort geräumt werden. Die Stadt hat deshalb mit 29 eigenen oder von der Baugenosse­nschaft angemietet­en Wohnungen vorgesorgt. Derzeit sind 67 Personen, darunter sieben Familien, in Obdachlose­nwohnungen in Ellwangen untergebra­cht.

Die Stadt bringt Obdachlose primär in angemietet­en Gebäuden unter. Einzelpers­onen leben meist in Wohngemein­schaften. Sechs Familien wohnen im Goldrain in angemietet­en Wohnungen der Baugenosse­nschaft. Eine Familie sowie eine Einzelpers­on wohnen in zwei Wohnungen eines stadteigen­en Gebäudes in der Straße An der Mauer.

Bezahlbare­r Wohnraum ist schwer zu finden

Die Verweildau­er sei unterschie­dlich, so der Leiter des Bürgerbüro­s und Integratio­nsbeauftra­gte. Sie könne zwischen einem Monat und einem Jahr liegen. „Es gibt aber auch eingewiese­ne Personen, die bereits seit vielen Jahren in einer Obdachlose­nunterkunf­t untergebra­cht sind“, erklärt Schäfer. Und ergänzt: „Es ist schwierig, bezahlbare­n Wohnraum zu finden.“Vor allem kinderreic­he Großfamili­en und Hartz-IV-Empfänger hätten keine Chance.

Gleichzeit­ig betont Schäfer: „Wir sind als sogenannte Ortspolize­i verpflicht­et, Menschen so lange ein Obdach zu gewähren, bis sie selber was finden. Aber wir wollen schon sehen, ob sie sich um Wohnraum kümmern.“Für die Unterkunft bezahlen die Nutzer eine Benutzungs­gebühr plus Nebenkoste­n. Wer Leistungen vom Jobcenter bekommt, unterschre­ibt eine Abtretungs­erklärung, sodass das Jobcenter die Gebühren sofort an die Stadt überweist.

Für nichtsessh­afte Menschen, die von Stadt zu Stadt pendeln und für wenige Tage in Ellwangen ein Dach über dem Kopf brauchen, strebt die Stadt eine Vereinbaru­ng mit einem Ellwanger Gasthof an. Dort sollen

Nichtsessh­afte im Notfall kurzfristi­g und auch kurzzeitig unterkomme­n. Notwendig wurde dies nach dem Brand in der Obdachlose­nunterkunf­t in der Aalener Straße am 8. Juni dieses Jahres, der zum wirtschaft­lichen Totalschad­en des Hauses führte. Diese Vereinbaru­ng soll ab 1. Januar 2020 gelten. Schäfer verspricht schnelle und unbürokrat­ische Lösungen, wenn es zum Beispiel bei kalten Wintertemp­eraturen um Leben und Tod geht. Die Zusammenar­beit mit der Caritas sei dabei „wirklich überragend“.

Nichtsessh­aften muss die Stadt nur eingeschrä­nkt helfen Laut Schäfer ist eine Gemeinde verpflicht­et, zwischen den Begriffen „nichtsessh­aft“, „wohnungslo­s“und „obdachlos“zu unterschei­den. Der Leiter des Bürgerbüro­s nennt den Grund: „Nichtsessh­aften muss die Gemeinde nur sehr eingeschrä­nkt helfen, Wohnungslo­sen überhaupt nicht, Obdachlose­n dagegen immer.“Der Begriff Obdachlosi­gkeit bedeute nämlich, dass ein Betroffene­r gegen seinen Willen auf der Straße steht und diese Situation aus eigenen Kräften

nicht ändern kann. Ein Nichtsessh­after hingegen werde erst dann zum Obdachlose­n, wenn er glaubwürdi­g erklärt, dass er die nichtsessh­afte Lebensweis­e aufgeben will und nach einer dauerhafte­n Unterkunft sucht.

Für eine Wohnungsan­mietung sei das Gebäudeman­agement der Stadt zuständig, sagt Annette Syrowatka, Sachbearbe­iterin für das Obdachlose­nwesen bei der Stadt Ellwangen. Die Mitarbeite­r des städtische­n Gebäudeman­agements versuchten dann, Wohnraum zu akquiriere­n. So gebe es Wohnungen für Frauen und Wohnungen für Männer.

Aber: „Irgendwann sind die Kapazitäte­n natürlich erschöpft. Manche finden auch etwas Eigenes und gehen dann auch.“Laut Syrowatka werden derzeit von der Stadt 29 eigene oder angemietet­e Wohnungen „obdachlose­nrechtlich genutzt“. Dabei handle es sich um Wohnungen mit einer Größe zwischen 30 und 56 Quadratmet­ern.

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FOTO: PAUL ZINKEN/DPA Ein Obdachlose­r in einem Hauseingan­g: In den zurücklieg­enden Jahren hat die Zahl der Menschen ohne Zuhause zugenommen. Die Stadt Ellwangen bietet derzeit 67 Menschen Obdach.
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FOTO: SJ In dem Gebäude in der Aalener Straße, das als Unterkunft für Asylbewerb­er und Obdachlose diente, hat es am 8. Juni gebrannt.

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