Der Joker
Zum Tod von Hans-Jörg Criens, der es ohne Titelgewinn zur Bundesligalegende schaffte
(dpa/SID) Er war nie Nationalspieler, deutscher Meister oder Pokalsieger – und doch genoss Hans-Jörg Criens bei Borussia Mönchengladbach echten Legendenstatus. Lediglich Jupp Heynckes (195) und Herbert Laumen (97) erzielten mehr Bundesligatore für die Fohlenelf als der gebürtige Neusser. 92-mal traf der gebürtige Neusser, und das in einer Zeit, in der die Gladbacher sich in den 1980ern und frühen 1990ern Stück für Stück aus der Beletage des Weltfußballs verabschiedeten.
Zum Kultstatus des in Neuss geborenen Criens trug vor allem das Pokal-Halbfinale am 1. Mai 1984 bei. Schließlich schlüpfte er in diesem Spiel, das in der ereignisreichen Vereinshistorie der Borussia noch immer zu den unvergessenen Höhepunkten zählt, in die Rolle des
Hauptdarstellers. Der beim Stand von 4:3 für Werder Bremen eingewechselte Criens traf kurz vor dem Ende der regulären Spielzeit zum 4:4 – und in der Verlängerung zum 5:4Endstand. Dieser Auftritt trug zu seinem Ruf als erster Joker im deutschen Fußball bei. Immerhin gelangen ihm, von seinen Mitspielern meist nur als „Langer“bezeichnet, bei 67 Bundesliga-Einwechslungen 14 Tore.
„Er war auch ein Sonnyboy“
Als sein Herzensclub in den Jahren danach allmählich den Kontakt zur nationalen Spitze verlor, wurde aus dem Einwechselspieler ein Leistungsträger. Criens führte das Team häufig als Mannschaftskapitän auf das Feld und sah sich laut Verein „selbst als Leitfigur“. In seinen zwölf Jahren bei der Borussia bestritt er 341
Pflichtspiele und erzielte dabei wettbewerbsübergreifend 115 Tore. Nach zwei weiteren Jahren beim 1. FC Nürnberg beendete Criens 1995 seine aktive Profikarriere. Ein Knorpelschaden im linken Kniegelenk zwang ihn zum Aufhören.
Zu seinen größten Erfolgen zählen die Teilnahmen an den PokalEndspielen 1984 und 1992 sowie der dritte Bundesliga-Platz mit Mönchengladbach in der Saison 1983/84. 1987 kam Criens in einem Spiel für die deutsche Olympia-Auswahl zum Einsatz. Im selben Jahr stand er mit der Borussia im Halbfinale des UEFA-Pokals. Nicht wenige Experten waren und sind der Ansicht, dass Criens noch mehr aus seiner Karriere hätte herausholen können. „Von seinen Anlagen her hätte er eigentlich Nationalspieler werden müssen. Doch er war auch ein Sonnyboy, als
Trainer war es harte Arbeit, sein volles Potenzial aus ihm herauszukitzeln“, sagte einmal der im vergangenen Jahr gestorbene Wolf Werner, der Criens von 1987 bis 1989 bei der Borussia betreute.
Nach seinem Karriereende war Criens noch in unteren Spielklassen als Spieler und Trainer aktiv. Für Borussias Traditionsmannschaft war Criens bis zuletzt aktiv.
Die Nachricht von seinem unerwarteten Tod am 2. Weihnachnachtstag im Alter von 59 Jahren sorgte für Bestürzung nicht nur bei seinen Ex-Clubs. „Unser aller Mitgefühl und unsere Anteilnahme gelten seiner Familie und seinen Angehörigen“, hieß es in einem Statement Mönchengladbachs. „Wir lassen nur die Hand los, nicht den Menschen. Ruhe in Frieden LANGER“, twitterte Ex-Mitspieler Jörg Neun.