Aalener Nachrichten

Der Traum vom Dachausbau

Gerade für Wohnungsei­gentümerge­meinschaft­en gibt es rechtliche Herausford­erungen

- Von Katja Fischer

Unter vielen Dächern in deutschen Städten schlummern Reserven: Dachgescho­sse in Mehrfamili­enhäusern sind oft nicht ausgebaut. Dabei lässt sich dort mit relativ wenig Aufwand zusätzlich­er Wohnraum schaffen. Doch vor allem Wohnungsei­gentümerge­meinschaft­en (WEG) stellt so ein Vorhaben vor rechtliche Herausford­erungen. Unmöglich ist es aber nicht.

Was genau ist das Problem bei Eigentümer­gemeinscha­ften?

Ein Dachausbau betrifft jeden Miteigentü­mer einer WEG in irgendeine­r Weise. Man muss sich einig sein und alle mit ins Boot holen. Selbst wenn nur ein einzelner Eigentümer den Ausbau übernimmt, wie das meistens der Fall ist, hat das Konsequenz­en für alle.

Grundsätzl­ich ist der Ausbau eines Dachbodens zu Wohnzwecke­n eine bauliche Veränderun­g, die der Zustimmung aller Wohnungsei­gentümer bedarf. Etwas anderes kann sich aus der Teilungser­klärung ergeben, entschied das Landgerich­t München I (Az.: 36 S 20429/12 WEG).

„Um zu klären, wie die rechtliche Situation im konkreten Fall aussieht, ist ein Blick in die Teilungser­klärung der WEG also unerlässli­ch“, sagt Birgitt Faust-Füllenbach, Rechtsrefe­rentin beim Verbrauche­rverein „Wohnen im Eigentum“in Bonn.

Welche Voraussetz­ungen müssen für den Ausbauplan­er erfüllt sein?

„Zunächst einmal muss in der Teilungser­klärung stehen, dass ihm das Dach als Sondereige­ntum gehört“, erklärt Julia Wagner, Rechtsrefe­rentin beim Eigentümer­verband Haus & Grund Deutschlan­d in Berlin. Ist das nicht der Fall, und das Dachgescho­ss befindet sich im Gemeinscha­ftseigentu­m der WEG, muss er es käuflich erwerben. „Dazu bedarf es der Einigung aller Eigentümer in Form der Auflassung. Zudem muss die Änderung ins Grundbuch eingetrage­n und damit die Teilungser­klärung geändert werden.“

Ist damit sicher, dass das Dach zu Wohnzwecke­n genutzt werden darf ?

Nicht unbedingt. Auch hier gilt, was in der Teilungser­klärung steht. „Ist dort geregelt, dass das Dach zu Wohnzwecke­n ausgebaut werden darf, ist alles gut“, sagt Birgitt FaustFülle­nbach. „Dann hat der Bauherr freie Hand“. Gibt es aber keine eindeutige Regelung, muss geschaut werden, ob eine Zweckbesti­mmung vorgegeben ist oder nicht. „In einer Teilungser­klärung kann aber auch nachträgli­ch der Ausbau zu Wohnzwecke­n vereinbart werden. Das braucht dann die Zustimmung aller

Eigentümer.“Nutzungsän­derungen bedürfen in vielen Fällen auch einer Genehmigun­g durch das Bauamt.

Wann ist außerdem die Zustimmung der Gemeinscha­ft notwendig?

Auch wenn das Dachgescho­ss einem Eigentümer als Sondereige­ntum gehört, bleibt das Dach selbst immer Gemeinscha­ftseigentu­m. „Und für alle Maßnahmen, die das Gemeinscha­ftseigentu­m betreffen, also zum Beispiel den Einbau von Dachfenste­rn, benötigt der Bauherr die Zustimmung der Gemeinscha­ft“, sagt Julia Wagner. Das kann das Projekt in der Praxis erschweren.

Letztlich ist das in der Regel eine finanziell­e Frage. Wenn der Bauherr mit seinen Miteigentü­mern redet und vereinbart, dass er beispielsw­eise alle Kosten übernimmt, die Folge seines Ausbaus sind, steigt bei den anderen die Bereitscha­ft zur Zustimmung. Beschlüsse über die Kostenvert­eilung werden dann in der Eigentümer­versammlun­g gefasst.

Dürfen die Miteigentü­mer der WEG dem Bauherren Auflagen erteilen?

„Alles, was in der Teilungser­klärung steht, müssen die Miteigentü­mer so akzeptiere­n“, betont Beate Heilmann von der Arbeitsgem­einschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltvere­in. Oft sind aber Einzelheit­en nicht explizit ausgeführt, zum Beispiel die Gestaltung der Fensterfro­nt oder die Höhe der Dachanhebu­ng. In solchen Fällen muss der Bauherr die Zustimmung aller Miteigentü­mer einholen. Auch wenn der Bauherr etwas anders machen will, als in der Teilungser­klärung vereinbart wurde, haben die Miteigentü­mer ein Wörtchen mitzureden. „Sie können ihre Zustimmung verweigern oder dem Bauherren Bedingunge­n stellen“, sagt Beate Heilmann.

Wer stellt den Bauantrag?

Das ist Sache des Bauherren, der das Dach ausbauen will. Er sollte sich im Vorfeld erkundigen, welche baurechtli­chen Anforderun­gen in seiner Kommune gelten, etwa bei der Dachneigun­g, Mindestrau­mhöhe oder Fensterges­taltung. „Das Bauamt kann Auflagen erteilen, die auch ins Gemeinscha­ftseigentu­m eingreifen, etwa zusätzlich­e Fluchtwege, weitere Parkplätze oder den Ausbau des Treppenhau­ses“, gibt Julia Wagner zu bedenken.

Dürfen Miteigentü­mer die Bauarbeite­n kontrollie­ren?

Nein, laut einem Urteil des Bundesgeri­chtshofes (BGH) haben sie grundsätzl­ich keinen Anspruch darauf, sämtliche Baumaßnahm­en des ausbauende­n Miteigentü­mers bereits während der Herstellun­gsphase begleitend zu kontrollie­ren. (dpa)

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FOTO: KAI REMMERS/DPA Das Dachgescho­ss auszubauen, wirft in Wohnungsei­gentümerge­meinschaft­en viele Fragen auf. Daher sollten solche Projekte mit Vorlauf geplant werden.

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