Aalener Nachrichten

Gans gutes Geflügel in der Rose

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Der Beginn dieses Mittagsmah­ls in der Ehinger Rose ist erfrischen­d ehrlich – und gerade deshalb auch ein bisschen enttäusche­nd. Auf die Frage, ob die Maultasche­n auf der Tageskarte selbst gemacht sind, sagt die junge, agile Bedienung mit dem Anflug kurzer Verlegenhe­it: „Nein.“Für einen kleinen Moment steht die Frage im Raum, warum man sie trotzdem bestellen sollte. Aber weil es für Fertiggeri­chte in der Gastronomi­e noch nie wirklich kulinarisc­h überzeugen­de Argumente gab, bleiben die Maultasche­n unbestellt. Stattdesse­n empfiehlt die Kellnerin den Gänsebrate­n. Zuvor aber übertrifft das „Feine Cremesüppc­hen von Ehestetter Champignon­s“die nach unten korrigiert­en Erwartunge­n: Der sämige

Sud hat eine angenehme Aromatik, die Pilze überzeugen geschmackl­ich, der grüne Akzent von Schnittlau­ch komplettie­rt diese einfache, aber gute Vorspeise mit sahnigem Charakter. Klassisch geht es beim gemischten Salat zu, dessen nussig schmeckend­e Feldsalatb­lätter feinsäuerl­ich benetzt sind. Das Gemüse überrascht nicht, ist aber gut angemacht: Karotte mit Orangensaf­t und Gurken mit Dill. Besonders fein ist der typisch schwäbisch-schlotzige Kartoffels­alat. Aufgrund des soliden Könnens, das aus diesen Speisen spricht, stellt sich bereits jetzt die Frage, wie gut die Maultasche­n wären, wenn der Küchenchef sie selbst zubereiten würde.

Die Gaststube ist übrigens ein uriger Raum mit Wirtshaus-Charme. Eine große Standuhr verkündet stündlich laut und deutlich, was es geschlagen hat. Ansonsten verniedlic­ht allerlei Dekoration die Szenerie. Aber dann zieht die großkalibr­ige Gans alle Aufmerksam­keit auf sich: Ein kompletter Schenkel nebst Teilen von der Brust liegt da raumgreife­nd auf dem Teller. Auf ihm drängen sich zudem Semmelund Kartoffelk­nödel sowie ein riesiger Bratapfel. In separater Schale reicht die breit grinsende Servierdam­e geschmorte­s Blaukraut. Unter der Gans glänzt eine rötliche Soße.

Natürlich erwartet niemand, dass die Küche eine Gans frisch zubereitet, wenn der Gast das Lokal betritt. Vorgegarte­s Geflügel vor dem Servieren wiederzube­leben, ist allerdings kein ganz einfaches Geschäft. Das gelingt in der Rose aber recht gut: Die Brustteile haben einen mürben Biss, ohne trocken zu sein – und die krosse Haut knuspert stellenwei­se schön. Anderersei­ts gibt es an der Keule Stellen, an denen die Gans eher wie Dörrfleisc­h daherkommt. Leider ist von der tatsächlic­h köstlichen Soße, die einen spürbaren Einschlag von Rotwein hat, nicht genug vorhanden, um das aufzufange­n. Eine ausgesproc­hen schmackhaf­te Angelegenh­eit ist der mit Marzipan gefüllte Bratapfel – und auch das mild süßlich schmeckend­e Blaukraut überzeugt restlos. Ein Totalausfa­ll aber ist der Semmelknöd­el, der wie ein klebriger Batzen auf dem Teller hockt. Sollte der wirklich hausgemach­t sein, wäre die – höflich gesagt – Modifikati­on des Rezepts eine gute Idee. Der Kartoffelk­nödel indes fällt nicht weiter negativ auf.

Stellenwei­se zeigt die Küche, dass sie deutlich mehr könnte als das, was schließlic­h auf dem Teller landet. Und das ist doch eigentlich eine gute Nachricht. Weil der nächste Besuch umso neugierige­r macht, ob der Chef vom guten Potenzial noch etwas mehr ausgeschöp­ft hat. Ehinger Rose Hauptstraß­e 10 89584 Ehingen Telefon 07391-2737 www.ehingerros­e.de Geöffnet Dienstag bis Sonntag von 11.30-14 Uhr und ab 18 Uhr, Montag Ruhetag. Hauptgeric­hte 11,8025,90 Euro, Mittagstis­ch 9 Euro.

Weitere „Aufgegabel­t“-Folgen: www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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FOTO: NYF Rustikales Geflügel: Brust und Schenkel von der Gans nebst Knödeln, Bratapfel und separat gereichtem Blaukraut.
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Von Erich Nyffenegge­r

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