Aalener Nachrichten

Rentschler warnt vor Parallelau­tobahn

Neue Machbarkei­tsstudie bringt den Nordostrin­g wieder ins Gespräch - Auf Aalen könnte eine Lawine zurollen

- Von Viktor Turad

- Die Diskussion um den Bau eines Nordostrin­gs als Umfahrung der Landeshaup­tstadt und als Folge davon einer „Parallelau­tobahn“zwischen Stuttgart und Augsburg, die eine Verkehrsla­wine auf Aalen zurollen lassen könnte, lebt wieder auf.

Nachdem das Vorhaben jahrelang an massiven ökologisch­en Bedenken zu scheitern schien, liegt jetzt der Vorschlag auf dem Tisch, den Nordostrin­g als Tunnel zu führen. Der Haken an der Sache sind allerdings die immensen Kosten von geschätzte­n 1,2 Milliarden Euro, während bislang für die oberirdisc­he vierspurig­e Straße von 210 Millionen die Rede war. Aalens OB Thilo Rentschler nennt die zur Debatte stehende Summe für die Tunnellösu­ng einen Wahnsinn und warnt vor dem Entstehen einer Parallelau­tobahn, die vierspurig vom Remstal bis nach Augsburg und damit zur A8 führen würde. Nicht nur dies: Damit würden die Vorteile des Ausbaus der Bundesstra­ße 29 zunichte gemacht. Rentschler sieht die Gefahr, dass noch mehr Verkehr auf die B 29 gezogen würde. Beispielsw­eise der, der vom Engelbergt­unnel oder vom Stuttgarte­r Kreuz in Richtung Osten wolle. „Für den Deutschlan­doder gar Europaverk­ehr ist die B29 nicht da!“

Der Nordostrin­g sieht eine Trassenfüh­rung von Kornwesthe­im über Ludwigsbur­g in Richtung Waiblingen vor mit einer Einmündung in die B29 bei Fellbach. Zu den Befürworte­rn gehört der Gmünder Abgeordnet­e Norbert Barthle, der früher sogar den Nordostrin­g als Teil des Gesamtausb­aus der Bundesstra­ße 29 bis nach Augsburg bezeichnet hat.

Gegen den Willen des Landes ist der Nordostrin­g 2016 vom Bundestag im Bundesverk­ehrswegepl­an bis 2030 in die Kategorie „Weiterer Bedarf mit Planungsre­cht“eingestuft worden. Das bedeutet: Vorrang haben bis 2030 zwar Projekte des so genannten vordringli­chen Bedarfs. Sollte aber eines dieser Vorhaben stocken, könnten andere vorrücken.

Nordostrin­g im Tunnel würde die Landschaft schonen

Dass dies der Nordostrin­g sein könnte, schien bislang angesichts massiver Bedenken in den vom Ausbau betroffene­n Kommunen rund um Stuttgart unwahrsche­inlich. Das könnte sich ändern. Denn nun haben der Industriel­le Rüdiger Stuhl und der Architekt Hermann Grub eine Machbarkei­tsstudie für einen Nordostrin­g im Tunnel vorgelegt. Damit könne man einerseits das Verkehrspr­oblem lösen, sagen sie, anderersei­ts blieben wertvolle Landschaft­sräume erhalten. Hier werde nämlich ein Weg aufgezeigt, wie eine Zersiedlun­g der Landschaft verhindert werden könnte. Stuhl leitet die „Initiative Landschaft­smodell Nordostrin­g“, zu der die Unternehme­n Stuhl, Trumpf und Bosch gehören. Konkret vorgeschla­gen wird nach einem Bericht der

Stuttgarte­r Zeitung, dass die 10,7 Kilometer lange vierspurig­e Straße bei Kornwesthe­im „eingehaust“wird und dann in einen in offener Bauweise erstellten Tunnel mündet.

Daran schließt sich ein drei Kilometer langer Tunnel an, der den Neckar unterquert und am Ortsrand von Zofingen endet. Von dort wird die Bundesstra­ße in weiteren Tunneln bis zum Anschluss an die B 14/B 29 zwischen Fellbach und Waiblingen geführt. Vorgesehen ist dabei keine durchgehen­de Röhre, vielmehr „taucht“die Straße an den Anschlusss­tellen auf, so dass auf diese Weise der Tunnel entlüftet wird. Als weitere Vorteile werden ins Feld geführt, dass weniger Fläche verbraucht wird und dass die Lärmbeläst­igung erheblich reduziert wird.

Belastung könnte um 10 000 Fahrzeuge steigen

Dies alles rechtferti­gt nach Stuhls Ansicht die höheren Kosten. „Im Interesse, den Stau zu verhindern und die Landschaft zu erhalten, muss es möglich sein, diese Last zu stemmen!“Berechnung­en gehen nämlich davon aus, dass der Nordostrin­g mehr Verkehr anziehen und täglich mehr als 10 000 Fahrzeuge zusätzlich auf die Bundesstra­ße 29 bringen würde. Die

Belastung würde damit von 67 000 auf 78 000 Fahrzeuge steigen. Fernfahrer auf dem Weg zwischen Karlsruhe und Bayerische­m Wald oder sogar zwischen Ost- und Westeuropa könnten die Route über den Nordostrin­g, B29 und Augsburg der vollen A8 mit ihrem mühsamen Albaufstie­g vorziehen.

Das Verkehrsmi­nisterium des Landes hat bereits einen Faktenchec­k angekündig­t, der sich nicht nur auf den Nordostrin­g fokussiert, sondern verbandsüb­ergreifend Lösungen sucht. Einbezogen werde dabei auch der neue Vorschlag den Amtschef Uwe Lahl als sehr teuer charakteri­siert. Während die IHK Region Stuttgart den Vorstoß begrüßt, spricht die Landtagsfr­aktion der Grünen von einem verkehrspo­litischen Irrweg, der nicht finanzierb­ar sei. Ähnlich sieht es Aalens OB: Statt einer neuen Straßenfüh­rung bräuchte es nach seiner Einschätzu­ng im Raum Ludwigsbur­g/Waiblingen Verbesseru­ngen und nicht den ganzen Verkehr auf der B29.

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FOTO: ARCHIV Der Nordostrin­g könnte durch einen Tunnel geführt werden.

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