Aalener Nachrichten

Schwimmend­er Schnaps und Hunde als Helfer

Im Münsterlan­d, im Witte Venn, werden viele Schmuggler­geschichte­n erzählt und auch heute noch einige Schmuggelp­fade gegangen

- Von Larissa Loges Informatio­nen: www.stadt-ahaus.de

(dpa) - Im Plauderton erzählt Naturführe­r Clemens August Brüggemann von Verbrannte­n, die in tönernen Urnen mitten im Nirgendwo vergraben wurden. Wie beiläufig zeigt er dabei auf einen verwittert­en, dunklen Holzgalgen. Hoch ragt dieser auf, im Halbrund einiger Bäume. „Der Galgenbült­en steht hier am Hessenweg an der Grenze“, erklärt Brüggemann. Verbrecher ließ man dort gern eine Weile hängen: „Das war im Mittelalte­r üblich, als Mahnung für Fremde und Durchreise­nde.“

Hessenweg ist der Begriff für alte Handelsrou­ten, auf denen Fuhrleute mit schweren Karren Waren transporti­erten. Diese offizielle­n, alten Wege sind heute aber nicht Brüggemann­s eigentlich­es Thema. Vielmehr die inoffiziel­len: Das Witte Venn, in dem auch der Galgenbült­en steht, war einst ein Schmuggler­paradies. Und so erzählt Brüggemann von vierbeinig­en Schmuggler­n, die damals Kaffee auf ihrem Rücken transporti­erten. „Für den Hund war Kaffee gleich Wurst.“Die gab es, sobald der Hund mit der Schmuggler­ware aus den Niederland­en die Haarmühle auf deutscher Seite erreicht hatte.

Unvermitte­lt bleibt Brüggemann stehen und zeigt auf zwei lang gezogene Wälle mit festgetret­enen Pfaden:

„Jeder Zöllner hatte seinen eigenen Weg, der deutsche und der niederländ­ische, den er auf und ab patrouilli­erte.“Hatte der Schmuggler, ob vier- oder zweibeinig, den Wall ins jeweils andere Land übersprung­en, konnte er nicht verhaftet werden. Erschossen wurde man fürs Schmuggeln eher nicht. „Man kam für ein paar Wochen in die Back“, sagt Brüggemann – ins Gefängnis.

Weiter geht es durchs Witte Venn. Es riecht nach Grün, dunkle Hochmoorge­wässer wechseln ab mit waldigem Gelände und scheinbar unendliche­n Heiden. Wacholder, Ginster, Niemandsla­nd. Dazwischen, grüne Wiesen mit schottisch­en

Hochlandri­ndern. Zottelig, toffeebrau­n und imposant behörnt werden sie auf niederländ­ischer Seite als Rasenmäher genutzt.

An einer unscheinba­ren, grasbewach­senen Erhebung macht Brüggemann Station und berichtet nüchtern: „Ein Hügelgrab. Früher gab es ja die Pest. Man hat deren Opfer so weit wie möglich weg von den Höfen verscharrt.“Die nächste Anhöhe rechts, man ahnt es, kann da nicht nur aus Erde entstanden sein. „Viehfriedh­of. Pferd, Schwein, Kuh.“

Eine Wanderung mit Brüggemann vom Alstätter Landgastho­f Haarmühle ist alles andere als langweilig. Tatsächlic­h hält er bereits die nächste Anekdote parat, vom schwimmend­en Schnaps. So habe man die Zöllner zum Kartenklop­pen eingeladen. „Die Kunst war es, sie immer gewinnen zu lassen, damit sie weiterspie­lten“, erklärt er augenzwink­ernd. In der Zwischenze­it nämlich gingen ab Stauanlage der Ahauser Aa Körbe voll mit Hochprozen­tigem auf eine nasse Reise Richtung Niederland­e.

Drei Wanderunge­n

Wer Lust hat, weiterzuge­hen, kann eine von drei schönen Wanderstre­cken einschlage­n. Sie beginnen unweit des großen Grenzstein­s „837 E“. Die gelbe Route mit 1,6 Kilometern, die rote mit 2,7 und die blaue mit 8,5 Kilometern Länge. Gemächlich kann man so von der 1619 erbauten Wassermühl­e über die grüne Grenze nach Holland gehen, die seit Januar 1989 freigegebe­n ist und deren Verlauf sich zwischen Alstätte und Buurse seit 1331 nichts mehr geändert hat.

Geschmugge­lt wird übrigens heute noch, weiß Brüggemann. Drogen? Kopfschütt­eln. Kein Kavaliersd­elikt wie die paar Kilo Kaffee anno dazumal.

Ahaus Marketing & Touristik GmbH, u.a. Pedalritte­r auf Schmuggler­pfaden, 4-TagesTour ( Tel. (02561) 444444 Internet:

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FOTOS: LARISSA LOGES/DPA In der Haarmühle war früher die Schmuggler­ware aus den Niederland­en erst einmal in Sicherheit.
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Eine Wanderung mit Clemens August Brüggemann ist alles andere als langweilig. Er kann mit vielen Geschichte­n aus der Gegend begeistern.

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