Im heißen Wasser der Kälte trotzen
Colorados Thermalorte haben sich zum „Hot Springs Loop“zusammengeschlossen
STEAMBOAT SPRINGS (dpa) Warmduscher planschen gern im Sommer. Im Winter aber sind in den Strawberry Hot Springs in Colorado die beinharten Badegäste meist unter sich.
Bei zweistelligen Minusgraden schälen sie sich aus den Daunenjacken, laufen barfuß über Schneehaufen, straucheln auf der glatten Terrasse, kraxeln über grobe Stufen und tauchen endlich ein in den 40 Grad heißen Pool – die Pudelmütze auf dem Kopf. An vielen Orten in Colorado fließt heißes Thermalwasser aus den Tiefen. Im Winter ist der USBundesstaat ein Traumziel für Skifahrer und Snowboarder – aber auch für Reisende auf der Suche nach ursprünglicher Wellness, die nicht nur Pisten hinabbrettern wollen.
Die Anfahrt zu den StrawberryQuellen ist anspruchsvoll. Schmal, verschneit und ungestreut schlängelt sich das letzte Stück steile Landstraße hinauf zum 2000 Meter hoch gelegenen Strawberry-Naturpark in einem Espenwald. Zwischen kahlen Ästen schweben Nebelschwaden. Am Tickethäuschen, das eigentlich ein verrosteter Lastwagen-Oldie mit kuriosem Holzaufbau ist, flattern tibetanische Gebetsfahnen. Vereiste Treppen winden sich hinunter zu vier in Naturstein gefassten Bassins.
Umziehen kann man sich in einem Mini-Blockhaus mit Kaminofen auf halber Höhe oder in einem Tipi – zugig und ungeheizt, aber gleich neben den blubbernden Natur-Whirlpools.
Direkt aus dem Berg sickert das dampfende Wasser. Hier kurten schon verschnupfte Ute-Indianer.
Rund 150 Heilquellen gluckern rund um den Ort Steamboat Springs, was übersetzt „Dampfschiff-Quellen“heißt – die ersten Siedler wähnten einen schnaufenden Frachter hinter der nächsten Biegung des Yampa Rivers. Tatsächlich kam das Geräusch von einem prustenden Geysir.
1000 Kilometer lange Rundreise
Eine artesische Quelle flutet das Freibad „Old Town Hot Springs“mit 830 Litern Warmwasser pro Minute. Dazu gibt es eine Kletterwand, eine Rutsche und einen Hot Tub, nachts mit Beleuchtung. In den heißen Pools zu entspannen, ist allerdings keine Aktivität für den ganzen Tag. Außer man mag Schwimmhäute oder Schrumpelfinger. Aber wie wäre es mit Thermalquellen-Hopping?
Das dachten sich wohl auch die Fremdenverkehrsvereine von Colorados fünf bekanntesten Thermalorten – Steamboat Springs, Pagosa Springs, Glenwood Springs, Ouray und Salida – und schlossen sich zusammen. Das Ergebnis ist der „Hot Springs Loop“, eine Rundreiseroute von mehr als 1000 Kilometer Länge. Wer die Strecke mit dem Mietwagen abfahren möchte, sollte mindestens eine Woche Zeit dafür einplanen.
Steamboat Springs ist der nördlichste Ort der Route und hat eines der größten Skigebiete Colorados. Glenwood Springs, 180 Kilometer weiter südwestlich, rühmt sich mit seinen „weltgrößten heißen Mineralquellen-Pools“.
Aus Platzmangel im engen Flusstal hatte der Silberbaron Walter Devereux den Colorado River einfach umgeleitet, um hier im Jahr 1888 sein monumentales Resort mit Lodge und Badehaus aus hellrotem Sandstein zu bauen. 123 Meter lang und 30 Meter breit ist das Schwimmbecken, das vier Millionen Liter Quellwasser fasst. Aus Bodenlöchern wallt es empor und kitzelt unter den Sohlen. Ein heiliger Zauber soll auf diesem Gesundbrunnen liegen, glaubten indianische Ureinwohner. In einer ruhigen Winternacht, wenn dicke Flocken durch wabernden Wasserdunst in das historische Riesenfreibad rieseln und lautlos auf der Oberfläche schmelzen, bekommt man eine Vorstellung von der Magie des Ortes.
Schon Goldgräber schwitzten hier
Drei Autostunden weiter führt die Strecke nach Ouray, den dritten Stopp der Reise. Knapp 2400 Meter hoch gelegen und von steilen Bergriesen umringt, gilt das Örtchen auch als „amerikanische Schweiz“. Das städtische Thermalquellen-Freibad – geruchlos, weil schwefelfrei – gibt es seit 1927. Doch schon 50 Jahre früher schwitzten erste Goldgräber in einer unterirdischen Dampfhöhle, die heute vom Minihotel „Wiesbaden Hot Springs Spa“unterhalten wird. Durch Ouray fließt der Uncompahgre River. Selbsternannte „Extrem-Klempner“schaffen in seiner Schlucht seit den 1990er-Jahren mit ausgetüftelten Sprinklern künstliche, gefrorene Wasserfälle für einen großen Eiskletterpark.
Weiter geht es nach Pagosa Springs. Drei Stunden kurvige Fahrt in Richtung Südosten, durch die schroffen San-Juan-Mountains, vorbei an den Skigebieten von Telluride und Purgatory. Die Mother Spring (Mutterquelle) gilt als weltweit tiefste Geothermalquelle und versorgt gleich drei Bäder mit schwefelhaltigem Heilwasser. Mit seinen 23 therapeutischen Minipools am Ufer des San Juan Rivers ist das „The Springs Resort & Spa“heute vielleicht die schickste Anlage in der Runde.
Die Endstation der Rundreise ist Salida im Chaffee County, ein vor 140 Jahren gegründetes Eisenbahnstädtchen mit vielen originalen Backsteingebäuden und viktorianischen Häuschen. „Monarch Mountain“liegt am Weg nach Salida, 3448 Meter hoch auf dem gleichnamigen Gebirgspass. Das kleine Skigebiet mit sieben Liften und ganz ohne Schneekanonen ist eine Rarität: Es gehört keinem Konzern und bestimmt seine günstigen Liftpreise unabhängig. Im Winter kutschiert Musher Caleb Hathaway Urlauber im Hundeschlitten über verschneite Wanderwege. Nach der wilden Fahrt fühlen sich die Quellen im „Mount Princeton Hot Springs Resort“bei Salida doppelt gut an. Seit dem Jahr 1867 gibt es hier ein einfaches Badehaus, heute stehen ein Spa und insgesamt fünf Thermalbecken für Gäste bereit. Die Hauptattraktion ist aber der über das Gelände rauschende Chalk Creek. Im Bachbett brodeln zwei Dutzend heiße Quellen hoch. Über die eisglatte Böschung hinuntergeturnt, kann man mit dicken Flusssteinen seinen eigenen Minipool bauen. Bei Minusgraden in einem Badeanzug glitschige Steine zu stemmen, strengt an – so verschmelzen hier Wellness und Wintersport auf ganz eigene Art und Weise.
Der „Hot Springs Loop“ist eine 1160 Kilometer lange Rundreisestrecke durch den Westen Colorados. Die Route führt zu Thermalorten wie Steamboat Springs und Pagosa Springs.
Weitere Informationen: Colorado Tourism Office, c/o Get It Across Marketing, 50667 Köln, Tel.: 0221/ 4767120; Internet: www.colorado.com/hotspringsloop